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Fasten your seatbelts: Turbulenzen bei Lufthansa

Die Aktie hat sich binnen Jahresfrist fast verdoppelt. Ein Restrukturierungsprogramm l&auml;uft, doch seit einigen Wochen ist nicht nur der B&ouml;rsenkurs in Turbulenzen. Nun flieht der Vorstandsvorsitzende. Was hei&szlig;t das f&uuml;r Aktion&auml;re?<br /><br />Selbst Kenner der Lufthansa gaben sich am vergangenen Wochenende &uuml;berrascht, als sie die Nachricht vom Abgang des Lufthansa-Chefs Christoph Franz erfuhren. Er werde keine zweite Amtszeit an der Spitze der altehrw&uuml;rdigen Airline &uuml;bernehmen und sp&auml;testens am 31. Mai 2014 von Board gehen. Stattdessen wird er im Schweizer Pharmakonzern Roche eine Spitzenposition &uuml;bernehmen.<br />Die Reaktion auf diese unerwartete Meldung l&auml;sst sich am Aktienmarkt nur schwer in positiv oder negativ einteilen, denn die Aktie startete am Montag mit einem Kurs von 14,10 Euro, fiel dann schnell auf unter 13,90 Euro, um danach eine Tagesspitze zu erreichen. Der Wert pendelte sich schlie&szlig;lich auf 14,00 Euro ein. Bei diesem Wert steht das LHA-Wertpapier auch aktuell. Die Reaktion auf die spektakul&auml;re Personalie ist also indifferent.<br />Gegen Ende der Woche lie&szlig; der Konzern &ndash; offenbar gezielt in die Unsicherheit hinein - verlauten, dass er eine Flottenmodernisierung und -erweiterung von historischem Umfang t&auml;tigt. Es ist eine Entscheidung mit demonstrativ positivem Charakter: 59 hochmoderne Langstrecken-Flugzeuge der Typen Boeing 777-9X und Airbus A350-900 werden ab 2016 an die Lufthansa Group mit Sitz in K&ouml;ln geliefert. &bdquo;Diese Investition sichert allein bei Lufthansa rund 13.000 Arbeitspl&auml;tze&ldquo;, erkl&auml;rte der Vorstandsvorsitzende Franz stolz bei einer Pressekonferenz in Frankfurt. Zudem seien die neuen Maschinen wesentlich sparsamer im Verbrauch, man h&auml;tte geringere CO2-Emissionen und weniger L&auml;rm. Passagiere k&ouml;nnten sich dar&uuml;ber hinaus &uuml;ber breitere Kabinen und damit besseren Komfort freuen.<br />Carsten Spohr, Vorstandsvorsitzender der Lufthansa-Passage und Favorit auf den freiwerdenden Chef-Posten der gesamten AG, meint, dass diese Bestellung ausgezeichnete Perspektiven f&uuml;r das Unternehmen sowie f&uuml;r die Lufthansa-Mitarbeiter weltweit schafft.

BÖRSE am Sonntag

 

Der Kranich muss abmagern

Nun stellt sich aber die Frage, woher sich das krisengebeutelte Unternehmen das Geld für diese Investitionen von 14 Milliarden Euro leisten kann. Es handelt sich dabei ja nicht nur um ein paar Dollars für die Weihnachtstombola der New Yorker Lufthansa-Zentrale, sondern immerhin um die größte private Einzel-Investition der deutschen Industriegeschichte.
 Unter dem Decknamen „Score“ verbirgt sich die Antwort. Und damit ein hartes Sparprogramm, das die Airline seit 2012 durchsetzt. Die 1926 gegründete Fluggesellschaft steckt inmitten eines Transformationsprozesses, der durch Score maßgeblich von Christoph Franz vorangebracht wurde. In allen Geschäftsfeldern soll demnach gekürzt werden, um bis 2014 eine nachhaltige Ergebnissteigerung von mindestens 1,5 Milliarden Euro zu erreichen. Investitionen wie die 59 neuen Jets können dadurch realisiert werden. Bisher läuft das Programm nach Plan, doch Gewerkschaften werfen Franz das Scheitern des Sanierungsprogrammes und somit auch seiner Person vor. Sein Nachfolger muss Score nun erfolgreich beenden und sich Gedanken über die Zeit danach machen.
Sehr unerfreulich für Anleger ist die Tatsache, dass der Konzern mit dem Start des Score-Programms 2012 auch die Dividendenausschüttung eingestellt hat. Die Sparmaßnahmen machen eben auch nicht vor den Aktionären halt. Die Krise der Kranich-Linie wird meist mit der seit Jahren steigenden Konkurrenz an Billig-Fluggesellschaften erklärt. Doch das Gründungsmitglied der Star Alliance stellt sich den Herausforderungen der aktuellen Luftfahrt und lässt beispielsweise viele Stammstrecken von der Billigtochter Germanwings abfliegen.
Die überwiegende Zahl an Analysten stuft die Aktie als „Kauf“ ein. So reagiert zum Beispiel die Schweizer Bank Credit Suisse positiv auf die Flugzeugbestellungen. Das Kursziel belassen die Schweizer bei hohen 20,30 Euro. Mit den modernen, effizienteren Flugzeugen könne die Fluggesellschaft ihre Kosten senken und besonders im Langstreckenmarkt punkten, schrieben die Analysten in einer Studie vom Freitag.

Keine Garantie für steigende Reiseflughöhe

Noch ist der Turnaround bei der Kranich-Linie keineswegs gesichert. Noch im ersten Halbjahr 2013 flog die Lufthansa – offiziell „wegen hoher Sanierungskosten“  - in die roten Zahlen. Unter dem Strich stand ein Minus von 204 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor war hier nach angepassten Zahlen ein Plus von 50 Millionen gestanden. Der operative Gewinn schrumpfte nun um 69 Prozent auf 72 Millionen Euro. „Bereinigt um die Umbaukosten und positive Sondereffekte aus dem Vorjahr hat sich das operative Ergebnis allerdings um 233 Millionen Euro verbessert", erklärt Finanzchefin Simone Menne.
Der Umsatz des Lufthansa-Konzerns lag in den ersten sechs Monaten nahezu unverändert bei 14,5 Milliarden Euro. Im Gesamtjahr strebt der Vorstand des 117.000 Mitarbeiter starken Unternehmens weiterhin einen operativen Gewinn über dem Vorjahresniveau von 524 Millionen Euro an. Die Schweizer Tochter Swiss steigerte im ersten Halbjahr das operative Ergebnis auf 63 Millionen Euro. Die Austrian Airlines wies dagegen mit minus 35 Millionen Euro operativ immer noch Verlust aus – wenn auch weniger als im Vorjahr. Im zweiten Quartal gab es bei der AUA operativ den vom Wiener Vorstand erhofften operativen Gewinn. Insgesamt wies die Passage Airline Gruppe des Lufthansa-Konzerns per Ende Juni ein operatives Ergebnis von minus 64 Millionen Euro aus.
Lufthansa gehört mit einer Marktkapitalisierung von über sechs Milliarden Euro zu Deutschlands Top 30 der wertvollsten Marken. Das Unternehmen wies 2012 einen Umsatz von 30 Milliarden Euro vor beschäftigte rund 115.000 Mitarbeiter. Es ist zwar ein Unternehmen der Superlative, hat aber dennoch mit Problemen wie zu hohen Kosten durch steigenden Treibstoffpreise und der Billigflieger-Konkurrenz zu kämpfen. Beim Zuspitzen der Syrienkrise und den darum steigenden Ölpreisen hat die Lufthansa-Aktie sofort gelitten. Das Unternehmen ist stark und anfällig zugleich. Vieles wird nun davon abhängen, dass der neue Chef, den Modernisierungsplan energisch voran treibt, den Billigflugmarkt für den Konzern erobert und vom allgemeinen Wachstum des Flugverkehrs Nutzen ziehen kann.

Fazit

Die blau-gelbe Airline befindet sich in einer schwerwiegenden Transformationsphase. Lufthansa genießt weltweit ein gutes Ansehen, muss aber aufpassen, dass sie sich nicht kaputtsparen. Die jüngsten Investitionen in neue, moderne Flugzeuge sind ein klares Zeichen für Offensive und eine wettbewerbsfähige Airline, die auch in Zukunft Maßstäbe setzen wird. Nichtsdestotrotz dauert es wohl noch gut zwei Jahre, bis die Auswirkungen des Sanierungsprogrammes Score in den Ergebnissen sichtbar werden. Bis dahin müssen Anleger vermutlich auch auf Dividenden verzichten.
Die Lufthansa hat also noch eine turbulente Langstrecke vor sich, bevor sie wieder zum Steigflug ansetzen kann. Doch mit neuem und starkem Piloten an der Spitze und dem Flugplan Score können Aktionäre und Lufthanseaten zuversichtlich sein. WCW