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Google: Werbeeinnahmen top, Motorola ein Flop

Der US-Konzern Google präsentiert sich zum Quartalsende mit glänzenden Zahlen: Dank gut gehender Werbegeschäfte konnte der Suchmaschinenbetreiber ein Plus von 17 Prozent einstreichen. Motorola brachte Verluste, aber Konzernchef Larry Page schaffte es, trotzdem auf der Gewinnerstraße zu bleiben.

BÖRSE am Sonntag

Der US-Konzern Google präsentiert sich zum Quartalsende mit glänzenden Zahlen: Dank gut gehender Werbegeschäfte konnte der Suchmaschinenbetreiber ein Plus von 17 Prozent einstreichen. Motorola brachte Verluste, aber Konzernchef Larry Page schaffte es, trotzdem auf der Gewinnerstraße zu bleiben.

Der US-Internetkonzern Google bleibt eine Geldmaschine. Im Schlussquartal verdiente das Unternehmen aus dem Silicon Valley dank eines florierenden Werbegeschäfts unterm Strich 3,4 Milliarden Dollar, umgerechnet 2,5 Milliarden Euro. Das war ein Plus von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie Google am Donnerstag am Sitz in Mountain View mitteilte. Die Handytochter Motorola blieb währenddessen ein Verlustbringer. Sie verlor operativ 384 Millionen Dollar und damit mehr als doppelt so viel wie noch vor einem Jahr. Google hatte Motorola erst vor zwei Jahren übernommen und verkauft die Sparte nun an den chinesischen PC-Hersteller Lenovo weiter.

Der Umsatz von Motorola war trotz neuer Modelle wie dem Moto X um ein Viertel auf nicht einmal mehr 1,2 Milliarden Dollar gefallen. Dagegen stiegen die konzernweiten Einnahmen insbesondere aus der Internetwerbung kräftig an. Insgesamt lag Googles Umsatz bei 16,9 Milliarden Dollar und damit 17 Prozent über dem Vorjahresquartal. Die Aktie stieg nachbörslich, wohl auch deswegen, weil Larry Page reagierte. Die Folge aus den Motorola-Verlusten überraschte zwar, ist aber völlig logisch: Google verkauft den Smartphonehersteller Motorola Mobility für rund drei Milliarden Dollar an den chinesischen IT-Konzern Lenovo.

Damit endet ein teurer Ausflug in die Smartphonefertigung, wo die Internetfirma nie wirklich hatte Fuß fassen können. So steht Google-Chef Larry Page am Ende doch wieder als Gewinner da. Motorola war 2012 mit 12,5 Milliarden Dollar die bislang größte Akquisition in Mountain View. Lenovo, die bereits die Computerfertigung von IBM übernommen haben, zahlen nun für die frühere Ikone der amerikanischen Handyindustrie 660 Millionen Dollar in bar und übergeben Lenovo-Aktien für 750 Millionen Dollar. Der Rest des Geldes fließt über einen Zeitraum von drei Jahren. Jedenfalls, wenn chinesische und amerikanische Wettbewerbsbehörden mitspielen. Sie müssen den Deal noch genehmigen. Lenovo ist der aggressivste IT-Konzern in den USA. Er hatte 2005 die PC-Sparte von IBM übernommen, kauft jetzt noch die Serversparte von IBM und nun Motorola Mobility.

Die Chinesen bekommen den Markennamen und Lizenzen für Motorola-Patente. Das Patentportfolio an sich bleibt großteils bei Google. Dessen Wert war in früheren Mitteilungen an die Börsenaufsicht mit rund 5,5 Milliarden Dollar angegeben worden, doch bislang konnte keine der massiven Patentklagen gegen Googles Betriebssystem Android damit abgewendet werden.
„Im Smartphonemarkt herrscht ein extremer Wettbewerb“, erklärte Google-Chef Larry Page in einem Eintrag auf dem Firmenblog, „und um Erfolg zu haben hilft es, wenn man mit voller Sache dabei ist.“ Lenovo habe das Wissen und die Erfahrung, um Motorola zu neuer Größe aufzubauen. Damit räumt er indirekt ein, was viele schon lange ahnten: Es war dem Software- und Service-getriebenen Unternehmen einfach nicht gelungen, das schlingernde Schiff Motorola wieder flott zu machen. Als der Kauf abgeschlossen wurde, hieß es noch: „Google und Motorola werden die Innovation im Markt vorantreiben und die Konsumenten werden eine größere Auswahl an besseren Geräten zu günstigen Preisen bekommen.“ Doch das hat nicht funktioniert.

Misserfolge bei Motorola

Page installierte ein eigenes Managementteam, Motorola entwickelte eine komplett neue Produktfamilie und versuchte einen Neustart. Das groß angekündigte Moto-X, in den USA gefertigt, schaffte allerdings nie den Durchbruch. Zudem hat sich der Gesamtmarkt seit 2011 drastisch verändert. Der Wettbewerb durch lokale asiatische Anbieter im Niedrigpreis-Segment ist gewaltig, praktisch alle Anbieter setzen dabei ironischerweise auf Googles freies Betriebssystem Android.

Damit wurde der Markt für das Einsteigergerät Moto-G verbaut. Das Hochpreis-Segment ist fest in der Hand von Apple und Samsung, letzterer ist der größte Hersteller von Android-Smartphones. Die Spannungen zwischen Google und den Koreanern waren immer weiter angestiegen. Der Smartphone-Fertiger Google war eine direkte Konkurrenz. Das komplette Ende der Hardwarefertigung bei Google bedeutet der Schritt nicht, betonte Page. Die Dynamik im Bereich „wearable computing und home“ sei völlig anders als im Smartphonemarkt. Doch die Misserfolge mehren sich. Google TV schafft es nicht, sich durchzusetzen, ein Ausflug in die Audioindustrie missglückte. Das Streaming-Gerät Nexus Q, das Musik und Videos aus dem Internet abspielt, wurde noch vor Markteinführung wieder eingestampft.

Jetzt baut Page auf Produkte wie die Datenbrille Google Glass und Heimvernetzung. Erst vor wenigen Wochen zahlte Page drei Milliarden Dollar für Nest, den Hersteller von online-fähigen Heizungsthermostaten. Daneben gab es in der jüngeren Zeit mehrere Aufkäufe in den Bereichen Robotik und Künstliche Intelligenz. Beim selbstfahrenden Auto, das seit Jahren entwickelt wird, machte Mitgründer Sergey Brin schon klar, dass keine eigenen Fahrzeuge gebaut würden. Kooperationen mit Auto-Herstellern sind das Ziel.

Der finanzielle Aderlass hält sich durch den Verkauf nun etwas in Grenzen. Motorola hatte 2012 rund 1,1 Milliarden Dollar Verlust geschrieben und alleine knapp 650 Millionen in den ersten neun Monaten 2013. Zunächst gelang es dann die Sparte für Set-Top-Boxen für knapp 2,4 Milliarden Dollar zu verkaufen, jetzt den Rest. Was bleibt, sind die Patente und Know-How.

Für Lenovo eröffnet der Notausstieg Googles eine riesige Chance. Der Kauf der PC-Sparte von IBM mit der Marke „Thinkpad“ hatte seinerzeit den Weg in den US-amerikanischen Markt geebnet und nun könnte mit Motorola das gleiche gelingen. Lenovo ist bereits ein gefährlicher Spieler im Smartphone-Markt, der im vergangenen Jahr eine Milliarde Geräte groß war. Nach Zahlen des Branchenbeobachters IDC lag Lenovo mit 45,5 Millionen verkauften Einheiten 2013 weltweit bereits auf dem fünften  Platz hinter Samsung, Apple, LG und Huawai und erzielte mit einem Plus von 91,7 Prozent auch das größte Wachstum. „Mit der Marke Motorola, so wie zuvor mit Thinkpad, Zugang zu einem großen Markt zu bekommen und schnell Masse auszubauen macht viel Sinn“, sagt Forrester-Analyst Frank Gillett.

Am Ende könnte Google sogar noch als Gewinner hervorgehen, wenn durch den Deal die Verbreitung des Betriebssystems Android weiter steigt. Mit Lenovo dürfte bald der drittgrößte Hersteller der Welt von Smartphones ganz auf Android setzen. Dann wäre Apple zwischen Samsung und Lenovo eingekeilt. Dazu kommt ein weitreichendes Patentabkommen zwischen Google und Samsung hinsichtlich Android-Patenten. Die Stimmung scheint sich zu verbessern zwischen Silicon Valley und Korea. Um Samsungs eigenes Betriebssystem Tizen, mit dem der Handyhersteller drohte, sich von Android zu lösen, ist es jedenfalls ganz still geworden. Eigene Smartphone und Tablets vertreibt Google ohnehin auch noch. Die Nexus-Geräte werden allerdings bei asiatischen Auftragsfertigern hergestellt.

Das ist auch der Teil, der den amerikanischen Behörden und Präsident Barack Obama nicht schmecken dürfte. Die zaghafte Rückkehr von Arbeitsplätzen in die USA ist gefährdet, falls Lenovo die Moto-X-Fertigung in den USA einstellen sollte. Dann wäre Microsoft der einzige US-amerikanische Hersteller von Smartphones – sobald die Übernahme von Nokia vollzogen ist. Aber gefertigt wird auch bei Nokia woanders, nicht in den USA. Handelsblatt