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IPO-Kandidat: F(l)ix aufs Parkett?

Das Münchner Mobilitätsunternehmen nimmt Kurs auf die Börse. Warum das Deutschlandticket die Partylaune trübt.

Gehören mittlerweile zum Stadtbild wie Taxis: Quietschgrüne Flixbusse (Bild: Shutterstock).

Das Münchner Mobilitätsunternehmen nimmt Kurs auf die Börse. Warum das Deutschlandticket die Partylaune trübt. 

Wer nach günstigen Zugverbindungen mit der Deutschen Bahn schaut, kann oft lange suchen – insbesondere dann, wenn die Reise spontan ansteht. Kein Wunder also, dass Busreisen-Anbieter Flix seit Jahren mit deutlich günstigeren Preisen Kunden gewinnt. Transportiert werden die Reisenden mit quietschgrünen Fernbussen und seit 2017 auch mit Zügen. Jetzt verdichten sich die Hinweise, dass die Münchner einen IPO vorbereiten.

Das Geschäft läuft gut. Nur ein Jahrzehnt nach seiner Gründung ist Flix in 40 Ländern unterwegs. Das Unternehmen begann 2013 mit der Liberalisierung des Fernbusmarktes in Deutschland, übernahm schon zwei Jahre später Rivalen wie Mein Fernbus, das europäische Geschäft des US-Unternehmens Megabus sowie Postbus. 2019 kaufte Flix das türkische Busunternehmen Kamil Koc, 2021 das größte US-Fernbuslinienunternehmen Greyhound.

Erfahrungsgemäß spricht Flix nicht so gern mit Journalisten. Aber vor wenigen Wochen nannte das Unternehmen erstmals Finanzdaten. Mit einem weltweiten Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro, einem positiven EBITDA und einer Umsatzsteigerung von 185 Prozent im Vergleich zum Vorjahr war 2022 das erfolgreichste Jahr in der Unternehmensgeschichte. Wie gut Flix genau finanziert ist oder welche Investitionen geplant sind, möchte man lieber nicht verraten.   

Laut Flix-Chef und Mitgründer Andre Schwämmlein, dessen erste Worte als Baby nicht Mama oder Papa gewesen sein sollen – sondern Bus, zeigen die Zahlen, dass der Verkehrsanbieter „mehr denn je in einem hochattraktiven Wachstumsmarkt positioniert ist“. Anders als die Deutsche Bahn versteht sich Flix ausschließlich als Technologieanbieter. Eigene Hardware wie Züge und Busse will sich Schwämmlein nicht in die Bilanz holen.

Und jetzt also die Börse. Nach Informationen aus dem Unternehmensumfeld und aus Finanzkreisen wollen die Münchner in den nächsten Wochen einen sogenannten IPO-Berater mandatieren. Wer das werden könnte, ist noch unklar. Er oder sie soll potenzielle Banken auswählen, die einen Börsengang begleiten könnten.

Dazu äußern möchte sich der Verkehrsanbieter nicht. Auf Anfrage teilt das Unternehmen lediglich mit: „Wir prüfen angesichts der erfolgreichen Umsetzung unserer profitablen Wachstumsstrategie und des Weiteren hohen Wachstumspotenzials von Flix fortlaufend verschiedene Finanzierungsoptionen, dazu gehört auch ein potenzieller Börsengang.“ Das Unternehmen sei gut finanziert, habe starke Investoren und es gäbe keinen Zeitdruck.

Gespräche mit Banken und Beratern seien „ein normaler Teil unseres Geschäfts“, heißt es aus München. Klar ist aber auch: Möchte man schnell weiterwachsen, braucht es irgendwann frisches Geld, und das bekommen Unternehmen einer gewissen Größe nun einmal geschmeidig an der Börse. Nur wenige global Player entscheiden sich langfristig gegen den Verkauf von Anteilsscheinen. Offen ist nicht nur, wann ein IPO angestrebt wird, sondern auch, ob eine mögliche Aktienplatzierung in Deutschland oder in den USA stattfinden wird.

Dass Wachstumsunternehmen, die auf schnelle Expansion setzen, mittlerweile mehr brauchen als gute Geschichten, zeigen die Kursentwicklung der Tech-Werte. Jahrelang reichten große Umsätze, Gewinne waren zweitrangig. Mit den erstmals veröffentlichen Finanzdaten möchte Flix auch Eindruck bei zukünften Aktionären machen. Demonstrativ teilt das Unternehmen nämlich mit: „Flix erwartet für 2023 ein Umsatzwachstum von mehr als 20 Prozent und rechnet für 2023 mit einem weiteren Wachstum der Profitabilität.“ Genauere Auskünfte zum Wachstum speziell auch in Deutschland oder zum Geschäftsmodell bleiben sie schuldig.

Eigentlich hat Flix das Momentum auf seiner Seite. Erst kürzlich kritisierte der Bundesrechnungshof die Lage des Branchenprimus Deutsche Bahn. Sie werde ein Sanierungsfall, der das ganze System Eisenbahn gefährde. Doch ausgerechnet der Bund könnte die Wachstumsstory von Flix – ebenfalls unter dem maroden Streckennetz leidend – jetzt ausbremsen: schlicht mit dem Deutschlandticket. Anfang April startet der Vorverkauf des 49-Euro-Tickets – es ist der preislich angehobene Nachfolger des 9-Euro-Tickets, mit dem die Deutschen im vergangenen Sommer so eifrig durchs Land fuhren. Auch weiterhin können Fernzüge wie etwa ICE, EC und IC der Deutschen Bahn oder anderer Anbieter nicht genutzt werden. Und Fernbusse auch nicht.

Flix, die vom anstehenden Reiseboom mitprofitieren wollen, schmeckt das gar nicht. Unternehmenschef André Schwämmlein hat bittere Konsequenzen angedroht, sollte sein Unternehmen nicht doch noch Teil des Deutschlandtickets werden. „Wir müssen voraussichtlich bis zu 20 Prozent des Gesamtangebots in Deutschland streichen“, droht der Gründer in diesen Tagen. Insgesamt würde sich das Fernbusangebot „in 150 deutschen Städten verschlechtern oder es würde ganz wegfallen“.

„Wir wollen nicht nur ein Stück vom Kuchen, wir bringen auch Kuchen mit“, sagt Schwämmlein mit Verweis auf die eigene Marktmacht. Flix-Fernbusse würden das Ticket attraktiver machen und brächten zudem klimapolitischen Mehrwert. Flix steht an einem wichtigen Punkt der Unternehmensgeschichte – wie einst die Deutsche Bahn, an der sich die Münchner besser nicht orientieren. Dort bereitete man zehn Jahre lang den Börsengang vor. Eine Bahn, von der alle Deutschen wussten, wo sie wieder nicht funktionierte, machte den Traum dann selbst zunichte.

Florian Spichalsky

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