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Unternehmen > Kultmarke meldet Insolvenz an

Ausgetuppert

(Foto: picture alliance / Wolfram Steinberg /Wolfram Steinberg)

Tupperware ist pleite. Der kultige Plastikdosen-Hersteller meldete unter der Woche in den USA Insolvenz an. Überraschend kommt das nicht. Ein Großteil der Anleger hatte sich bereits vor zwei Jahren aus der Aktie verabschiedet.

Eintuppern, das gehört hierzulande genauso zum alltäglichen Sprachgebrauch, wie ein Zewa benutzen, ins Tempo schnäuzen oder nach etwas googeln. Tupperware ist in Deutschland, einem der größten Absatzmärkte des US-Konzerns aus Florida, Kult. An den bösen Blick der Mutter, wenn diese verzweifelt nach ihrer Tupperdose suchte, die Sohn oder Tochter im Schulranzen vergessen hatten, Schimmelbeilage inklusive, dürften sich die jüngeren Generationen im Land noch ganz gut erinnern.  

Die Liebe zu den Plastikdosen der Amerikaner begann mit dem Marketing-Geniestreich der Tupperparty, über den es das Unternehmen schaffte einen höchsterfolgreichen Direktvertrieb zu entwickeln und dabei Salatschüsseln und Vesperboxen gleichzeitig noch eine gewisse emotionale Wertigkeit aufzudrängen. Sich mit ein paar Freundinnen und Freunden versammeln, ein Glas Sekt trinken, vielleicht auch zwei oder drei, und ein paar coole Küchen-Gadgets shoppen, so entstand perfekte Markenverbundenheit. In Deutschland stieg die erste dieser Verkaufspartys im Juli 1962.

Über 60 Jahre später wird immer noch fleißig eingetuppert, nur immer öfter ohne Tupperdose. Seit Jahren sinken die Umsätze und Gewinne des Konzerns. Die Popularität der Marke hat sich Stück für Stück aufgelöst. Erst kam die Konkurrenz durch große Einrichtungshäuser wie IKEA, dann der Online-Handel, nun schwemmen Anbieter wie Temu aus Asien den Markt mit Billigprodukten.

Tupperware hat es jahrzehntelang verpasst, darauf zu reagieren. Die einst geniale Vertriebsidee verstaubte, die Preise blieben hoch. Das Ergebnis: Immer mehr Menschen tuppern ihr Obst und Gemüse in günstige Nachahmerprodukte. Wenn die wichtigsten Faktoren, nämlich Umsatz- und Gewinnentwicklung in die verkehrte Richtung drehen, hilft auch kein Kultfaktor mehr. Unter der Woche passierte schließlich, was am Markt die Mehrheit längst erwartete: Tupperware meldete in den USA Insolvenz an. Es könnte sich damit endgültig ausgetuppert haben.

Die an der Börse ohnehin nur noch 1,20 US-Dollar teure Tupper-Aktie, krachte auf die Meldung hin um 57 Prozent auf 47 Cent nach unten. Nach über 90 US-Dollar 2013, befindet sich das Papier damit etwas mehr als zehn Jahre später auf Pennystock-Niveau.

Tupperware Brands-Aktie

Immer wieder steckte der Konsumgüterkonzern in den vergangenen Jahren finanziell in Schwierigkeiten. Während der Corona-Pandemie schien es kurzzeitig, als könnte Tupper unter dem damaligen CEO Miguel Fernandez das Ruder noch einmal herumreißen. Fernandez versuchte den Strategieschwenk, setzte auf digitale Verkäufe, und wurde mit steigenden Verkaufszahlen belohnt. Der neue Ansatz passte perfekt in die Pandemie, in der die Menschen zuhause zum einen nach Beschäftigung suchten, zum anderen wenig Geld in ihrer Freizeit ausgeben konnten und deshalb online shoppten, was das Zeug hielt.

Doch schon kurze Zeit später entpuppte sich der Aufschwung als kurzweiliges Phänomen. 2023 sprach Tupper plötzlich wieder über „ernsthafte Zweifel“ daran, ob das Geschäft noch aufrechterhalten werden könne. Im Oktober des vergangenen Jahres übernahm dann Laurie Ann Goldman den Chefposten – ein letzter Versuch, doch noch einmal die Kehrtwende zu schaffen.

Er scheiterte offenkundig. Stattdessen liegen nun Unterlagen bei Gericht, in den Tupperware sein Vermögen auf 500 Millionen, bis eine Milliarde US-Dollar schätzt, seine Verbindlichkeiten gleichzeitig auf eine bis zehn Milliarden. Die Anzahl der Gläubiger liegt irgendwo zwischen 50.000 und 100.000.

Durch die Insolvenz-Anmeldung ist Tupperware nun gemäß Kapital 11 des US-Insolvenzrechts vor den Gläubiger-Forderungen geschützt, plant derweil weiterzuarbeiten wie gehabt und gleichzeitig einen Verkauf. So könnte zumindest die Marke fortbestehen.

Die Tupperdosen in deutschen Haushalten dürften derweil an immateriellem Wert hinzugewinnen. Jetzt eine zu verlieren, könnte handfeste Streits zwischen Mutter und Kind auslösen. Was, wenn es die letzte war?

Was sich derweil für Anleger aus der Tupper-Insolvenz lernen lässt? Frühzeitig auszusteigen, wenn es einem Unternehmen nicht gut geht. Ab dem Jahr 2017 ging es für die Tupper-Aktie rasant abwärts, die Probleme des Konzerns waren bekannt. Wer an den Papieren festhielt, hätte schon vor Monaten fast sein ganzes Investment verloren, nun ist es so gut wie gar nichts mehr wert. Die Aktie wurde Anfang der Woche sogar vom Handel ausgesetzt. Niemand schafft stets den perfekte Ausstiegszeitpunkt bei einer Aktie, aber wenn Umsatz und Gewinn beginnen nachhaltig zu sinken, sollten Anleger die Reißleine ziehen. Es lässt sich ja auch später wieder einsteigen, sollte alles nur halb so wild gewesen sein.

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