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Lufthansa kassiert Gewinnprognose, Aktie trudelt

Die Kranich-Linie senkt ihre Prognosen, die Aktie geht schlagartig um sechs Prozent in den Keller. Doch die größte deutsche Airline wird nicht die einzige Fluggesellschaft bleiben, die in diesen Krisenzeiten ihre Ziele drosseln muss. Ein Kommentar von Jens Koenen, Handelsblatt.

BÖRSE am Sonntag

Die Kranich-Linie steckt in einem ihren größten Umbrüche seit der Gründung im Jahre 1926. Doch die größte deutsche Airline wird nicht die einzige Fluggesellschaft bleiben, die in diesen Krisenzeiten ihre Ziele drosseln muss. Ein Kommentar von Jens Koenen, zuerst erschienen im Handelsblatt.

Unvermittelt hat die Deutsche Lufthansa am Mittwochabend ihre Ergebnisprognose für das gesamte Jahr kassiert. Das Betriebsergebnis wird 2016 unter den 1,8 Milliarden Euro aus dem Vorjahr liegen, teilte das Unternehmen mit. Unerwartet ist dieser Schritt deshalb aber nicht. Seit längerem schon zeichnete sich ab, dass die Erwartungen vieler Analysten und Investoren zu hoch waren. Wahrscheinlich ließen sie sich blenden vom erfolgreichen Jahr 2015, das geprägt war von massiv fallenden Ölpreisen und einer starken Nachfrage.

Doch seitdem hat sich die Luftfahrtwelt radikal verändert. Zum einen ist der Ölpreis wieder gestiegen. Auch wenn es seit Juni wieder leicht bergab ging, das Fass kostet mit fast 50 Dollar deutlich mehr als noch Anfang Januar. Viel schwerer wiegen allerdings die politischen Unsicherheiten auf der Welt. Fluggesellschaften treffen Krisen – seien es nun politische Unruhen oder sich verbreitende Krankheiten – traditionell hart. Die Kunden stellen als erstes ihre Reisetätigkeiten ein oder zumindest um. Insofern ist die aktuelle Situation für Lufthansa und Co nicht neu.

Neu ist hingegen die Dimension. In der Vergangenheit war es eine Krise, die das Geschäft beeinträchtigte. War sie halbwegs überstanden, erholten sich Nachfrage und in Folge dessen auch der Aktienkurs der Fluggesellschaften mindestens so schnell, wie sie eingebrochen waren. Heute sind es viele einzelne Krisenherde: die Angst vor Terror etwa in Frankreich und Belgien und zunehmend auch in Deutschland, die sich massiv abriegelnde Türkei, der Brexit auf den britischen Inseln, dazu die politischen Unwägbarkeiten eines potentiellen amerikanischen Präsidenten mit dem Namen Donald Trump.

Das alles schürt eine Verunsicherung, die sie so groß und breit ist, wie bei keiner anderen Krise zuvor. Mehr noch: Es ist kein Ende in Sicht, damit fehlt die Aussicht auf Erholung. Die latent wachsenden Sorgen und die zunehmende Skepsis lassen sich gut an den etwas längerfristigen Aktienkursentwicklung der Airlines ablesen. Ob Lufthansa, IAG (British Airways und Iberia) oder Air France-KLM, alle diese Aktien haben seit Jahresbeginn 20 Prozent und mehr an Wert eingebüßt.

Die Lufthansa hat mit ihrer Anpassung der Prognose vorgebaut. Es sollte keinen mehr überraschen, wenn ähnliche Nachrichten schon bald auch von Wettbewerbern zu hören sein werden.

Jens Koenen ist Leiter des Büro Frankfurt beim Handelsblatt.