Maia 100: Noch mehr Macht für Microsoft
Der Tech-Konzern hat die hohen Preise für KI-Chips satt und fertigt essenzielle Halbleiter nun selbst. Ein Frontalangriff auf Nvidia, der Microsoft bei einem Erfolg in neue Marktmacht-Dimensionen vorstoßen lassen könnte.
Der Tech-Konzern hat die hohen Preise für KI-Chips satt und fertigt essenzielle Halbleiter nun selbst. Ein Frontalangriff auf Nvidia, der Microsoft bei einem Erfolg in neue Marktmacht-Dimensionen vorstoßen lassen könnte.
Microsoft hat jetzt einen eigenen KI-Chip. Maia 100 wurde über mehrere Jahre hinweg streng geheim entworfen und entwickelt. Nun soll der Halbleiter ab dem kommenden Jahr für Microsofts KI-Anwendungen genutzt werden und diese effizienter machen. Das gab der Konzern aus Redmond auf der jährlich stattfindenden Entwicklerkonferenz Ignite bekannt. Gleichzeitig soll auch der Cobalt 100 eingeführt werden, ein weiterer von Microsoft selbst entwickelter Chip, der KI-unabhängig für Aufgaben in Rechenzentren bestimmt ist.
Die Ankündigung kommt nicht aus dem Nichts, aber in ihrer Frühzeitigkeit doch überraschend und mit Macht. Ähnlich wie bei ChatGPT scheinen die Microsoft-Chips nun auf einmal da und einsatzbereit, obwohl der Konzern später mit der Entwicklung begonnen hatte als die Konkurrenz um Alphabet, Amazon oder Apple, die bereits eigene Chips einsetzen. Damit zeigt CEO Satya Nadella der Tech-Konkurrenz mal wieder, dass es fahrlässig wäre Microsoft in bestimmen Tech-Bereichen abzuschreiben. In Sachen Cloud lag auch einst Amazon mit AWS vorn und tut das noch immer, doch Microsoft hat mit Azure aufgeholt und ist dem Online-Riesen dicht auf den Fersen.
Microsoft verfolgt mit der eigenen Chipentwicklung ähnliche Ziele wie die Konkurrenz: mehr Unabhängigkeit vom Halbeiter-Markt und mehr Passgenauigkeit bezüglich der eigenen unternehmensspezifischen Anforderungen.
Besonders das Angebot an leistungsfähigen KI-Chips ist nach wie vor derart knapp und wird auf höchstem Niveau quasi ausschließlich von Nvidia bereitgestellt, sodass Nachfrager wie Microsoft hohe Summen dafür ausgeben müssen. Geld, das CEO Satya Nadella längerfristig wohl gern einsparen würde. Überhaupt dürfte Nadella die Abhängigkeit in dieser KI-Schlüsseltechnologie von einem Konzern ein Dorn im Auge sein. Schließlich bedeutet das auch einen Verlust an Souveränität für Microsoft, während Nvidia auf einmal vom Grafikkartenhersteller in die Riege der wertvollsten Tech-Konzerne der Welt aufgestiegen ist. Ohne die Chips des Konzerns aus dem Silicon Valley geht nichts an der KI-Front.
Hinzu kommt die Knappheit an sich, die den Konzern darin blockiert, seine ehrgeizigen KI-Ziele umzusetzen. Zu Beginn des laufenden Jahres kombinierte Microsoft das Sprachmodell GPT4 mit seiner Suchmaschine Bing, gleichzeitig sollten KI-Assistenten und KI-Anwendungen für Microsoft 365 entstehen. Aufgrund zu geringer Rechenkapazitäten mussten die Projekte jedoch immer wieder ruhen. Dabei ist Schnelligkeit gerade das Gebot der Stunde in der Branche. Big Tech kämpft um die Vormachtstellung im Bereich KI. Und durch den Erfolg von ChatGPT, den Microsoft über Anteile an und Milliardeninvestitionen in OpenAI maßgeblich möglich gemacht hat, liegt der einst von Bill Gates gegründet Softwareriese vorn.
Angaben der US-Beratung Next Move Strategy nach dürfe der Markt rundum KI-Anwendungen von aktuell 142 Milliarden auf 1,9 Billionen US-Dollar 2030 steigen. Dies würde gewaltige Mengen an Rechenleistung und Serverkapazität nach sich ziehen. Mit der milliardenschweren Investition in den Aufbau einer eigenen Chipentwicklung stellt Microsoft die Weichen, dieser Nachfrage gerecht zu werden. Der Konzern arbeitet bereits an Nachfolge-Versionen der beiden nun vorgestellten Chips.
Inwieweit Maia und Cobalt 100 zu einem Erfolg werden, muss sich noch zeigen. Noch führt kein Weg an Nvidia vorbei, was Microsofts Ankündigung den neuen Nvidia-Chip H200 in seine Azure Cloud einbauen zu wollen, beweist. Doch allein die Entwicklung der beiden Chips zeigt, wozu Microsoft fähig ist. Der Konzern hat schier unendliche finanzielle Möglichkeiten und ist daher als einer von ganz wenigen Konzernen überhaupt in der Lage eine eigene Chipentwicklung aufzubauen. Der Schritt darf durchaus als Frontalangriff auf Nvidia und weitere groß Halbleiter-Hersteller wie AMD gesehen werden. Microsoft erschafft sich zunehmend sein eigenes, großes Tech-Ökosystem und damit einen immer größer werdenden Burggraben gegenüber Wettbewerbern.
Das treibt auch die Aktie an. Trotz einem KGV von 38 – und das auf dem hohen Gewinnniveau, das Microsoft bereits erreicht hat – steigt der Kurs immer weiter. Mit 376 US-Dollar haben die Papiere unter der Woche ein neues Rekordniveau erreicht. Auf Jahresssicht steht ein Kursplus von 55 Prozent zu Buche. Die jüngsten Zahlen zum vierten Quartal übertrafen in allen Sparten die Analystenerwartungen. Insgesamt stieg der Umsatz von Microsoft um 13 Prozent auf 56,5 Milliarden US-Dollar, der Gewinn um 27 Prozent auf 22 Milliarden US-Dollar. Acht von acht Analysten, die sich in den vergangenen drei Monaten zur Aktie geäußert haben, empfehlen die Titel zum Kauf. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei rund 404 US-Dollar.
OG
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