Nintendo-Aktie verdoppelt ihren Wert dank Pokémon-Go
Auf der ganzen Welt jagen Menschen wieder den Pokémon Pikachu und seine Kollegen – und die Anleger jagen die Aktie von Hersteller Nintendo. Seit dem Start des neuen Spiels „Pokémon-Go“ vergangenen Mittwoch konnte das Papier um rund 80 Prozent an Wert zulegen. Innerhalb der letzten vier Wochen hat sich ihr Wert glatt verdoppelt. Die riskante Strategie vom neuen Firmenchef Tatsumi Kimishima scheint damit bis jetzt voll aufzugehen.
Auf der ganzen Welt jagen Menschen wieder Pokémon – und die Anleger die Aktie von Hersteller Nintendo. Seit dem Start des neuen Spiels „Pokémon Go“ vergangenen Mittwoch konnte die Aktie um rund 80 Prozent an Wert zulegen. Innerhalb der letzten vier Wochen hat sich ihr Wert glatt verdoppelt.
Die riskante Strategie vom neuen Firmenchef Tatsumi Kimishima scheint damit bis jetzt voll aufzugehen. Von 13.800 Yen am 24. Juni ist die Nintendo-Aktie aktuell 27.800 Yen gestiegen. Das ist eine glatte Verdopplung, die ihr Gegenstück im übrigen auch an den europäischen Börsen hat.
Volle Internetforen, Twittertrends und Städte voller Menschen, die mit dem Smartphone in der Hand hektisch durch Parks laufen: Auch 20 Jahre nach ihrer Erfindung haben die Pokémon offenbar nichts von ihrer Faszination verloren. Seitdem die neue Spielerfindung Pokémon Go vergangenen Mittwoch in den USA, Neuseeland und Australien auf den Markt gekommen ist, reißen sich die Fans der kleinen Monster um die Smartphone App. Binnen kürzester Zeit war die App auf Platz 1 sowohl der meistgeladenen als auch umsatzstärksten Apps auf Itunes. Nach nur zwei Tagen war die App auf jedem 20. Android Handy in den USA installiert. Seit dieser Nacht ist die App auch in Europa zu downloaden. Der offizielle Start in Europa hatte sich von Sonntag auf heute verschoben, da die Entwickler nicht mit einem derartigen Ansturm gerechnet hatten und die Server nicht überlasten wollten.
Das Spiel selbst ist eines der ersten, das die Technik der sogenannten "augmented reality" (erweiterte Realität) verwendet. Das bedeutet, dass sich die Pokémon mittels Handykamera direkt in die reale Welt integrieren. Während die Hobby-Pokétrainer also über reale Straßen und Plätze laufen, bindet die App mittels GPS-Ortung auf dem Smartphone die Umgebung in das Spiel ein. Wird ein Pokémon gefunden, und das kann überall passieren, besteht die Aufgabe darin, das Tierchen mittels eines Pokéballs einzufangen. Auf dem Bildschirm hüpft das Pokémon dann beispielsweise in einem öffentlichen Café auf und ab, während der Spieler mittels Wischens über den Bildschirm das Tierchen in die eigene Sammlung aufnehmen kann. Entwickelt hat Nintendo das Spiel zusammen mit der ehemaligen Google-Tochter Niantic.
Aktienkurs steigt um 60 Prozent
Diese neue Spielidee sorgte allerdings auch schon für geradezu groteske Nebeneffekte. So sollen Pokémonjäger schon in Polizeistationen und auf dem Soldatenfriedhof in Arlington für Ärger gesorgt haben, weil sie mit ihren Smartphones blind herumgelaufen seien. Außerdem soll ein Spieler schon in einen Graben gefallen und sich dabei den Fuß gebrochen haben, eine andere fand auf der Suche nach einem Pokémon offenbar eine Wasserleiche. Doch alle diese Geschichten tun dem Hype um das Spiel keinen Abbruch – ganz im Gegenteil. Medien weltweit berichten über das Phänomen, der Begriff Pokémon Go wurde laut Google Trends in den vergangenen Tagen sogar häufiger gesucht als Pornos.
Keine Überraschung also, dass auch die Anleger sich von dem Pokémon-Fieber haben anstecken lassen. In den vergangenen fünf Handelstagen einschließlich Dienstag kletterte der Aktienkurs von Nintendo zwischenzeitlich um fast 60 Prozent. Der Handel in Tokio wurde sogar vorübergehend ausgesetzt. Damit ist der Wert des Unternehmens innerhalb von einer Woche um zehn Milliarden Euro auf 28 Milliarden Euro gestiegen. Erst an diesem Morgen erhielt die Aktie einen kleinen Dämpfer, als Investoren ihre Gewinne abschöpften. Nichtsdestotrotz ist Nintendo damit der Einstieg in das Smartphonegeschäft auf beeindruckende Weise geglückt. Lange Zeit hatte sich das Unternehmen geweigert ein Spiel für das Smartphone rauszubringen, da es Konkurrenz für die hauseigenen Konsolen Wii U und der mobilen 3DS befürchtete.
Nintendo will nachlegen
Doch die Absatzzahlen der Konsolen sinken ohnehin, da sich der Markt immer weiter auf die Smartphones verlagert hat. Erst Anfang des Jahres hatte es einen deutlichen Kurseinbruch der Aktie gegeben, als sich Anleger aufgrund der fehlenden Smartphone-Strategie vom Papier des Traditionsunternehmens verabschiedet hatten. Der neue Chef Kimishima, der er erst vor Kurzem die Leitung vom 2015 an Krebs verstorbenen Spieleentwickler Satoru Iwata übernommen hatte, entschied sich daher mit einem Bruch der Tradition. Mit Erfolg, wie sich jetzt zeigt. Zwar sind die Kurse von Nintendo immer noch weit von ihrem Allzeithoch 2007 entfernt, als die Konsole Wii ihre Blütezeit hatte, doch mit Pokémon Go scheint nun die Trendwende geschafft. Der Analyst Eiji Maeda betont zudem, dass der Erfolg die Glaubwürdigkeit der neuen Geschäftspolitik untermauere.
Die größte Herausforderung für Nintendo wird nun allerdings sein, mit dem neuen Modell auch Geld zu verdienen. Bisher nahm Nintendo etwa 60 Euro pro Spiel ein, die Pokémon Go-App ist hingegen kostenlos. Finanzieren muss sich das Modell daher durch sogenannte In-App-Verkäufe, für die man beispielsweise zusätzliche Items bekommt. Schätzungen zufolge sollen derzeit allein mit den amerikanischen IOS Kunden 1,6 Millionen Dollar pro Tag eingenommen werden. Allerdings ist unklar, wie viel Nintendo tatsächlich von diesem Ertrag bekommt. Wie eine Analystin von Morgan Stanley gegenüber die Wirtschaftszeitung Nikkei sagte, müsste Nintendo monatlich zwischen 130 und 173 Millionen Euro einnehmen, damit sich die Einnahmen aus dem Spiel positiv auf die Bilanz auswirken würden. Firmenchef Kimishima scheint allerdings zuversichtlich, sein Unternehmen kündigte für das laufende Jahr einen Gewinnsprung von 37 Prozent an. Noch im Juli will Nintendo außerdem unter dem Namen „Pokémon Go Plus“ eine rot-weiße Uhr für das Handgelenk auf den Markt bringen, die anfängt zu surren sobald sich ein Spieler einem Pokémon nähert. Robin Schenkewitz