Nordsee: Fisch und mehr seit über 100 Jahren
Die Nordsee-Restaurants gehören zum Erscheinungsbild der deutschen Innenstädte wie C&A und Tchibo. Überall begegnet der Besucher dem einprägsamen blauen Schriftzug mit dem roten Fischsymbol. Egal, ob ein Fischbrötchen für den schnellen Hunger zwischendurch, ein Fischmenü zum Mittagessen oder aber Zutaten für das Essen daheim – in den 430 Filialen von Nordsee wird jeder fündig. Kein Wunder also, dass „zur Nordsee gehen“ für viele Deutsche zum Synonym für „Fisch essen“ geworden ist.

Dabei heben sich die Nordsee-Geschäfte wohltuend von den sonstigen Schnellimbissketten ab. Selbst die klassischen Snacks wie Fish & Chips, das Backfischbrötchen oder die Garnelen werden frisch zubereitet und erinnern nicht an das übliche Fast Food aus der Systemgastronomie. Das gilt erst recht für die Menüs. Hier setzt Nordsee auf ein breites Angebot und saisonale Spezialitäten. Sogar Sushi wird mittlerweile in verschiedenen Kombinationen angeboten. Daneben gibt es eine reichhaltige Auswahl an Muscheln und anderen Meerestieren.
Einen neuen Weg hat Nordsee mit den Strandcafés beschritten. Neben den Restaurants werden in einem abgetrennten Bereich Kaffee, Frühstück und Kuchen angeboten. Auch hier setzt das Unternehmen auf frische Zutaten und verwendet keine Tiefkühlbackwaren. Mit plüschiger Kaffeehausgemütlichkeit haben die Strandcafés freilich wenig gemeinsam. Die in hellen Farben gehalten Räume wecken mit ihren sandfarbenen Stühlen und Bastkörben Erinnerungen an Sonne und Meer. Sogar die Vasen auf den Tischen sind daher mit Sand, Muscheln und Schilf gefüllt. Das Nordsee-Management ist von dem neuen Konzept so überzeugt, dass es mittlerweile sogar in der Hauptstadt des Kaffeehauses, in Wien, ein Strandcafé eröffnet hat.
So modern die Filialen auch daher kommen, blickt Nordsee doch auf eine lange Geschichte zurück. Bereits 1896 gründeten Bremer Reeder und Kaufleute die „Deutsche Dampfschiff-Fischerei-Gesellschaft Nordsee“. Die geschäftstüchtigen Gründer, die mit zunächst sieben Schiffen in See stachen, hatten neben dem Fischfang von Beginn an auch die Weitervermarktung im Sinn und gründeten daher noch im selben Jahr eine Verkaufsstelle in Bremen. Die Idee war so erfolgreich, dass die Flotte bereits im folgenden Jahr auf 16 Schiffe anschwoll und ein eigener Hafen in Betrieb genommen wurde. Zehn Jahre später zählte das Unternehmen dann bereits 46 Schiffe. Das rasante Wachstum wurde erst durch den 1. Weltkrieg empfindlich gestört: Das Unternehmen musste einen Teil der Dampfer an die Marine abgeben, von denen viele im Verlauf des Krieges verloren gingen.
Doch nach dem Krieg schwenkten die Norddeutschen wieder auf Wachstumskurs. Durch eine ganze Reihe von Unternehmensfusionen lief ab 1930 die Hälfte der gesamten deutschen Fischereifahrzeuge unter der Fahne der Bremer. Auch zu Lande ging es zügig voran. 1932 betrieb Nordsee schon 160 Filialen in Deutschland und Österreich. Das rasante Wachstum setzte sich auch nach dem 2. Weltkrieg fort. 1955 kam Nordsee schon auf 250 Geschäfte allein in der Bundesrepublik und beschäftigte 8.000 Menschen.
Nicht ganz so beständig entwickelten sich die Eigentumsverhältnisse. Nachdem die Deutsche Unilever 1982 durch den Zukauf von Anteilen zum Hauptgesellschafter von Nordsee aufgestiegen war, verkaufte sie 1996 alle Geschäftsanteile an die Londoner Investment-Gesellschaft Apax Partners, die 2005 ihrerseits wieder an Kamps Food Retail und die japanische Bank Nomura veräußerte. Seit Ende 2006 gehört Nordsee nun International Food Retail Capital. Hinter der Beteiligungsgesellschaft stehen unter anderem die Unternehmer Heiner Kamps und Theo Müller, die durch ihre Bäckereien bzw. Molkereien bekannt geworden sind. Trotz der Turbulenzen gehört die Nordsee GmbH weiterhin zu den wichtigsten Gastronomie- und Einzelhandelsketten. Im vergangenen Jahr erwirtschafteten 6.000 Beschäftigte einen Umsatz von 359 Mio. Euro.