Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Unternehmen >

Ojemine, RWE!

Eigentlich startete der krisengeschüttelte Energieriese RWE vielversprechend ins neue Jahr. Doch nun trüben eine radikale Dividendenentscheidung und abermals schlechte Aussichten fürs Gesamtjahr die Gemütslage. Die Essener kommen einfach nicht raus aus der Negativspirale. RWE und das Wort Krise scheinen mittlerweile so zusammenzugehören wie das Ruhrgebiet und die dort zuweilen etwas grobschlächtige Freundlichkeit.

BÖRSE am Sonntag

Eigentlich startete der krisengeschüttelte Energieriese RWE vielversprechend ins neue Jahr. Die Stimmung unter den Anlegern war endlich wieder besser, die Idee der Unternehmensaufspaltung fand ringsherum Anklang. Doch nun trüben eine radikale Dividendenentscheidung und abermals schlechte Aussichten fürs Gesamtjahr die Gemütslage. Die Essener kommen einfach nicht raus aus der Negativspirale. RWE und das Wort Krise scheinen mittlerweile so zusammenzugehören wie das Ruhrgebiet und die dort zuweilen etwas grobschlächtige Freundlichkeit.

Dass es bei dem inzwischen über Jahre hinweg arg gebeutelten Energieriesen RWE schon bald ans Eingemachte gehen könnte, pfiffen die Spatzen ohnehin schon seit geraumer Zeit von den Essener Dächern. Die Wucht, mit der das Sparprogramm nun aber verschärft werden soll, dürfte selbst absolute Insider durchaus überraschen. Nachdem RWE vergangenes Jahr noch Dividendenzahlungen im Ausmaß von einem Euro je Aktie an seine Anteilseigner ausschüttete, schauen die Aktionäre heuer völlig verdutzt in die Röhre. Für Stammaktionäre- diese bilden die überwältigende Mehrheit der RWE-Aktionäre- soll es gar nichts geben, während die wenigen Vorzugsaktionäre mit 13 Cent je Anteilsschein auch nicht gerade fürstlich entlohnt werden.  „Der Markt hat bereits eine Dividendenkürzung erwartet, aber keine Nullrunde“, erklärt Thomas Deser von der Fondsgesellschaft Union Investment.

Mitte April sollen die Pläne bei der Hauptversammlung abgesegnet werden. Besonders die nordrhein-westfälischen Kommunen, die circa 25 Prozent der RWE-Anteile halten, schlagen Alarm. Alleine der Stadt Essen entgehen durch das Dividenden-Aus happige 18 Millionen Euro, Dortmund fehlen sogar 20 Millionen Euro in der Kasse, bei weiteren Städten im Ruhrgebiet sieht es kaum besser aus. Auch die Börse nahm diese Meldung mit Empörung auf- die sowieso schon krisengeschüttelte Aktie verlor an einem Tag zeitweise über 13 Prozent.

Laut RWE-Chef Peter Terium, in dessen Amtszeit sich der Aktienkurs des einstigen „Witwen- und Waisenpapiers" RWE mehr als halbiert hat, sei dem Konzern der Schritt zur Dividendenentscheidung nicht leichtgefallen.  „Sie ist jedoch notwendig, um unser Unternehmen zu stärken", versichert der Niederländer. Neben den Aktionären müssen besonders die Arbeitnehmer für die Misere des mit 16 Millionen Strom- und sieben Millionen Gaskunden größten deutschen Energiekonzerns bluten. Obwohl die Essener bereits Tausende Stellen abgebaut haben und nur noch 59.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen, dürften weitere Arbeitsplätze auf der Kippe stehen, um die angekündigte Aufstockung des Sparprogramms von zwei Milliarden auf 2,5 Milliarden Euro realisieren zu können. Diese Verschärfung scheint in der augenblicklichen Situation alternativlos zu sein.

Drastisch verschlechterte Zahlen

Alleine im vergangenen Jahr musste das Unternehmen einen dramatischen Verlust von 200 Millionen Euro schlucken, der vor allem wegen Abschreibungen auf Kohle- und Gaskraftwerke zustande kam. Diese desaströse Summe stellt einen abermals traurigen Höhepunkt in der RWE-Abwärtsspirale der vergangenen Monate und Jahre dar. Auch im laufenden Jahr wird sich der permanente Druck, unter dem der Energieriese seit dem kostspieligen Atomausstieg steht, kaum verringern. Auch der Preisverfall beim Strom dürfte sich weiter negativ bemerkbar machen. Und so rechnet RWE für 2016 mit einem Rückgang des Betriebsergebnisses auf 2,8 bis 3,1 Milliarden Euro. Erst vergangenes Jahr verschlechterte es sich von vier Milliarden auf 3,8 Milliarden Euro.

Derlei Nachrichten komme gerade zum absolut falschen Zeitpunkt. Schließlich entwickelte sich das RWE-Papier in den ersten Wochen dieses Jahres entgegen den Trend erstaunlich gut. Doch angesichts der jüngsten Nachrichten dürfte das zarte aus dem Boden sprießende RWE-Pflänzchen im Nu wieder abgemäht sein. Zuvor hatte die geplante Aufspaltung des Essener Konzerns bei Anlegern für Phantasien gesorgt. Noch dieses Jahr sollen Teile einer neuen Tochter, die das Geschäft mit erneuerbaren Energie sowie das Netz-und Vertriebsgeschäft umfasst, an die Börse gebracht werden. Im Mutterkonzern verharrt das Geschäft mit Öl, Gas und Atomkraftwerken. Laut eines Berichts der Rheinischen Post soll der bisherige Chef des Gesamtkonzerns, Terium, künftig an vorderster Front die Geschicke der neuen Gesellschaft leiten, während die RWE AG mit den restlichen Konzernteilen in die Hände von dem bisherigen RWE-Vize Rolf Martin Schmitz gegeben werden soll. Letzterem wird ein besonders guter Draht zur Politik nachgesagt, was ihm angesichts der ausstehenden Abwicklungen der Atomkraft- und Braunkohle-Aktivitäten sicherlich zugutekommen dürfte.

Bernhard Günther, aktuell Finanzvorstand des Energiekonzerns, soll in Zukunft die Finanzen der neuen Gesellschaft, die etwa zwei Drittel der knapp 60.000 RWE-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter umfassen soll, managen. Als Vorstand für das Netzgeschäft ist die langjährige Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie-und Wasserwirtschaft, Hildegard Müller, im Gespräch. Personalvorstand Uwe Tigges soll in einer Doppelfunktion die Verantwortung für das Personal in beiden Gesellschaften übernehmen. Auf sie alle wartet eine große Herausforderung.