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Infineon: Prognose runter, Aktie rauf

(Foto: Remus Rigo / Shutterstock)

Infineon rechnet im laufenden Jahr mit weniger Gewinn. Der Aktienkurs springt daraufhin zweistellig nach oben. Anleger überzeugt etwas anderes.

Es ist bereits die zweite Prognosesenkung im laufenden Jahr. Im Rahmen der Zahlenvorlage zum zweiten Geschäftsquartal, kappte Infineon-Chef Jochen Hanebeck erneut die Jahresziele des bis vor kurzem noch erfolgsverwöhnten Chipherstellers. In dem noch bis Ende September laufenden Geschäftsjahr 2023/24 glaubt Hanebeck nur noch an einen Umsatz irgendwo zwischen 14,7 und 15,5 Milliarden Euro. Das wären in der Mitte der Spanne 900 Millionen Euro weniger, als im Zuge der ersten Gewinnwarnung, im Februar, erwartet. Die Segmentergebnismarge soll nur noch bei rund 20 Prozent liegen, nicht mehr im niedrigen bis mittleren 20 Prozent-Bereich.

Infineon also schwächelt, was besonders an einem immer schlechter laufenden Automotive-Geschäft liegt. In etwa die Hälfte der Prognosekürzung hat ihren Ursprung in den Problemen dieser einen Sparte. Für Infineon ein Kernbereich, in dem aufgrund der Mobilitätswende bislang viel Wachstumsfantasie steckte. Nun aber spürt der Münchner Halbleiter-Hersteller die Flaute bei E-Autos in Europa und die offensichtlich nicht nach Plan laufende E-Offensive deutscher Autokonzerne. Auch in einem weiteren Wachstumsfeld, dem mit der industriellen Energiewende, geht es langsamer voran als gedacht. Die Nachfrage in der „Green Industrial Power“- Sparte geht zurück, Kunden sitzen wohl noch immer auf Lagerbeständen. Letzteres trifft auf fast alle Konzernbereiche zu. Viele Kunden haben sich aufgrund des Chipmangels in den Jahren nach der Corona-Pandemie mit ausreichend Halbleitern eingedeckt, um nicht wieder in Produktionsengpässe zu geraten. Gleichzeitig hat die globale Halbleiterindustrie Kapazitäten aufgestockt. Überall entstanden und entstehen noch immer Werke. Auch Infineon baut derzeit eines in Dresden und eines in Kulim, Malaysia. In den Monaten Januar bis März ging so im Vergleich zum Vorquartal auch der Umsatz um zwei Prozent auf 3,6 Milliarden Euro zurück, das Segmentergebnis rutschte um 15 Prozent auf 707 Millionen Euro ab. Der Nettogewinn lag bei 394 Millionen Euro. Das ist in etwa ein Drittel weniger als im ersten Geschäftsquartal.

Wenig überzeugende Zahlen, möchte man meinen. Doch Anleger sahen das unter der Woche ganz anders. Infolge der Prognosesenkung kletterte die Infineon-Aktie zweistellig in die Höhe. In der Spitze stand ein Kursplus von 13,5 Prozent zu Buche. Das Hoch aus dem Dezember 2023 bei rund 38 Euro ist damit plötzlich zum Greifen nah. Ein Sprung darüber, könnte die Seitwärtsbewegung brechen, die seit Anfang 2023 mit kurzfristig ausgeprägten Höhen und Tiefen um die 35 Euro läuft.

Infineon-Aktie

Dass die Investoren so optimistisch auf die Zahlenvorlage reagieren, hat einen einfachen Grund. Erstens war mit einer Kürzung des Jahresziele zu rechnen, da bereits die Zahlen der Konkurrenz eine Wachstumsschwäche im wichtigen Automotive-Bereich nahelegten. Zweitens, schrieb Bernstein-Analystin Sara Russo, dürften Aktionäre nun eine gute Vorstellung vom „Boden“ der Prognosen haben. Das wiederum führt dazu, dass Unsicherheit einem vernünftigen Blick auf die langfristigen Wachstumsaussichten des Konzerns weichen.

Und die bleiben gut. E-Mobilität und Green-Tech bleiben Wachstumsbereiche, auch wenn für den Moment die Nachfrage stockt. Infineon ist hier gut aufgestellt, die aktuellen Probleme sind in weiten Teilen nicht hausgemacht, sondern konjunkturell bedingt. Der aktuelle Hype um KI-Chips, der die Aktien von Nvidia innerhalb kürzester Zeit hat explodieren lassen, täuscht darüber hinweg, dass die Chip-Branche seit jeher eine sehr zyklische ist. Läuft es in der Wirtschaft nicht rund, spüren das Halbleiterkonzerne mit als erste, genauso profitieren sie meist früh, wenn es wieder aufwärts geht. Geht es nach Analystin Russo stehen die Zeichen bei Infineon auf zyklische Erholung. Die zuletzt hartnäckige Kursschwäche wird damit zu einer interessanten Einstiegschance. Auch, weil der nun erfolgte Ausblick durchaus konservativ sei, wie Jefferies-Analyst Janardan Menon anmerkt. Die Lagerbestände bei den Kunden, so schätze er, dürften bald abgebaut sein. Die langfristigen Aussichten der Münchner im Blick sei jede Kursschwäche ein Kauf, legt sich Menon fest.

Fazit: Die Sorge vor bösen Überraschungen scheint mit dem Quartalsbericht nun erst einmal vom Tisch. Langfristig wird die Nachfrage nach Halbleitern in der Industrie weiter steigen, was Infineon wohl weiter steigende Umsätze und Gewinne beschert. Was unter Anlegern zusätzlich Gefallen finden dürfte: Infineon hat ein Sparprogramm angekündigt, will Kosten drücken, auch durch einen Personalabbau. Bis 2027 soll damit eine höherer dreistelliger Millionen-Betrag eingespart werden.

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