Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Unternehmen >

SAP - Auf Wolke 7

Die SAP-Aktie machte in dieser Woche satte Gewinne. Das Papier stieg diese Woche um fast sieben Prozent. Das hat überraschende Gründe, und die haben mit einer Wolke zu tun: der „cloud“.

BÖRSE am Sonntag

Das Software-Unternehmen, das von Walldorf aus seinen Siegeszug um die Welt antrat, legte Anfang der Woche die Quartalszahlen für das dritte Jahresviertel vor. Die Ergebnisse sind nicht berauschend, aber dennoch solide – und besser als von Analysten und Anlegern erwartet. Das Unternehmen konnte den Umsatz auf 4,06 Milliarden Euro steigern. Insbesondere der Ausblick auf das restliche Geschäftsjahr überraschte die Experten: Die Jahresziele wurden bestätigt und werden vermutlich im mittleren Bereich der gesetzten Spanne erfüllt. Zuvor erwartete man ein Ergebnis im unteren Bereich. Noch am Montag revidierten daraufhin viele Banken die Kursziele und Analysten präsentierten positive Studien.

So auch Goldman Sachs. Die US-Investmentbank rät nach den Quartalszahlen zum Kauf und hat ein Kursziel von 90 Euro angegeben, aktuell liegt SAP bei rund 57 Euro. Da scheint also noch viel Luft nach oben zu sein. In einer Studie vom Mittwoch schrieb Analyst Mohammed Moawalla, dass der Geschäftsbericht des Softwarekonzerns den Erwartungen entsprochen habe. Die wesentlichen Kurstreiber seien weiter intakt, und zwar sowohl aus struktureller Sicht als auch mit Blick auf den Produktzyklus. Die Kunden in Nordamerika gingen weiterhin zu cloudbasierten Lösungen über, und das Geschäft in den Schwellenländern sei unverändert in jeder Beziehung stark und stabil.

Wofür steht SAP eigentlich? Der Name bedeutet in Langform: Systeme, Anwendungen und Produkte der Datenverarbeitung. Kaum jemand weiß das, denn in der Praxis steht SAP einfach für gute deutsche Software-Lösungen. Und zwar weltweit. Die AG zählt zu den führenden Anbietern in Sachen E-Business-Anwendungen für mittelständische und große Betriebe. Die SAP Business-Suite, eine Anwendung zur Optimierung von Geschäfts- und IT-Strategien, ist dabei das Vorzeigemodell der Walldorfer Software-Schmiede. Besonders stark ist der badische Konzern im zukunftsträchtigen Bereich der Datenwolken. „Wir sind jetzt der zweitgrößte Cloud-Anbieter. Unsere auf das Jahr hochgerechneten Erlöse im Cloud-Bereich übertrafen eine Milliarde Euro. Wir gewinnen weiterhin Marktanteile und wachsen deutlich schneller als unser wichtigster Wettbewerber in allen Regionen“, analysieren die Vorstandsvorsitzenden Bill McDermott und Jim Hagemann Snabe. In der Tat: SAP ist Vize-Weltmeister unter den Cloud-Anbietern und damit am namhaften Erzrivalen Oracle vorbeigezogen. Lediglich die US-Amerikaner Salesforce.com sind noch größer im Geschäft mit den Datenwolken vertreten. „Keine Frage: Die Zukunft von SAP liegt in der Cloud“, heißt es aus der Vorstandsetage. Der gesamte IT-Markt wächst momentan durch Cloud-Angebote enorm. Die Walldorfer haben damit den Schritt schnell und erfolgreich vollzogen, denn zuvor verdiente SAP im Wesentlichen Geld mit fest installierter Software und deren Wartung. Die Software- und Cloud-Subskriptionserlöse sind in Q3 um 13 Prozent gestiegen, die Serviceerlöse um zwölf Prozent. Ein großes Problem hat SAP aber mit dem starken Euro. Wechselkurseffekte, besonders die des US-Dollars und des schwachen Yen, machten den Großteil des Umsatzwachstums zunichte.

SAP ein lukratives Investment?

Es sind in erster Linie die innovativen Programme, die SAP wohl auch in Zukunft Gewinne sichern werden. Die „superschnelle“ Datenbank Hana wäre dabei exemplarisch zu nennen. Der Umsatz mit der Hana-Produktgruppe habe sich im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppelt. Dieses System laufe nun bei mehr als 2.100 Kunden weltweit, heißt es bei SAP. Aktuelles Ziel sei es, noch 2013 mit die Hana 1-Milliarde-Euro-Marke seit Markteinführung zu erreichen. Die Wachstumsaussichten sind gut, große Gewinne werden auch weiterhin erwartet. Aktionäre bekommen übrigens für 2013 eine Dividende von 0,91 Euro pro Aktie. Das KGV liegt für 2013 bei 16,82.

SAP-Co-Chef Snabe wird sich im nächsten Jahr aus dem Vorstand zurückziehen und in den Aufsichtsrat wechseln. Seit 2010 ist der dänische Manager Vorstandssprecher bei SAP. Er wird ein hochsolventes und umsatzstarkes Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von rund 69 Milliarden Euro an seinen bisherigen Co-CEO McDermott übergeben, der dann als alleiniger Chef SAP leiten wird.

Ein großer Unsicherheitsfaktor im doppelten Sinne ist für SAP und alle anderen Anbieter von Informationstechnologie die NSA-Affäre. Amerikanische IT-Verbände schrieben in einem Brief an das Weiße Haus, dass der gesamten Branche bis 2016 Umsätze von 35 Milliarden US-Dollar verloren gehen könnten, wenn Käufer nicht mehr auf die Sicherheit von Computern und Software zählen könnten. Jedoch bietet die Sorge vor Spionage auch große Chancen für SAP. So arbeitet Europas größter Softwareentwickler mit Hochdruck an eigenen Rechenzentren rund um die Welt, die gegen Spionage fast immun sein sollen. Insgesamt scheinen gerade im Licht der aktuellen Abhörfälle, die das politische Berlin umtreiben, die Siegel „Hosted in Germany“ und „Cloud made in Europe“ an Wert zuzulegen. Das Neckarsulmer IT-Unternehmen Bechtle erreichte im Zuge des NSA-Spionageskandals ein Rekordhoch am Aktienmarkt. Mit Blick auf solche Entwicklungen sagt Snabe, es sei ein enormer Wettbewerbsvorteil, dass SAP in Europa strengsten Datenschutz anbieten könne.

Fazit

Bei SAP läuft es momentan insgesamt gut. Positive Quartalszahlen bescherten dem IT-Konzern erfreulich große Gewinne. Die Wachstumskurven zeigen nach oben, und mit dem Schritt in Richtung Cloud haben die Walldorfer in den letzten Jahren neben den Software-Anwendungen noch ein kräftiges und zukunftsfähiges Standbein hinzugewonnen. Europas größter Softwareentwicklung hat Glück und Pech zugleich mit seinem Standort. Diese ambivalente Situation ergibt sich daraus, dass viele Kunden im Zuge der NSA-Affäre auf sichere europäische Dienstleister zurückgreifen, aber der starke Euro im globalen Wettbewerb unangenehme Wechselkurseffekte mit sich bringt. Trotzdem könnten die positiv Erwartungen von Management und Analysten durchaus eintreffen. WCW