Siemens: Unbeirrt durchs dritte Quartal
In wenigen Tagen werden bei Siemens die Zahlen für das dritte Quartal präsentiert. Der große Industriekonzern mit Sitz in München erwartet eine durchwachsene Bilanz. Wenngleich der Brexit die Stimmung dämpft, geben Analysten positive Prognosen ab: Verschiedene Erfolgsprojekte und gute Wachstumsaussichten sorgen dafür.
In wenigen Tagen werden bei Siemens die Zahlen für das dritte Quartal präsentiert. Der große Industriekonzern mit Sitz in München erwartet eine durchwachsene Bilanz. Wenngleich der Brexit die Stimmung dämpft, geben Analysten positive Prognosen ab: Verschiedene Erfolgsprojekte und gute Wachstumsaussichten sorgen dafür.
Seit genau einem Monat werden die Geschicke von Siemens aus einem neuen Hauptquartier heraus geleitet. Offen, lichtdurchflutet und modern mutet der umweltfreundliche Neubau an. Hier hat auch der Vorstandsvorsitzende Joe Kaeser sein Büro im Herzen Münchens. Doch exakt am offiziellen Tag des Einzugs in die neue Siemens-Zentrale stand auch der Auszug Großbritanniens aus der EU plötzlich fest.
Dass durch den Brexit nicht auf einmal alle Aufträge von der Insel wegfallen, ist klar. Aber dennoch war dieser Tag ein großer Dämpfer für den deutschen Konzern, der seit 170 Jahren in Großbritannien aktiv ist. Rund vier Milliarden Euro Umsatz generiert das Münchener Unternehmen mit 14.000 Siemensianern vor Ort. Offiziell erklärt der Mischkonzern, er sei nicht so stark von möglichen negativen Auswirkungen betroffen, da Siemens mit erheblichen, langfristigen Investitionen in Großbritannien und hoher lokaler Wertschöpfung im Land vertreten sei. Das stimmt zwar, die Angst vor einem Schaden bleibt aber trotzdem beim Technologieriesen und vielen anderen deutschen Unternehmen. Die tatsächlichen Auswirkungen werden sich wohl im Laufe der zweiten Jahreshälfte herauskristallisieren.
Den globalen Herausforderungen stellt sich der von Kaeser geleitete Konzern bereits seit ein paar Jahren mit der „Vision 2020“. Diese beinhaltet im Wesentlichen die langfristige Ausrichtung an den drei Wachstumsfeldern Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung. Intelligente Netze, Energieeffizienz und autonome Maschinen gehören dieser Tage zu den Kompetenzen des Konzerns, der 1847 durch Werner von Siemens mit Telegraphen-Technik die Geschäfte aufnahm.
Hauseigene Innovationseinheit
Um langfristig Innovationen hervorzubringen, kündigte Siemens kürzlich die eigene Start-up-Förderung next47 an. Ab 1. Oktober 2016 sollen der Innovation-Einheit Milliardenbeträge zur Verfügung stehen, um disruptive Technologien zu fördern. Damit reagiert der Technologieriese auf amerikanische Vorgänger-Modelle und andere DAX-Konzerne wie Lufthansa oder Daimler, die in den letzten Monaten mit ähnlichen hauseigenen Förder-Akademien auf sich aufmerksam machten. Schon jetzt gehört der Mischkonzern zu den innovativsten Unternehmen der Welt. Täglich werden im Hause Siemens rund 30 Erfindungen gemeldet und viele Patente eingetragen.
In den letzten zwölf Monaten rangierte die Siemens-Aktie recht volatil im Bereich zwischen 80 und 100 Euro und hat diesen nur selten kurz verlassen. Das Brexit-Votum traf das Exportunternehmen recht stark und so rauschte das Papier am Tag nach der Abstimmung um rund zehn Euro nach unten auf unter 90 Euro. Inzwischen hat sich der Wert aber wieder erholt, sodass Analysten die Aktie als „Neutral“ oder „Kaufen“ einstufen. So hat zum Beispiel der Analyst Andreas Willi von JP Morgan das Kursziel für die Siemens-Aktie bei 97 Euro belassen. Siemens sei auf gutem Wege, das obere Ende des Konzernziels in Sachen Ergebnis je Aktie zu erreichen.
Durchwachsene Quartalszahlen
Am Donnerstag wird Joe Kaeser zusammen mit dem Finanzvorstand Ralf Thomas die Ergebnisse für das dritte Geschäftsquartal vorlegen. Erste Prognosen gehen von einem Nettogewinn von 1,17 Milliarden Euro aus. Das läge rund 15 Prozent unter dem Vorjahreswert. Die Hochrechnungen für den Umsatz des gesamten Geschäftsjahres 2016 fallen positiver aus. 79,72 Milliarden Umsatzerlöse erwartet der Durchschnitt der Analysten in diesem Jahr und damit fünf Prozent mehr als im Jahr 2015. Daraus ergibt sich auch die Tatsache, dass viele Analysten das Siemens-Papier für deutlich unterbewertet halten. Auch das KGV von 12,88 für den erwarteten Wert des Geschäftsjahres 2016/2017 ist vergleichsweise niedrig.
Gute Aussichten gibt es auch aus Spanien. Im Juni hatte Siemens sich mit dem Windturbinenhersteller Gamesa auf eine Fusion geeinigt. Im ersten Halbjahr gelang es den Spaniern ihren Umsatz um ein Drittel auf 2,19 Milliarden Euro zu steigern. Die Nachfrage nach Windkraftanlagen ist momentan sehr hoch und Siemens scheint damit ein guter Fang ins M&A-Netz gegangen zu sein.
Fazit
Siemens befindet sich momentan in ungewöhnlich ruhigem Fahrwasser. Die Aktie tendiert zu Seitwärtsbewegungen und doch sind Analysten überwiegend positiv gestimmt für die Zukunft. Die Aktie ist niedrig bewertet und die Wachstumsaussichten im Konzern sind positiv. Konzernchef Kaeser ist mit seiner Vision 2020 in der Spur, allerdings: Die ganz großen Erfolge konnte er noch nicht feiern. WCW