SignsAward: „Startup of the Year“ in München ausgezeichnet
Auf dem SignsAward 2023 präsentieren elf Jungunternehmen aus der Bundesrepublik ihre Ideen im Kampf gegen den Klimawandel und die globale Umweltbelastung. Am Ende wird Karuun „Startup of the Year".
Auf dem SignsAward 2023 präsentieren elf Jungunternehmen aus der Bundesrepublik ihre Ideen im Kampf gegen den Klimawandel und die globale Umweltbelastung. Am Ende wird Karuun „Startup of the Year“.
Am Ende war es Technologie aus dem Dschungel, die die Jury überzeugte. Karuun heißt das neue „Startup of the Year“, das Business Punk auf dem SignsAward in München gekürt hat. Mit der Entwicklung des gleichnamigen Materials auf Rattanbasis hat das Jungunternehmen aus dem kleinen Örtchen Kißlegg im Westallgäu einen Plastikersatz geschaffen, der nicht nur nachhaltig, sondern auch wirtschaftlich ist. Aus der schnell nachwachsenden Rattanpalme formt Karuun ein einzigartiges Nature-Tech-Material, das längst in den Produkten großer Konzerne, wie dem Konsumgüterhersteller Procter & Gamble oder dem Automobilzulieferer Continental Verwendung findet. 2022 sei es gemeinsam mit dem Autohersteller Nio gelungen, 100.000 Fahrzeuge plastikfreier zu gestalten, erzählt Felix Horn, Managing Director bei Karuun, auf der SignsAward-Bühne in München. Im Rahmen der alljährlichen Zeichensetzer-Preisverleihung luden das Wirtschaftsmagazin „Business Punk“ und die WEIMER MEDIA GROUP in diesem Jahr elf Nachhaltigkeits-Startups zum Drei-Minuten-Pitch in die BMW-Welt ein. „Wind of positive Change“ lautete schließlich der Leitgedanke der Konferenz und Preisverleihung. „Wir können hier lernen, dass wir eine Gemeinschaft der gut gelaunten, der neugierigen Menschen sein können, die rausgehen und das ständige Murren da draußen beenden können“, sagte Moderator und „Business Punk“-Herausgeber Oliver Stock in seiner Begrüßung.
Im besten Fall durch Machen statt Murren, durch Innovationslust und Begeisterung für die Zukunft. All das eint die Jungunternehmer und Jungunternehmerinnen, die in 180 Sekunden die Jury um Unternehmerin Janna Ensthaler, die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach, den BMW-Konzernkommunikationschef Maximilian Schöberl und Carsten Puschmann, CEO des Venture Builders Scale Now, von ihrem Geschäftsmodell überzeugen mussten.
Darunter Bavertis, das die Lebensdauer von E-Auto-Batterien um zirka 80 Prozent verlängern und auch deren Wiederverwendung deutlich verbessern will. Das Marktpotenzial liege diesbezüglich in den nächsten Jahren global bei 200 Milliarden US-Dollar, begründete CEO Niclas Lehnert die große Zukunftschance der Bavertis-Technologie. Spektakulär auch die Idee von Christoph Gardlo. Mit seinem Unternehmen Es For In hat er eine Plattform geschaffen, die das Stromnetz stabilisiert. Das Unternehmen ist der marktführende Anbieter für Flexibilitätsvermarktung an den kurzfristigen Strommärkten in Europa. 2021 und 2022 wurden so nach Angaben Gardlos bereits 560.000 Tonnen CO2 eingespart. Carbonauten hingegen wirbt für das Speichern von CO2. In weltweiten, standardisierten Fabriken karbonisiert das Startup holzige Biomassereste im industriellen Maßstab. Jede Tonne Biokohlenstoff speichert dauerhaft bis zu 3,3 Tonnen CO2.
Das Unternehmen everwave räumt währenddessen die Umwelt auf. „Jeder hier im Raum isst pro Woche in etwa eine Plastik-Kreditkarte durch Mikroplastik“, erklärte Clemens Feigl, CEO und Co-Founder von everwave. Mit seinem Unternehmen will der Entrepreneur verhindern, dass noch mehr Plastik in Flüsse und Ozeane gelangt. Everwave nutzt dafür auch KI-Technologien.
Um Müll zu vermeiden, könnte das Google der Materialentwicklung helfen. ExoMatter findet über eine Algorithmus- und AI-gestützte Suchmaschine geeignete Materialen, die Unternehmen für die Herstellung bestimmter Produkte brauchen in Sekundenschnelle. Das könnte den Material-Auswahlprozess vieler Unternehmen deutlich beschleunigen, der häufig mehrere Jahre dauert.
Recarb entwickelt derweil ein standardisiertes Rating-System, das die Erfolgswahrscheinlichkeit von Wiederherstellbarkeit von Wald und Biodiversität zeigt. Damit können Unternehmen und Finanzinvestoren fundierte Investitionsentscheidungen treffen. „Wir sind das Standard & Poors für Wald und Biodiversität“, warb Co-Gründer Daniel Vetterkind im Rahmen seines Pitches.
Weiterhin war unter den auserwählten Pitch-Teilnehmern das Startup Seawater, das schlüsselfertige Fischfarmen zur Kultivierung von Meeresfisch an Land baut – aus recycelten Schiffscontainern. Quereinsteiger aus der Landwirtschaft können so in die Fischzucht einsteigen. Die Pitch-Liste komplettierten Tozero, das eine Technik zum Recyceln von Lithium-Ionen-Batterien entwickelt, CityQ, das 4-Rad Cargo E-Bikes baut und so das urbane Verkehrsnetz nachhaltig verändern will, sowie Artenglück, das Naturschutzmaßnahmen im Auftrag von Firmen umsetzt, der der Artenvielfalt dienen, beispielsweise die Ausbildung von Blühwiesen oder Waldaufforstungen.
Die elf für das „Startup of the Year“ nominierten Unternehmen zeigen: Es gibt in Deutschland nicht nur das Murren, sondern immer noch auch das Machen. Möglicherweise entscheidende wie einschneidende Technologien mit Blick auf die CO2-Reduktion in der Atmosphäre, CO2-Speicherung oder das Batterierecycling können hierzulande entwickelt werden, an klugen, mutigen Köpfen mangelt es nicht. Als Jury-Mitglied will Judith Gerlach, ehemals bayerische Digitalministerin, jetzt Staatsministerin für Gesundheit, deshalb Startups „grundsätzlich mehr fördern und herausheben“. Dazu braucht es aber auch aus der Politik das, was Frank Walthes, Vorstandschef der Versicherungskammer Bayern und Kurator des SignsAwards, auf der Bühne fordert: „Nicht festhalten am Gestrigen, sondern gestalten nach vorne.“
Oliver Götz