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Stellt Walt Disney Netflix schon bald in den Schatten?

Disney holt im Streaminggeschäft weiter auf den bisherigen Platzhirsch Netflix auf. Die beiden Giganten trennen nur noch 35,5 Millionen Abonnenten. Dazu läuft das Kinogeschäft wieder an, in den Freizeitparks klingeln bereits die Kassen. Hängt der Traditionskonzern den bis dato so erfolgreichen Neuling jetzt ab?

(Foto: AFM Visuals / Shutterstock)

Disney holt im Streaminggeschäft weiter auf den bisherigen Platzhirsch Netflix auf. Die beiden Giganten trennen nur noch 35,5 Millionen Abonnenten. Dazu läuft das Kinogeschäft wieder an, in den Freizeitparks klingeln bereits die Kassen. Hängt der Traditionskonzern den bis dato so erfolgreichen Neuling jetzt ab?

Nur wenige Konzerne, wurden von der Coronakrise so hart getroffen, wie Walt Disney. Spaß und Unterhaltung funktionieren nicht in einem Lockdown, die Kinos waren monatelang geschlossen, die Freizeitparks ebenso, Kreuzfahrtschiffe fuhren nicht. Von jetzt auf gleich, war da für Disney die Geschäftsgrundlage verschwunden. Das Management kann sich glücklich schätzen, dass Disney+, der Streamingdienst des Konzerns, schon etabliert war und zumindest, was die Umsätze anging, für positiven Gegenwind sorgte. Alles in allem aber war das Jahr 2020 für Disney ein düsteres. Der Nettoverlust betrug 2,8 Milliarden US-Dollar. Im Vorjahr hatte Disney noch einen Gewinn von 10,4 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet. Die Erlöse gingen um sechs Prozent auf 65,4 Milliarden US-Dollar zurück und die Dividende wurde für ein halbes Jahr ausgesetzt. Das traf auch den Aktienkurs, der sich zwischenzeitlich fast halbierte. Bei Netflix florierte währenddessen das Geschäft, die Abonnentenzahlen schossen in die Höhe, die Aktie kletterte mit. Anfang Juli notierte das Papier bei rund 550 US-Dollar auf einem Allzeithoch. Die Disney-Aktie hatte da gerade eine zarte Gegenbewegung begonnen, lag aber immer noch weit unter Vorkrisenniveau.

Netflix war zu diesem Zeitpunkt einer der Pandemiegewinner, Disney ein großer Verlierer. An der Spitze des Marktes für Medien und Unterhaltung bahnte sich eine endgültige Ablösung des traditionsreichen Micky-Mouse-Konzerns durch das einstige Start-Up Netflix an.

Es kam anders. Netflix begann Anleger und Analysten ab dem Sommer 2020 plötzlich mit seinen Nutzerzahlen zu enttäuschen, was den Kurs, in dem viele Erwartungen steckte, unter Druck setzte und seither seitwärts laufen lässt. Die Disney-Aktie hingegen wurden von immer mehr Anlegern, spätestens nach Bekanntwerden der erfolgreichen Impfstoffentwicklung, als Öffnungs-Chance entdeckt. Damit war auf einmal Disney an der Börse im Vorteil. Von Oktober 2020 bis März 2021 stieg die Aktie um 62 Prozent. Im selben Zeitraum wagte die Netflix-Aktie ein paar erfolglose Ausbruchsversuche, alles in allem bewegte sich ihr Kurs nicht vom Fleck.

Im Anschluss passierte bei beiden Anteilsscheinen nur noch wenig, die Disney-Aktie konsolidierte leicht, bei Netflix herrschte weiterhin Langeweile. Entscheidend aber dürfte sein: Das Momentum hat gedreht. Nicht nur das, Disney schickt sich nun sogar an Netflix den Platz auf dem Streaming-Thron streitig zu machen. Im zweiten Quartal des laufenden Jahres konnte Disney+ zwölf Millionen Neukunden hinzugewinnen. Insgesamt nutzen den Dienst nun 116 Millionen Abonnenten – doppelt so viele, wie vor einem Jahr. Gemeinsam mit Hulu und ESPN+, die beide ebenfalls zu Disney gehören, kommt der Konzern in Gänze nun auf 174 Millionen Kunden.

Netflix gewann im zweiten Quartal dagegen nur 1,5 Millionen Neukunden hinzu. In Nordamerika verlor Netflix eine halbe Million Kunden. Noch liegt Netflix mit insgesamt 209 Millionen Abonnenten vorn. Doch bei der aktuellen Diskrepanz scheint es nur noch eine Frage der Zeit, bis Disney gleich- und dann wohl auch vorbeizieht. 2026 könnten es so weit sein, schätzen Experten. Es sei offensichtlich, dass Disney+ nun „ein unverzichtbarer Streamingdienst neben Netflix geworden ist“, so Analyst Paolo Pescatore vom Marktbeobachter PP Foresight.

Noch verdient Disney im Gegensatz zu Netflix kein Geld mit seinem Streamingdienst, doch auch das dürfte sich in Zukunft ändern. Auch Netflix steckte zu Beginn jahrelang in den roten Zahlen. Grundsätzlich ist der Markt groß genug, dass ihn in Zukunft zwei große Anbieter beherrschen können. Disney aber hat den großen Vorteil, das Streaming-Geschäft quer finanzieren zu können. Mit seinen starken Marken wird der Konzern in den nächsten Jahren viele Blockbuster ins Kino und gleichzeitig auf seine Streaming-Plattform bringen können. Star Wars- oder Marvel-Filme gibt es nur bei Disney. Wer sie sehen will, muss ins Kino oder braucht ein Disney+-Abo. Hier fehlt es Netflix noch an adäquaten Inhalten. Zwar hat man einige populäre Serien entwickelt, an die Bekanntheit genannter Universen reichen dieser aber nicht heran.

Mit den gelockerten Coronamaßnahmen dürfte auch das Geschäft mit Freizeitparks und Kreuzfahrten wieder zu alter Stärke zurückfinden. Auch die Gewinne aus diesen Geschäften kann Disney nutzen um seinen Streamingdienst weiter zu Kampfpreisen ins Rennen zu schicken. Die Zeit, in der Netflix einsam, allein und mühelos die Medienbranche umkrempeln konnte, sind vorbei.

OG

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