Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Unternehmen > Fintech im Visier

Trade Republic: Wachstum läuft nicht ganz störungsfrei

(Bild: Shutterstock)

Der größte Neobroker hat immer wieder Stress mit Kunden und Kontrolleuren. Doch die Neo-Banker wehren sich: Deutschland denke oft nicht innovativ genug.

Was ist los bei Trade Republik? Der Online-Broker hat in den letzten Jahren ein starkes Kundenwachstum und eine deutliche Umsatzsteigerung verzeichnet. Er hat nach eigenen Angaben im Jahr 2024 die Zahl seiner Kunden auf rund acht Millionen verdoppelt darunter 5,3 Millionen in Deutschland und ist profitabel. Das verwaltete Vermögen, also das Geld, das die Kunden über Trade Republik angelegt haben, hat sich auf knapp auf 100 Milliarden Euro verdreifacht.

Aber ganz störungsfrei funktioniert das Wachstum nicht. Die Klagen haben sich in den vergangenen Monaten gehäuft: Mal können Nutzer der App, gerade wenn es wie im Zollstreit mit den USA darauf ankommt, nicht schnell mit An- und Verkäufen reagieren. Mal meldet sich die Steuersoftware und moniert die Steuerabführungen, die der Online-Broker für seine Kunden übernimmt. Und dann klagt auch noch eine Verbraucherzentrale wegen irreführender Werbung und die EU rüttelt am Geschäftsmodell der Broker. Sind das Wachstumsschmerzen? Verspricht das Marketing mehr als die Marke liefert, oder ist alles an den Haaren herbeigezogen?

Es passierte am 3. April. Donald Trumps Zollhammer sauste danieder, die Börsenkurse brachen ein, nervöse Anleger reagierten fix. Dass manche zu fix reagierten, weil sich die Lage schnell wieder entspannte, steht auf einem anderen Blatt. Die Nutzer der Trade Repblic-Handelsplattform aber hatten wie bei anderen Online-Brokern auch für wenige Stunden das Nachsehen. Die hohe Orderzahl machte den Zugriff auf die App unmöglich. Die BaFin schaltete sich nach Beschwerden von Nutzern ein. „Es waren Volumina, die der Markt bis dahin noch nicht gesehen hatte“, berichtet eine Sprecherin von Trade Republic. Christian Hecker, Chef von Trade Republic beschreibt es so:  Nach den Kursausschlägen durch Trumps Zölle habe kurzfristig vor allem Nachtarbeit geholfen, um der Auftragsflut Herr zu werden. Einige Tage später, als Trump in Teilen wieder zurückruderte, lief die App bei Trade Republic dann vergleichsweise reibungslos. „Da haben wir das Vielfache der Maximallast gesehen und ausgehalten, während viele anderen Broker in Deutschland Probleme hatten,“ so der Trade-Republic-Gründer. Man lerne aus Fehlern und werde dann „schnell besser“, versichert er.

Wird es schnell besser? Seit Monaten liegt eine Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen Trade Republic vor den Richtern am Landgericht Berlin. Die Verbraucherschützer hatten im Februar geklagt und Trade Republic „irreführende Werbung“ vor allem in Zusammenhang mit Informationen zur Einlagensicherung vorgeworfen. Die Streitpunkte: Der Broker warb auf seiner Internetseite damit, dass Kunden „unbegrenzt“ Zinsen in Höhe von 3 Prozent auf ihr Girokonto bekämen. Außerdem behauptete Trade Republic, dass das Guthaben auf Partnerbanken verteilt und als „Einlage“ pro Konto und Kunde mit jeweils bis zu 100.000 Euro geschützt würde.

Für weitere Informationen verwies das Unternehmen auf die App. Dort findet sich der Hinweis, dass das Geld nicht nur auf Partnerbanken verteilt, sondern auch in Liquiditätsfonds investiert wird. „Der in den Liquiditätsfonds investierte Teil des Guthabens unterliegt jedoch nicht der Einlagensicherung“, sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Das Thema bringt die Macher bei Trade Republic auf die Palme, weil es einen Nerv trifft: Der Online-Broker hat seine Kundenzahl ganz wesentlich wegen hoher Zinsversprechen auf Tagesgeldkonten gewonnen. Die Klage trifft also das Kerngeschäft, weswegen Trade Republic grundsätzlich wird: Jedem sei klar, dass der Zins bei uns an den Entscheidungen der Europäischen Zentralbank hängt, dies werde durchgängig auf allen Kanälen kommuniziert, sagt eine Sprecherin. Und auch die Aufteilung der Kundengutgaben in Geldmarktfonds sei überall sichtbar erklärt. Sachlich betrachtet böten sie einen vergleichbares Risikoprofil wie die deutsche Einlagensicherung. „Wir denken innovativ, um möglichst vielen Menschen den Zugang zum Kapitalmarkt zu ermöglichen.“, sagt die Sprecherin. Ist Trade Republic also der missverstandene Erneuerer des Bankings? Die Aufsichtsbehörde BaFin sieht es etwas anders: „Kundengelder auf Treuhandsammelkonten unterliegen grundsätzlich der Einlagensicherung bis zu einem Betrag von 100.000 Euro pro Institut. Bei Geldmarktfonds besteht hingegen ein Kursrisiko bis zum theoretischen Totalverlust, wobei das Risiko des Totalverlusts als überschaubar eingeschätzt wird.“

Manchmal sieht es dennoch danach aus, als sei die Empörung übertrieben. So hatten sich Nutzer der Trade Republic App auf Online-Foren darüber ausgetauscht, dass ihr Steuerprogramm Wiso, die Steuerabrechnungen von Trade Republic monierte. Der Solidaritätszuschlag – 5,5 Prozent der Abgeltungssteuer – war in der Bescheinigung um Cent-Beträge zu niedrig. Auch die Abgeltungsteuer – 25 Prozent der Kapitalerträge – schien zu tief gegriffen. Trade Republic erklärt das mit Rundungsdifferenzen, die sich bei denen, die besonders viel handeln, natürlich summieren. „Unsere Steuererklärungen sind korrekt. Der Ungenauigkeiten entstehen dadurch, dass das  Wiso-Programm diese Rundungsdifferenzen nicht abbilden kann. Wir führen die Steuern ab, die auch tatsächlich bei den Transaktionen anfallen“, sagt die Sprecherin.

Die Lösung eines anderen grundsätzlichen Problems bei Trade Republic und anderen Neobrokern steht allerdings noch aus – dabei geht es ums eigene Geschäftsmodell. Neobroker leiten die von ihren Kunden abgegebenen Kauf- und Verkaufsaufträge über Wertpapiere, den Order Flow an die elektronischen Handelssysteme kleiner Börsen wie etwa in Hamburg oder München weiter. Damit dort nicht jeder Verkäufer auf einen passenden Käufer und nicht jeder Käufer auf einen passenden Verkäufer warten muss, treten sogenannte Market Maker in die Geschäfte ein. Zu einem aktuellen Kurs verkaufen sie also Wertpapiere an Anleger oder kaufen sie von ihnen.  Das Ziel dieser Market Maker ist es, ein Wertpapier immer etwas günstiger zu kaufen, als es zu verkaufen. Sie haben somit ein Interesse, ein möglichst hohes Handelsvolumen zu generieren  und bezahlen die Neobroker dafür, dass diese ihnen die Orders ihrer Kunden zuleiten. Diese Rückvergütung nennt sich Payment for Order Flow und ist eine der wichtigsten Einnahmequellen für Neobroker.

Bei Trade Republic macht sie rund ein Drittel des Umsatzes aus. Das Problem: Die EU hat die Praxis untersagt und das Verbot greift ab Mitte nächsten Jahres auch in Deutschland. Was tun? „Wir haben einen Plan, wie wir mit dem Verbot umgehen“, versichert die Sprecherin nennt jedoch mit Blick auf die Konkurrenz keine Einzelheiten. Nur soviel: Die Kunden brauchten sich keine Gedanken darüber zu machen, dass sich das Preismodell für sie ändert. ETF-Sparpläne blieben kostenlos. „Das ist ein Gründungsversprechen von Trade Republic.“

Fazit: Es ist schwer, ein Unternehmen zu managen, dessen Größe sich jedes Jahr verdoppelt. Ohne Innovation geht das nicht. Bisher hat Trade Republic das hinbekommen, kleinere Dellen eingeschlossen. Die Bewertung der BaFin klingt dabei etwas altväterlich: „Manche junge Unternehmen“, heißt es von dort, „müssen erst ein Verständnis dafür entwickeln, dass funktionierende Kontrollsysteme essentiell sind.“

Ähnliche Artikel