Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Unternehmen > Handelskonflikt

US-Zölle: Deutschlands Autoherstellern droht ein Desaster

(Foto: picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte)

Die USA verzehnfachen die Importaufschläge auf Autos. Das war an der Börse weitgehend eingepreist. Doch Nebeneffekte könnten die Aktien von BMW & Co. nochmal ins Rutschen bringen.

Donald Trump sprach vom „Beginn des Befreiungstages in Amerika“. Schluss sei nun damit, dass andere Länder die USA als Sparschwein missbrauchten. Am 2. April werden die USA einen Zoll von 25 Prozent auf alle Importautos einführen, egal woher sie kommen. Verhandlungen darüber erteilte Trump vorsorglich eine Absage. Ab dem 3. April werde kassiert, und zwar „dauerhaft“, erklärte der US-Präsident.

Wirklich überraschend kam dieser Beschluss unter der Woche nicht mehr. Trump hatte die Zölle immer wieder angekündigt. Entsprechend besonnen reagierten die Anleger, Auto-Aktien verloren zunächst nur leicht. Im Dax wurden die Papiere von Porsche, Mercedes-Benz, BMW und Volkswagen mit einem Minus von 1,5 bis 2,7 Prozent gehandelt – eine Art Gewissheitsabschlag, möchte man meinen. Die Aktienkurse der deutschen Hersteller hatten in den Wochen zuvor bereits deutlich nachgegeben, Investoren die drohenden Zölle schon weitestgehend eingepreist.

Also alles halb so wild? Mitnichten, denn mittelfristig könnten Anleger zu sorglos agieren. In den Zöllen verstecken sich Risiken, die über die direkten Gewinneinbußen des Autozolls hinausgehen. Noch ist nicht abzusehen, wie stark die Importaufschläge ganze Wertschöpfungsketten aus der Balance bringen.

Aber von vorn: eine Erhöhung der Einführzölle auf im Ausland hergestellte Autos von 2,5 auf 25 Prozent entspricht mal eben einer Verzehnfachung. Das bedeutet für die deutschen Exporte von Autos und Autoteilen, die mit einem Monat Verzögerung ebenfalls mit Zöllen gleicher Höhe belegt werden sollen, nach jüngsten Berechnungen des Wirtschaftsprüfers Deloitte einen Einbruch um 29 Prozent. Das entspräche einem Minus von 8,2 Milliarden Euro. Laut Jefferies-Analyst Philippe Houchois könnten die Zölle bei Porsche zehn Prozent des derzeitigen Konzernumsatzes ausmachen. Porsche treffen die Aufschläge besonders, weil die Stuttgarter kein eigenes Werk in den USA besitzen. Das mag so weit eingepreist sein, dennoch sind das beunruhigende Zahlen.

BMW, Volkwagen und Mercedes hingegen produzieren auch jenseits des Atlantiks, weshalb sie Zöllen in Teilen aus dem Weg gehen können. Häufig wird das als Argument vorgebracht, weshalb die neuen Handelsschranken weniger schwer wiegen könnten, als zunächst vermutet. Doch das könnte sich als Fehlannahme herausstellen. Die in den USA mit eigenen Werken vertretenen deutschen Autohersteller könnten ihre Produktion aus anderen Ländern nicht einfach dorthin verlagern, da die existierenden Standorte bereits zu 70 Prozent ausgelastet seien, so Harald Proff, Leiter der Autosparte bei Deloitte. „Hier wären erhebliche Investitionen in neue Produktionskapazitäten notwendig.“ Ob es sich die jedoch lohnt zu tätigen, wohlwissend, dass Trump seine Politik gern kurzerhand um 180 Grad wendet und es auch eine Zeit nach Trump geben wird, ist fraglich.

Ein negativer Multiplikator für die Industrie könnten zudem die angekündigten Zölle auf Autoteile sein. Auch wenn der PKW in den USA zusammengebaut wird, beziehen die Hersteller, auch US-Hersteller, viele Teile aus dem Ausland. Gemeinsam mit den Autozöllen dürfte das die Autopreise in den USA treiben, vorausgesetzt die Hersteller geben die Kosten an die Verbraucher weiter. Die Folge wäre wohl ein deutlicher Rückgang der Nachfrage, während die Konsumlaune der US-Amerikaner ohnehin schon im Keller ist. Vor allem Import- und E-Modelle wären davon betroffen, wie es in einer vor kurzem veröffentlichten Analyse der Managementberatung Kearney heißt.

Geben die Hersteller die Kosten nicht weiter, mag sich die Nachfragesituation entspannen, dafür würden die Gewinnmargen erheblich leiden. Die Folge wären wohl nicht nur weiter sinkende Aktienkurse und womöglich zusammengestutzte Dividenden, sondern mit Blick auf die deutsche Konzerne, auch ein erweiterter Abbau von Arbeitsplätzen in Deutschland.

Des Weiteren könnten die US-Zölle auch den Wettbewerb auf anderen Märkten steigern, was erneut die Margen drücken würde. Japan und Südkorea beispielsweise exportieren mehr Autos als die deutschen Hersteller in die USA. Denkbar, dass sich die dortigen Unternehmen andere Absatzmärkte suchen. Da in China die inländische Konkurrenz inzwischen groß ist, liegt eine Fokussierung auf den europäischen Markt nahe.

Die gesamtwirtschaftlichen Effekte außerhalber Nordamerikas blieben überschaubar, erklärte Julian Hinz, Leiter des Forschungszentrums Handelspolitik am IfW, gegenüber der dpa. „Einzelne Unternehmen kann es jedoch natürlich empfindlich treffen. Und für die deutschen und europäischen Autokonzerne kommt diese Maßnahme in der aktuellen Marktsituation zur Unzeit.“

BMW & Co. verlieren in China drastisch Marktanteile. Bei E-Modellen sind die deutschen Hersteller in der Volksrepublik kaum konkurrenzfähig, weil sie am Bedarf vorbei produziert worden sind. Besonders die Premiumautos von Mercedes, Audi und BMW sind zu teuer, während sie im digitalen Bereich teils weniger können als die deutlich günstigeren chinesischen Konkurrenzmodelle. Die Schwäche in China konnten die deutschen Autobauer bislang auch durch gute Geschäfte in den USA ausgleichen. Diese Rechnung dürfte nun nicht mehr aufgehen. Zeitgleich droht auf dem Heimatmarkt neue Konkurrenz. Es droht kurz- bis mittelfristig ein Desaster, welches die Aktien der Hersteller noch weiter abrutschen lassen könnte. Auf Zwölfmonatssicht stehen BMW-Titel bereits mit 30 Prozent im Minus, Volkswagen- und Mercedes-Aktien haben rund 20 Prozent verloren. Der Wert der Porsche Papiere hat sich halbiert.

 

Ähnliche Artikel