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Verizon: Milliardenpoker auf dem Mobilfunkmarkt

Der US-Telefonkonzern Verizon Communications steht kurz davor, bei der gemeinsamen Tochter Verizon Wireless seinen Partner Vodafone auszuzahlen. Von 130 Milliarden Dollar ist die Rede. Doch das ist nicht der einizge Mega-Deal, der anstehen k&ouml;nnte.<br />

BÖRSE am Sonntag

Verizon Communications verhandelt mit dem Mobilfunker Vodafone über den Verkauf seines Anteils am Gemeinschaftsunternehmen Verizon Wireless. Das bestätigen die Briten in dieser Woche. Es sei aber noch unklar, ob eine Einigung zustande komme. Für den 45-prozentigen Anteil des britischen Telekommunikationskonzerns Vodafone an Verizon Wireless bietet die Verizon-Mutter rund 130 Milliarden US-Dollar. Das Verizon-Papier reagierte verhalten auf die Nachricht, am Freitag ging sie quasi unverändert aus dem Handel. Spektakulär war dagegen der Sprung von gut neun Prozent, den die Vodafone-Aktie am Donnerstag mit der Veröffentlichung der Verkaufspläne des Verizon-Pakets hinlegte. Am Freitag konnte sich der Kurs der britischen Mobilfunker auf diesem Jahreshoch halten.

Mit dem frischen Geld in der Kasse könnte Vodafone vor allem sein Europa-Geschäft stärken. Das erhöht gewaltig den Druck auf Konkurrenten wie die Deutsche Telekom. Auch die geplante Übernahme von E-Plus durch O2, die Tochter der spanischen Telefónica, wird hiervon nicht unberührt bleiben. Vodafone selbst könnte zwar mit den 130 Milliarden Dollar für Verizon-Deal den Markt in Europa aufrollen. Das Übernahmeangebot von Verizon für die Vodafone-Anteile an der gemeinsamen Tochter könnte bereits in der ersten September-Woche publik gemacht werden, sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person zur Nachrichtenagentur Reuters. Auch der 2. September scheint im Gespräch zu sein.

Zwei große Sieger - vorläufig

Sollten die Konzerne dieses Mal wirklich getrennte Wege gehen, wäre es die drittgrößte Transaktion dieser Art überhaupt. Verizon sucht schon seit Jahren nach Wegen, um den ungeliebten Partner loszuwerden. Ein Sprecher wollte sich zu den Berichten nicht äußern. Die Aktien von Vodafone schnellten nach der Nachricht an der Londoner Börse in der Spitze um neun Prozent nach oben auf den höchsten Stand seit zwölf Jahren – die Verizon-Titel legten in New York 2,6 Prozent zu.

Seit mehr als einem Jahrzehnt betreiben Verizon und Vodafone gemeinsam das Mobilfunkunternehmen Verizon Wireless - und zwar sehr erfolgreich. Im Gegenzug für die geplante Komplettübernahme könnte, so vermuten Marktbeobachter, das US-Unternehmen den Briten einen bisher bei Verizon liegenden 23-prozentigen Anteil an Vodafone Italia im Wert von rund vier Milliarden Euro zurückgeben.Der Nachrichtenagentur Bloomberg sagte ein Insider, dass Verizon bereits mit Banken über die nötigen Milliardenkredite spreche. Auch in den Verkaufsverhandlungen habe das Telekommunikationsunternehmen nach Angaben von Informanten schon erste Details ausgearbeitet. So will der US-Gigant für den Anteil mit einer Mischung aus Aktienvermögen und Bargeld zahlen. Für die Bargeld-Komponente würde sich Verizon möglicherweise 50 Milliarden Dollar oder mehr leihen.

Nach Ansicht von Tom Gidley-Kitchin, Analyst bei der britischen Bank Charles Stanley, war offensichtlich, dass Verizon früher oder später einen ernsthaften Annäherungsversuch startet. Doch das hat seinen Preis: „Vodafone muss nicht verkaufen, sondern kann abwarten", teilt ein Insider mit. Vodafone-Chef Vittorio Colao werde sich kaum dazu hinreißen lassen, die Beteiligung unter Wert zu verkaufen, weshalb der Preis sich schließlich Richtung 130 Milliarden Dollar bewegen dürfte, sagte er.

Fressen und gefressen werden

Der Mobilfunkmarkt in den USA wurde lange von Konzernen wie Verizon Wireless und dessen Rivalen AT&T beherrscht. Die beiden Unternehmen liefern sich seit Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Vorherrschaft auf dem Markt, und AT&T liegt im Marktanteil nur drei Prozent vor Konkurrent Verizon Wireless. Seit einiger Zeit zeichnet sich jedoch ab, dass auch kleinere Wettbewerber wie die Telekom-Tochter T-Mobile USA zu ernsthaften Rivalen für die Platzhirsche werden könnten. Deren US-Geschäft war lange das Sorgenkind der Deutschen Telekom. Vor allem die Fusion mit dem Konkurrenten MetroPCS, der Ausbau des Handynetzes und das seit April nun auch bei T-Mobile US verfügbare iPhone sorgten bei der amerikanischen Mobilfunktochter für zahlreiche neue Kunden.

Doch die Deutsche Telekom steht nicht wirklich im Mittelpunkt des Interesses der US-Anleger: Der weltweite Mobilfunkmarkt steht möglicherweise vor einem weit noch größeren Umbruch, denn Vodafone, eben noch durch den Verkauf der Verizon-Anteile gestärkt, könnte im Handumdrehen selbst zum Übernahmekandidat werden. Ausgerechnet der Verizon-Hauptkonkurrent am US-Markt, AT&T, scheint Interesse an den Briten zu haben. Mit dieser Übernahme würde sich der US-Mobilfunkmarkt völlig verändern.

Doch damit nicht genug - die Auswirkungen wären weltweit zu spüren. Nach rund 169 Milliarden US-Dollar Umsatz im Jahr 2012 könnte AT&T als größter US-Telefonkonzern mit der Vodafone-Übernehme nicht nur in Nordamerika, sondern weltweit seine Marktmacht weiter ausbauen. So spektakulär also der Verizon-Deal auch sein mag – er ist wohl nur der Anfang einer neuen Runde im weltweiten Mobilfunkpoker. Handelsblatt / sig