Vodafone: Mit Highspeed auf und ab
„Mehr Power für Dich“ versprach Vodafone in seinem TV-Spot von 2013 dem Zuschauer. Der Mobilfunkriese wollte damit früh die Weichen für das Highspeednetz LTE stellen. Gerade in Europas größtem Markt für Telekommunikation, in Deutschland, läuft es bislang aber nicht nach Plan.
„Mehr Power für Dich“ versprach Vodafone in seinem TV-Spot von 2013 dem Zuschauer. Der Mobilfunkriese wollte damit früh die Weichen für das Highspeednetz LTE stellen. Gerade in Europas größtem Markt für Telekommunikation, in Deutschland, läuft es bislang aber nicht nach Plan.
Preiskampf in der Mobilfunkbranche, das klingt für den Verbraucher gar nicht schlecht: Tarife werden günstiger, es gibt mehr Angebote und Specials. Um mit der Konkurrenz mithalten zu können, müssen die Anbieter den Kunden überzeugen, dass ihre Flatrate, dass ihr Roaming-Angebot das bessere ist. In Deutschland gibt es deshalb seit Jahren ein enges Rennen um die Spitzenposition. Das Duell lautet: Die deutsche Tochter des britischen Vodafone-Konzerns gegen die Telekom höchstselbst. Beide Unternehmen rühren kräftig die Werbetrommel, und sie müssen immer neue Ansprüche bedienen, seien es mehr Datenvolumen, mehr Speed beim Surfen oder mehr Freiminuten. Dazu braucht es eine immense Infrastruktur, die wiederum viel kostet. Dementsprechend geht es in der Branche immer wieder auf und ab.
Für das Ende März abgelaufene Geschäftsjahr resümiert Deutschland-Geschäftsführer Jens Schulte-Bockum, „dass wir in Sachen Netz und Service deutlich besser werden und hart gegensteuern mussten.“ Entsprechende Maßnahmen hätten aber schon Wirkung gezeigt und die Situation in den beiden letzten Quartalen verbessert. Absolut gesehen ist das richtig, denn im Vergleich zum vorigen gewann das Düsseldorfer Unternehmen im zurückliegenden Quartal 119.000 neue Vertragskunden. Die Telekom schaffte im gleichen Zeitraum jedoch einen Zuwachs von rund 200.000, und daran muss sich Vodafone Deutschland messen.
Den anhaltenden Smartphone-Boom wird Vodafone wohl mit gemischten Gefühlen betrachten. Einerseits führt er zu vielen neuen Kunden und einer stärkeren Bindung dieser durch Verträge. Ganze 43,7% aller Vodafone-Kunden nutzen mittlerweile ein Smartphone, das ist eine Steigerung um 8,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Andererseits stolpert das Unternehmen nun über die ambitionierten Pläne von Fritz Joussen, der die Geschäftsführung 2012 an Schulte-Bockum übergab. Er hatte die Strategie durchgesetzt, sich auf den Ausbau des neuen Highspeed-Standards LTE zu konzentrieren und so wichtige Strukturen für die Zukunft zu schaffen. Der Kunde spielt aber nicht mit, auch weil viele Geräte mit LTE noch überhaupt nichts anfangen können. Stattdessen stieg die Auslastung der älteren UMTS- und GSM-Technologien, die Vodafone zwischenzeitlich vernachlässigt hatte. Die Folge sind seither schlechte Verbindungen oder gar Gesprächsabbrüche. Erst am Mittwochabend führte eine Wartungspanne zu erheblichen Ausfällen in Hessen und Rheinland-Pfalz: Rund 20.000 Kunden konnten stundenlang kaum oder gar nicht telefonieren. Betroffen waren sowohl mobile als auch Festnetzverbindungen.
Am Horizont sieht Vodafone sich dennoch auf einem Niveau mit der Telekom, nicht nur in der Mobilfunkbranche. Dort lautet das Ziel klar, wieder Umsatzmarktführer zu werden. Die Geschäftsbereiche Festnetz, DSL und Fernsehen sollen zudem weiterhin gestärkt werden. Während die Telekom schon jetzt alles rund um Telekommunikation im privaten Haushalt und im Unternehmen bietet, ist Vodafone in Deutschland erst seit kurzem voll dabei. Der 10,7-Milliarden-Zukauf von Kabel Deutschland vor knapp einem Jahr immerhin ist ein großer Schritt in Richtung Universalanbieter. Langfristig sparen die Düsseldorfer dadurch auch gutes Geld: Was sie bisher an Infrastruktur bei der Telekom mieten mussten, haben sie nun selbst im Repertoire. Jährlich flossen bislang über 400 Millionen Euro nach Bonn, wo die Telekom ihren Hauptsitz hat - Schulte-Bockum beschwerte sich schon mehrfach über die exorbitanten Kosten.
Hohe Ziele, schlechte Zahlen
In dieser Hinsicht verfügt Vodafone nun über schnellere und günstigere Verbindungen über das Fernsehkabel: „Wir wollen gemeinsam mit Kabel Deutschland den Breitbandmarkt aufmischen und bei der Deutschen Telekom ordentlich Kunden abmelden“, verkündete CEO Schulte-Bockum vor Kurzem. ‚Gemeinsam’ bedeutet in diesem Fall allerdings, dass die Marke Kabel Deutschland noch in diesem Jahr vom Markt verschwinden soll. Laut offiziellen Angaben erwartet die Kunden bei Vodafone nun ‚ein neues Breitbanderlebnis aus LTE, VDSL und Kabel.’ Besonders stolz ist man offenbar auf die errungenen 400.000 Kilometer an Glasfaser- und Koaxialkabeln sowie auf den neuen Geschwindigkeitsstandard von 100 Mbit/s beim Surfen. Weitere Investitionen in diesem Bereich dürften in den nächsten beiden Jahren etwa vier Milliarden kosten.
Der Betriebsgewinn des deutschen Ablegers von Vodafone sank im abgelaufenen Geschäftsjahr um 18 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro. Rechnet man den Umsatz durch Kabel Deutschland heraus, fiel auch der Gesamtumsatz um ganze sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das belastet natürlich den britischen Mutterkonzern unter Führung von CEO Vittorio Colao, der seine Zahlen zeitgleich präsentierte und nun massive Abschreibungen für das Europageschäft einplanen muss. Neben Deutschland haben auch die Märkte in Italien und Spanien unter dem starken Konkurrenzkampf und gesetzlich erzwungenen Preissenkungen gelitten. Deshalb müsse im laufenden Geschäftsjahr 2014/15 wieder mit einem sinkenden Gewinn gerechnet werden, sagte Colao am Dienstag.
Immerhin bleibt sein Kollege Schulte-Bockum optimistisch und angriffslustig. Er nimmt dabei die leicht positiven Entwicklungen in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres zum Anlass. Jetzt, wo Vodafone sich mehr und mehr von der Telekom emanzipiert, wird mit offenem Visier gekämpft. Die Konkurrenz wird in Zukunft sicher nicht weniger werden, der Preisdruck nicht plötzlich verschwinden. Umso wichtiger ist es, den einzelnen Kunden vom je eigenen Rundum-Service zu überzeugen. In TV-Spots setzt Vodafone daher gerne auf erstklassige musikalische Untermalung. Zuletzt engagierte man namhafte und moderne Künstler wie Major Lazer, Santigold und Woodkid. Der letzte Titel, „Run boy run“ beschreibt auf seltsam komische Weise auch die Dynamik der Mobilfunkbranche. Vodafone hätte statt der Goldenen Schallplatte für Woodkid bestimmt noch lieber die Rückkehr an die Umsatzspitze in Deutschland gesehen. Aber es zeigt sich: Hochgeschwindigkeit wie bei LTE bedeutet eben Risiko.