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Werbegelder lassen Facebook-Aktie abheben

Während Apple strauchelt und Google umbaut, kann Mark Zuckerbergs Imperium vor Kraft kaum laufen. Auch, weil der CEO umstrittene Ideen durchsetzt. Die Börse spielt verrückt und ignoriert ein wichtiges Alarmsignal. Facebook-Anteile sind nochmals fünf Prozent teurer, ein all-time-high!

BÖRSE am Sonntag

Während Apple strauchelt und Google umbaut, kann Mark Zuckerbergs Imperium vor Kraft kaum laufen. Auch, weil der CEO umstrittene Ideen durchsetzt. Die Börse spielt verrückt und ignoriert ein wichtiges Alarmsignal. Facebook-Anteile springen im frühen Handel in New York um rund fünf Prozent. Nie zuvor war die Facebook-Aktie wertvoller.

Nichts davon haben die Analysten und Marktbeobachter kommen sehen. Mit vor Unglauben weit geöffneten Mündern hörten sie sich die Zahlen zum zweiten Quartal des aufstrebenden Werbe- und Mediengiganten des 21. Jahrhunderts an. Um glatte 59 Prozent auf 6,43 Milliarden Dollar war der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Es war das stärkste Wachstum im Vorjahresvergleich seit rund zwei Jahren. Allein der Anzeigenumsatz stieg um 63 Prozent auf 6,23 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn verdreifachte sich auf 2,1 Milliarden Dollar.

Facebook strotzt vor Kraft, und zeigt auch beim Wachstum der Nutzer keine Schwäche. Während der Kurznachrichtendienst Twitter in diesem Bereich gerade erst anämische Wachstumszahlen verkünden musste und von der Börse schwer abgestraft wurde, sind mittlerweile 1,7 Milliarden Menschen jeden Monat auf Facebook aktiv. Das sind 200 Millionen mehr als ein Jahr zuvor. Facebook ist unverzichtbar geworden und auch die Jugendlichen und jungen Menschen bleiben allen Unkenrufen zum Trotz weiter dabei.

Kurz gesagt, mehr Menschen sind aktiv auf Facebook und schauen sich auf PCs und zunehmend mobil auf Smartphones immer mehr Anzeigen an, deren Preise sogar noch steigen. Genaugenommen liegen sie bei Facebook neun Prozent höher als vergangenes Jahr, und das in einer Branche, die permanent über Preisdruck stöhnt. Bei alldem sind die Chancen bei den Messenger-Diensten wie WhatsApp und Facebook Messenger noch nicht berücksichtigt. Gerade erst hat der Facebook Messenger, auf dem sich die Menschen gegenseitig Nachrichten zusenden, die Zahl von einer Milliarde Kunden erreicht.

Alle Silicon-Valley-Riesen setzen heute auf ihre Chat-Dienste, um sie zu mächtigen Kommunikations- und Handelsplattformen auszubauen. Über sie sollen in Zukunft Waren und Dienstleistungen eingekauft und direkt bezahlt werden können. Facebook hat hier einen großen Vorsprung, aber Microsoft (Skype, Cortana), Google (Google Now), Apple (Siri) und Amazon holen auf. Amazons „Alexa“ genannter, digitaler Assistent, die künstliche Intelligenz hinter der Lautsprecher-Mikrofon-Kombination „Echo“, gehört zu den größten Erfolgen des laufenden Jahres.

Eine Mischung aus Kunst und Wissenschaft

Doch wie auf jeder Party-Sause gibt es auch hier einen Nörgler, der die Stimmung trübt. Bei Facebook ist es der sogenannte „Ad load“ – das Maß dafür, wie viele Anzeigen ein Nutzer ausgespielt bekommt, während er durch seine Timeline scrollt. Diese Balance zwischen „echtem“ Inhalt von Freunden und „bezahltem“ von Firmen oder Organisationen ist wichtig, um die Zufriedenheit der Facebooker zu garantieren. Wird zu viel Werbung gezeigt, wenden sich die Nutzer genervt ab und bleiben weg. Wird zu wenig ausgeliefert, wird nichts verdient.

Der richtige Ad load, den Facebook für sich behält, ist laut Finanzvorstand Mark Wehner eine Mischung aus „Kunst und Wissenschaft“. Dabei ließ er ausdrücklich nicht unerwähnt, dass das Wachstum der Werbeauslastung zwar ein „sehr wichtiger Treiber“ des bisherigen Booms sei, sich das aber im weiteren Jahresverlauf abschwächen werde. 2017 dann werde es nur noch ein „unwichtiger“ Faktor für das Wachstum sein.

Mit anderen Worten: Facebook zeigt bereits so viel Werbung, wie gerade noch zu ertragen ist. Bald müssen deshalb neue Treiber fürs Geschäft her. Was könnte das sein? Einmal die Regionalverteilung. 50 Prozent des Umsatzes kommt aus den USA, der Rest der Welt biete laut Zuckerberg aber „enorme Chancen“, vor allem die Entwicklungsländer. Eine „Facebook Light“-App für Smartphones, die mit dem veralteten und langsamen Mobilfunkstandard Edge läuft, nutzen bereits 100 Millionen Menschen. Doch da sich laut Zuckerbergs Einschätzung in Zukunft alles auf Video statt Text und Bilder hinbewegt, muss der Facebook-Chef auch in die dritte Welt schnelles Internet liefern.

Die erste Facebook-Drohne, die über Monate in der Luft bleiben kann und Internetzugang auf die Erde abstrahlt, hat gerade ihren Jungfernflug absolviert. In Indien, China oder Afrika warten die nächsten Milliarden Facebook-Anhänger. Einen zusätzlichen Schub könnten auch die bereits erschlossenen Märkte bieten. In den USA und Kanada liegt der erzielte Umsatz pro Facebooker bei 14,3 Dollar im Quartal. In Europa sind es nur 4,7 Dollar, in Asien 1,7 Dollar.

Wachwechsel: Facebook mehr wert als Exxon

Und da ist noch das Video-Engagement, laut Zuckerberg mittlerweile „das Herz“ aller Anwendungen. Medien produzieren bereits exklusive Inhalte nur für Facebook und der Live-Streamingdienst ist sehr erfolgreich gestartet, heißt es. Der Effekt: Die Leute bleiben länger und schauen mehr Videos – und das gibt mehr Raum für eingeblendete Werbung. Die Börse jedenfalls hat wieder volles Vertrauen in den Ausnahme-Gründer Mark Zuckerberg und darin, dass er die Wachstumsklippen umschiffen wird. In der Spitze waren die Papiere des Lieferanten von Werbung und Katzenvideos kurzzeitig mehr wert als die des Ölgigants Exxon, der ganz Amerika mit Öl und Benzin versorgt und die Wirtschaft am Laufen hält.

Der Wachwechsel ist da. Die wertvollsten fünf Unternehmen der US-Börse kommen bald alle aus dem Technologiebereich. An der Spitze Apple mit 560 Milliarden Dollar, gefolgt von Alphabet (Google), Microsoft, Facebook und noch ist die Nummer fünf Exxon. Doch Amazon drängt mit Macht vom sechsten Platz und legt morgen seine Zahlen vor. Genauso wie Google. Handelsblatt / Axel Postinett

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