Wo der Zinsanstieg zu Windfall-Profits führt
Die Zinswende ist grundsätzlich Gift für die Aktienbörse. Doch einige Unternehmen profitieren auch davon - allen voran Banken und Versicherungen. Es gibt zudem Einzelwerte mit hohem Cash-Bestand, die plötzlich von Sondererlösen verwöhnt werden. Eine Chance für spekulative Anleger.

Die Zinswende ist grundsätzlich Gift für die Aktienbörse. Doch einige Unternehmen profitieren auch davon - allen voran Banken und Versicherungen. Es gibt zudem Einzelwerte mit hohem Cash-Bestand, die plötzlich von Sondererlösen verwöhnt werden. Eine Chance für spekulative Anleger.
Aktienbörsen fürchten Zinsanstiege. Viele Unternehmen leiden, weil ihre Kredite schlagartig teurer werden, Zugleich werden Anleihen als Alternativanlagen zu Aktien plötzlich wieder interessanter. Doch es gibt auch Unternehmen und Aktien, die vom Zinsanstieg direkt profitieren. Klassischerweise sind das Banken und Versicherungen, weil diese für ihre überschüssige Liquidität wieder attraktivere Verzinsungen bekommen können. Zugleich können die Banken beispielsweise von den Kreditnehmern mehr Geld für Kredite verlangen, was die Rentabilität erhöht.
In einer großen Branchenstudie empfiehlt die Schweizer Großbank UBS gleich mehrere Bankaktien zum Kauf, von der Deutschen Bank über die Société Générale bis ING, Julius Bär und Standard Chartered. Für die UBS-Analysten geht die Bewertungskorrektur bei europäischen Bankaktien zu weit. Sie errechnen für 2023 ein reichlich tiefes Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 6,5. Baut man Kreditverluste ein, wie sie auf dem Höhepunkt der Covid-Krise an der Tagesordnung waren, steigt das nächstjährige KGV zwar auf 8,5. Doch auch das liegt sowohl am unteren Ende der langjährigen Bandbreite als auch unter dem durchschnittlichen KGV für den breiten Aktienmarkt. Aus Sicht der Studienautoren ist die Gefahr eines Wirtschaftsabschwungs damit mehr als eingepreist. Ihres Erachtens ist nicht nur die Bewertung zu tief. Sie sehen auch bei den Gewinnerwartungen für europäische Banken noch Luft nach oben.
Zu den größten Gewinnern der Zinswende zählt die Commerzbank. Der Aktien haben sich binnen Jahresfrist um 50 Prozent verteuert. Es mehren sich nun die Analystenstimmen, die die Aktie zum Kauf empfehlen - vor allem nachdem das Institut im August starke Quartalszahlen gemeldet hat. Im zweiten Quartal fuhr die Commerzbank einen Gewinn von 470 Millionen Euro ein und übertraf die Schätzungen der Analysten damit deutlich. Im Vorjahreszeitraum war ein Verlust von 527 Millionen Euro angefallen. Der Quartalsgewinn ist der höchste seit 2011. So rät nun auch Morgan Stanley zum Kauf der Aktie. Die dortige Analystin Magdalena Stoklosa weist auf den positiven Zinseffekt hin und halt. Sie stuft die ganze Branche nun mit „Attractive". Auch dei Analysten voin Deutsche Bank, UBS und Warburg raten zum Kauf der Commerzbank-Aktie.
Es gibt aber auch Aktiengesellschaften, die nicht im Kredit- und Anlagegeschäft direkt engagiert sind, gleichwohl aber vom Zinsanstieg besonders profitieren Alle Unternehmen mit einer hohen Cashposition können sich plötzlich wieder über Zinserträge freuen. Auch bei Europas größtem Online-Broker klingeln daher nundie Kassen. Der erfolgreiche Aufsteiger FlatexDEGIRO hat einen enormen Cash-Bestand, der plötzlich wieder Erträge bringt. Analysten beziffern die unerwarteten Sondergewinne auf zwei Millionen Euro pro Monat. Besonders geschmeidig für die Firma - das Zinsgeld dürfte eins zu eins in die Gewinnrechnung übergehen, denn irgendwelche Kosten entstehen bei dem Zinsertrag nicht. Und auch das Kerngeschäft läuft bei FlatexDEGIRO trotz der Börsenturbulenzen weiter gut. Das EBITDA in den ersten sechs Monaten 2022 stieg um 67,5 Prozent auf 89,1 Millionen Euro (erstes Halbjahr 2021: 53,2 Millionen Euro).
BAS