Allianz: Finanzkrise war gestern
Der weltgrößte Versicherungskonzern wirtschaftet profitabel und hat die düsteren Tage der Lehman-Pleite längst hinter sich gelassen. Für die meisten Analysten ist die Aktie des Münchener DAX-Konzerns ein Kauf.
Der weltgrößte Versicherungskonzern wirtschaftet profitabel und hat die düsteren Tage der Lehman-Pleite längst hinter sich gelassen. Für die meisten Analysten ist die Aktie des Münchener DAX-Konzerns ein Kauf.
Noch vor ein paar Jahren galten Finanzkonzerne an der Börse als Wackelkandidaten. Die Lehman-Pleite 2008 und alles was unmittelbar nach ihr folgte, rissen vor allem Banken und Versicherungen an den Rand des Abgrunds. Heute, sechs Jahre später, sieht die Welt wieder ganz anders aus. Den großen Unternehmen der Branche geht es überwiegend gut. Entlastete Bilanzen, steigendes Eigenkapital, die sinkende Volatilität an den Aktienmärkten und nicht zuletzt die ultralockere Geldpolitik der Notenbanken in den USA und in der Eurozone haben einen großen Teil dazu beigetragen, dass die Sonne wieder scheint.
Das Gesagte gilt auch für den weltweit größten Versicherungskonzern und einen der größten Finanzdienstleistungskonzerne: die Allianz. Die Münchener erwirtschafteten im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 111 Milliarden Euro und einen Jahresüberschuss von rund 6,3 Milliarden Euro. Dass die Geschäfte bestens laufen, liegt natürlich nicht nur an den äußeren Faktoren, sondern auch an den eignen Leistungen. Allianz-Chef Michael Diekmann kann sich den sichtbaren Erfolg auf die Fahnen schreiben.
Aktienkurs auf Vorkrisenniveau
Der Erfolg lässt sich allein an der Kurskurve der Allianz-Aktien ablesen, an der sich das Management zuletzt auch immer messen lassen muss. Derzeit notiert der Titel bei mehr als 133 Euro. Auf solch hohem Niveau hatte das Papier zuletzt im Frühjahr 2008 gestanden – ein halbes Jahr vor dem Ausbruch der Finanzkrise. Und das Ende der Fahnenstange scheint noch nicht erreicht zu sein. So empfehlen die Analysten der Commerzbank den Titel nach Übernahmegerüchten weiterhin zum Kauf.
Das Kursziel der Commerzbanker lautet 154 Euro. Der kolportierte Preis für das Deutschland- und Italiengeschäft des Versicherers Direct Line sei unattraktiv, da deren kombinierte Schadensquoten zuletzt bei über 100 Prozent und damit über dem Marktdurchschnitt gelegen habe. Die Beteiligungen würden in strategischer Hinsicht besser zu dem Konkurrenten Axa passen, der in Medienberichten ebenfalls als Kaufinteressent genannt wurde. Die Deutsche Bank hat die Einstufung für Allianz auf „Halten“ mit einem Kursziel von 140 Euro belassen. Die Aussicht auf niedrigere Leitzinsen für einen längeren Zeitraum habe höchstens moderate Auswirkungen auf die Ergebnisse deutscher Lebensversicherer und überschaubare Risiken für die Aktionäre. Die Allianz sei hier auch wegen ihrer relativ niedrigen Garantieverzinsung am besten aufgestellt.
In diesem Jahr bewegte sich die Allianz-Aktie allerdings mehrere Monate seitwärts. Von Anfang August bis Anfang September gelang ihr der Kurssprung von 121 auf über 133 Euro – ein Plus von zehn Prozent. Die Mehrheit der von der Nachrichtenagentur Bloomberg befragten Analysten trauen dem Titel durchaus zu, dass der Weg weiterhin bergauf führt. 28 Experten empfehlen die Allianz zum Kauf, 13 Mal steht das Urteil „Halten“ zu Buche. Demgegenüber steht nur eine einzige Verkaufsempfehlung. Das durchschnittliche Kursziel lautet 141,15 Euro.
Geringe Katastrophenschäden beflügeln Geschäft
Ein wichtiger Faktor für das Geschäft der Münchener sind die Ausmaße von Katastrophenschäden, für die der Versicherer aufkommen muss. Die geringen Schäden der jüngsten Zeit ließen in diesem Jahr die Gewinne sprudeln. Nach dem für viele Börsianer überraschenden Abschneiden im zweiten Quartal sieht Diekmann für den restlichen Jahresverlauf einen operativen Gewinn von 10,5 Milliarden Euro in Reichweite – dies ist das Ende der bisher ausgegebenen Gewinnspanne.
Nicht so gut läuft es hingegen bei der Konzerntochter, dem US-Vermögensverwalter Pimco, bei dem Anleger Milliardensummen abzogen. Im August zogen die Investoren unter dem Strich 3,9 Milliarden Dollar aus dem Vorzeigefonds der Allianz ab, dem Total Return Fund, wie das Analysehaus Morningstar mitteilte. Damit kehrten die Investoren dem weltgrößten Anleihefonds bereits den 16. Monat hintereinander den Rücken. Der von Pimco-Gründer Bill Gross geführte Fonds verunsicherte die Anleger, weil die lange Zeit gewohnten Erfolge plötzlich ausblieben. Zwar gab es im August mit einer positiven Rendite von 1,1 Prozent wieder einen Lichtblick. Aber aufs Jahr gesehen hinkt der Fonds fast drei Viertel der Konkurrenz hinterher. Der Total Return Fund umfasst noch knapp 222 Milliarden Dollar. Zu seinen besten Zeiten im April 2013 waren es fast 293 Milliarden gewesen.
Weiterhin gelten die Spannungen zwischen der Ukraine und Russland und die damit verbundenen Sanktionen als potenzielle Gefahr für die künftige wirtschaftliche Entwicklung der Allianz. Schließlich betrachtet das Unternehmen Russland einen der wichtigsten Wachstumsmärkte. Die Allianz setzt sich nach eigenen Angaben für die Entwicklung des russischen Marktes ein, indem sie seine Präsenz in allen Zweigen des Kerngeschäfts hält und erweitert: Oberstes Ziel der Allianz Russland sei die Schaffung eines integrierten lokalen Dienstleisters: So profitierten russische Kunden von den internationalen Produkten, der Finanzstärke und dem Service der Gruppe.
Profitables Asien-Geschäft
Nach wie vor gewinnbringend ist das Geschäft in Asien. Der Konzern selbst bewertet die Zahlen im ersten Halbjahr in Asien-Pazifik „als starkes Jahresergebnis“. Der Gesamtumsatz belief sich auf 3,7 Milliarden Euro gegenüber 3,8 Milliarden Euro im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das operative Ergebnis lag in den ersten sechs Monaten bei 285 (289) Millionen Euro und ist nach Ansicht der Allianz sowohl im Lebens- und Krankenversicherungsgeschäft als auch in der Schaden- und Unfallversicherung beachtlich. Insgesamt seien die Zahlen in Asien-Pazifik durch ungünstige Wechselkurseffekte beeinträchtigt worden. Ohne die Euro-Aufwertung gegenüber den asiatischen Währungen wären die Erträge um 6 Prozent und das operative Ergebnis um 13 Prozent gestiegen.
Die Halbjahres-Zahlen kommentierte Allianz-Vorstand Manuel Bauer, zuständig für Wachstumsmärkte: „Die Allianz in Asien-Pazifik hat sich in ihren Märkten im ersten Halbjahr 2014 weiterhin positiv entwickelt. Untermauert wurde das Ergebnis in der gesamten Region durch die Stärke unserer Portfolios im Bereich der Lebensversicherungen sowie durch das gesunde Wachstum in der Schaden- und Unfallversicherung, wo wir eine Risikoauswahl nach strengen Kriterien eingehalten haben.“
Anleger sollten jedoch nicht nur auf die Stimmen der Konzern-Chefetage hören, sondern die Aktienkursentwicklung stets im Auge behalten. Denn bekanntlich wird an den Börsen die Zukunft gehandelt. Und die sieht für die Allianz – zumindest momentan – gar nicht so schlecht aus.