Pfizer braucht Zukunftsstrategie
Jahrzehntelang sorgte Pfizer für eine größere Manneskraft. Doch jetzt fehlt es dem Viagra-Hersteller selbst an Potenz. Der amerikanische Pharmariese steckt in der Krise. Für Konkurrent Merck und Co. dagegen läuft es hingegen ausgezeichnet. Doch die Anleger lassen die Entwicklungen kalt.
Jahrzehntelang sorgte Pfizer für eine größere Manneskraft. Doch jetzt fehlt es dem Viagra-Hersteller selbst an Potenz. Der amerikanische Pharmariese steckt in der Krise. Für Konkurrent Merck und Co. dagegen läuft es hingegen ausgezeichnet. Doch die Anleger lassen die Entwicklungen kalt.
Kaum eine Entwicklung brachte dem amerikanischem Pharmariesen Pfizer mit Sitz in New York so viel Prestige und so viel Geld wie das allseits bekannte Potenzmittel Viagra. Dabei war die Entwicklung ein purer Zufall für Pfizer. Eigentlich wollten der Medikamentenhersteller in den Forschungslaboren ein Mittel gegen Bluthochdruck entwickeln. Bei Versuchspersonen entdeckte man dann jedoch schnell die überraschende Nebenwirkung: Er verlieh den Probanden mehr Potenz.
Patentverluste machen Pfizer zu schaffen
Doch mit dem schleichenden Niedergang von Viagra brechen auch für den Hersteller schwere Zeiten an. Um rund 12 Prozent auf damit rund 427 Millionen Dollar brach der Umsatz des Potenzmittels im vergangenen Jahr weltweit ein. Schuld ist daran in erster Linie ein Rückgang der Absatzzahlen in Europa um knapp 75 Prozent. Der Grund dafür ist einfach: Für Viagra sind die Patentrechte vergangenen Sommer abgelaufen. Damit konnten auch andere Hersteller mit deutlich günstigeren Generika ihre Mittel auf dem europäischen Markt verkaufen und machten dem Original damit unerwünschte Konkurrenz.
Die jüngsten Quartalszahlen sind für das Unternehmen daher auch einigermaßen ernüchternd. So erlitt der Pharmariese einen deutlichen Gewinneinbruch. Um ganze 79 Prozent schrumpfte der Überschuss des Unternehmens nach eigenen Angaben auf 2,91 Milliarden Dollar. Der starke Einbruch lässt sich jedoch damit erklären, dass mit der Abspaltung des Tiermedizin Herstellers Zoetis im letzten Jahr noch knapp 10 Milliarden Dollar in die Kassen von Pfizer geflossen sind. Daher kann das Quartal sogar als kleiner Erfolg für Pfizer gewertet werden, da sie mit einem Umsatz von 12,77 Milliarden Dollar die Schätzungen der Analysten knapp übertroffen haben. Diese hatten nur mit 12,44 Milliarden Dollar gerechnet.
Allerdings fehlt es Pfizer an weiteren Pfeilen im Köcher. Schon seit knapp zehn Jahren kamen aus den Labors keine absatzstarken Medikamente mehr auf den Markt. Außerdem drohen demnächst noch weitere Patentabläufe von gewinnbringenden Arzneimitteln. Dabei hatte Pfizer erst im vergangenen Jahr das Patent für den Cholesterinsenker Lipitor verloren. Gleichzeitig sind vielversprechenden Entwicklungen aus dem Hause Pfizer derzeit noch nicht bereit für den Verkauf. So meldete das Unternehmen zwar, dass man noch in diesem Jahr das Zulassungsverfahren für das Brustkrebsmedikament Palbociclib in die Wege leiten will, bis dieses jedoch Profit einbringt, wird es wohl noch eine Zeit lang dauern. Zudem bezweifeln Experten, dass Neuentwicklungen allein für einen Aufschwung sorgen können.
Konkurrenz legt zu
Und dieser Meinung ist man offenbar auch in der Chefetage des größten amerikanischen Arzneimittelkonzerns. Konzernchef Ian Read gab daher jüngst die Direktive aus, sich auf potenzielle Übernahmeziele zu konzentrieren. So erwarb Pfizer erst vor einer Woche die Impfstoffsparte von Baxter für knapp 635 Millionen US-Dollar. Hier müssen die Behörden dem Deal allerdings erst noch zustimmen. Vorerst gescheitert sind die Amerikaner allerdings mit der Übernahme des britisch-schwedischen Konkurrenten AstraZeneca. Für knapp 118 Milliarden Dollar wollte Pfizer die Übernahme in die Wege leiten. Doch die Briten lehnten ab.
Die Analysten von Credit Suisse glauben nicht, dass sich Pfizer demnächst nochmal um AstraZeneca bemühen werde. Bei dem Pharmakonzern selbst sieht man das aber offenbar anders. Man bereite sich auf eine solches Szenario vor, ließ Aufsichtsratschef Leif Johansson erst diese Woche verlauten. Offenbar bekommt der Konzern auch Druck von den eigenen Aktionären. Bei einem Angebot von 58,50 Pfund pro Aktie, so heißt es, seien die Verantwortlichen bereit wieder an den Verhandlungstisch zu treten. Das wäre für Pfizer eine Steigerung des Angebots um zehn Prozent. Sollte der Deal zu Stande kommen, wäre es die größte Übernahme der Pharmabranche und würde Pfizer mit einem Schlag wieder zu genügend Nachschub an Wirkstoffen verhelfen.
Unterdessen hat Pfizer aber auch mit der Konkurrenz im eigenen Land immer mehr zu kämpfen. So hat Merck und Co. seinen Gewinn im abgelaufenen Quartal um das doppelte auf 2,03 Milliarden steigern können. Insbesondere die gestiegene Nachfrage bei neuen Wirkstoffen sorgt bei der Nummer 2 der amerikanischen Pharmaunternehmen für den Aufschwung. Zudem kündigte Merck im Mai an seine Sparte für rezeptfreie Arzneien und Gesundheitspräparate für umgerechnet rund 10,4 Milliarden Euro an Bayer verkaufen zu wollen. Außerdem übertrafen die Amerikaner auch in Sachen Umsatz die Prognosen der Analysten an der Wall Street.
Trotz der gegenläufigen Entwicklungen der beiden Unternehmen bewerten die Anleger die beiden Pharmakonzerne jedoch nahezu gleich. Bei beiden Aktien stieg der Kurs in den vergangenen Tagen nur leicht.