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Umfrage von J.P. Morgan Asset Management: Fehlendes Finanzwissen hält Deutsche vom Kapitalmarkt ab – Schule und Eltern verstärkt in der Pflicht?

Auch wenn viele Deutsche sich inzwischen an Aktien und Investmentfonds heranwagen: Der Nachholbedarf von Kapitalmarktinvestments gegenüber Sparbuch oder Festgeld bleibt hoch.

(Foto: Felix Lipov / Shutterstock)

Auch wenn viele Deutsche sich inzwischen an Aktien und Investmentfonds heranwagen: Der Nachholbedarf von Kapitalmarktinvestments gegenüber Sparbuch oder Festgeld bleibt hoch.

So fließen in diesem Jahr erneut Rekordsummen in die Sparanlagen – schließlich locken die in den letzten 18 Monaten deutlich gestiegenen Zinsen. „Allerdings ist es gerade für die langfristige Anlage wichtig, auf die Kraft des Kapitalmarkts zu setzen, um reales Kapitalwachstum zu ermöglichen – auch wenn aktuell das Tagesgeld umso verlockender ist“, betont Matthias Schulz, Managing Director bei J.P. Morgan Asset Management.

Die Gründe, warum zahlreiche Deutsche sich nicht so richtig an Aktien, Fonds, ETFs & Co. herantrauen, sind zahlreich. Wie das „Finanzbarometer 2023“, eine repräsentative Befragung von 2.000 Frauen und Männern in Deutschland durch J.P. Morgan Asset Management, zeigt, beruhen die meisten auf fehlendem Finanzwissen. Dazu passt, dass die Mehrheit der Deutschen ihr Finanzwissen höchstens als „befriedigend“ einschätzt. Um die finanzielle Bildung in Deutschland zu verbessern, sehen die Deutschen vor allem die Schule, aber auch Eltern in der Pflicht. Aber auch das Prinzip „Learning by doing“ wird als erfolgversprechend angesehen. „Es ist wichtig, schon frühzeitig ein Verständnis von Finanzen zu entwickeln. Schule und Eltern spielen dabei eine zentrale Rolle. Doch es ist auch sinnvoll, bereits in jungen Jahren erste eigene praktische Erfahrungen zu sammeln“, erklärt Matthias Schulz. „Schon mit geringen Eurobeträgen können junge Menschen die positive Erfahrung machen, dass ein Investment etwa in einen Aktienfonds langfristig mehr einbringen kann als Geld auf dem Sparbuch. Wer dies frühzeitig selbst erfährt, wird auch später offener sein, sich am Kapitalmarkt zu engagieren“, ergänzt der Experte.

Fehlendes Wissen führt zu Ängsten

Als Hauptgrund, nicht zu investieren, sieht ein Viertel der Deutschen das fehlende Verständnis für das Thema an. Es folgen mit jeweils 24 Prozent die Angst vor Schwankungen und damit verbundenen möglichen Verlusten, aber auch eine fehlende Beratung. Aus Sicht von Matthias Schulz lassen sich diese Argumente gegen das Investieren jedoch leicht entkräften.  „Fehlendes Verständnis und auch Angst vor Schwankungen sind Aspekte, bei denen es um Wissen und Erfahrungen geht. Leider wird die Komplexität der Geldanlage häufig überschätzt. Wer beispielsweise mit einem Sparplan erste Erfahrungen sammelt und dabei selbst erfährt, dass Schwankungen auf längere Sicht kaum ins Gewicht fallen, verliert recht schnell die Angst davor“, sagt Schulz. Auch die fehlende Beratung lässt sich relativ einfach angehen: „Es gibt heute viele unterschiedliche Modelle von Finanzberatung, viele Finanzberaterinnen und -berater bieten inzwischen auch Online-Beratungen an. Dadurch lässt sich ohne allzu großen zeitlichen Aufwand finanzieller Rat einholen, was vor allem bei einer größeren Investmententscheidung sinnvoll ist“, erläutert Schulz. Und die 17 Prozent, die angeben, sich Investments nicht leisten zu können, da sie zu wenig Geld dafür haben, möchte der Experte ermuntern, dass bereits mit kleinen Beträgen Sparpläne möglich sind, und das Vermögen so über die Zeit dank des Zinseszinseffektes bemerkenswert anwachsen kann.

Selbstvertrauen am Kapitalmarkt ausbaufähig

Insgesamt schätzen nur 41 Prozent der Deutschen ihr Finanzwissen als sehr gut oder gut ein. Dabei wird ein großer Unterschied zwischen Frauen und Männern deutlich: Nur jede dritte Frau hält ihr Finanzwissen für gut oder sehr gut, bei den Männern ist es immerhin jeder Zweite. Interessant sind die Unterschiede zwischen den verschiedenen Altersgruppen: Die jüngere Generation hält sich im Vergleich aller Altersgruppen für am besten im Bilde über Finanzen: 47 Prozent der 18- bis 24-Jährigen sehen ihr Finanzwissen als sehr gut oder gut an – bei den 35- bis 44-Jährigen, die sich in dieser Lebensphase sehr intensiv mit Vermögensaufbau oder Immobilienerwerb beschäftigen dürften, sind dies nur 41 Prozent.

Finanzielle Bildung erhöhen: Schule, Eltern sowie „Praxis statt Theorie“

Als beste Maßnahme zur Verbesserung der finanziellen Bildung denken 44 Prozent, dass Finanzwissen als Fach in der Schule vermittelt werden sollte. Ein Drittel gab an, dass Eltern ihren Kindern den Umgang mit Geld nahebringen sollten. Und auf dem dritten Platz folgt eigeninitiatives praktisches Vorgehen: So sind 22 Prozent für „Praxis statt Theorie“, also eigenes Anlegen kleiner Beträge. Informations­angebote – sei es von Banken, Sparkassen oder Finanzberater/-innen, über Bücher und Videos, in klassischen Medien oder von Bloggern und „Finfluencern“, gibt es inzwischen zahlreiche. Allerdings gibt es hier große Unterschiede bei den Präferenzen, mit welchen Informationskanälen die verschiedenen Altersgruppen ihre finanzielle Bildung verbessern möchten. Während von 18- bis 24-Jährigen ein Fünftel Blogger und Finfluencer für relevant hält, setzen die Befragten zwischen 25 und 55 zumeist auf Eigeninitiative mit Büchern oder Videos. Die Gruppe ab 55 wünscht sich dagegen Informationen der Banken, Sparkassen und Berater/-innen.

Dass die Offenheit bei jungen Menschen für den Kapitalmarkt noch nicht da ist, wo sie sein könnte, zeigt ein Blick auf den Besitz von Finanzprodukten: Während im Durchschnitt der Deutschen 42 Prozent ein Sparbuch besitzen, sind es in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen sogar 49 Prozent – und damit der höchste Anteil unter allen Altersgruppen. Demgegenüber ist der Besitz von Investmentfonds oder Aktien bei den 18- bis 24-Jährigen geringer als im Durchschnitt aller Deutschen.

„Die Deutschen sehen einerseits die Schule und Eltern in der Pflicht, das Finanzwissen zu verbessern, auf der anderen Seite ist in keiner Altersgruppe der Sparbuchbesitz so groß wie bei den 18- bis 24-Jährigen. Wichtig ist daher, dass sowohl in der Schule als auch von Eltern Finanzwissen ausgewogen vermittelt wird. Der Kapitalmarkt sollte dabei ein wesentlicher Bestandteil sein“, unterstreicht Matthias Schulz. Der Experte wünscht sich daher ein Umdenken auch bei der älteren Generation: „Viele Großeltern zahlen Geldgeschenke für ihre Enkel oftmals in bar oder auf ein Sparbuch ein. Eine Idee wäre, dieses Geld in einen Fonds- oder ETF-Sparplan zu stecken. Damit ist auf lange Sicht eine deutlich bessere Rendite möglich“, führt Schulz aus. Zudem rege dies die jüngere Generation an, sich selbst mit dem Kapitalmarkt zu beschäftigen.

Für die Verbesserung von finanzieller Bildung kommen aus Sicht von Matthias Schulz letztlich viele Wege in Frage, und je nach Altersgruppe unterscheiden sich diese. Doch vor allem die praktische Erfahrung sollte weiter gestärkt werden, um die Hemmschwelle und Irrtümer abzubauen: „Wer selbst etwas ausprobiert, lernt am besten und findet für sich heraus, womit man sich wohlfühlt“, fasst Schulz zusammen.