US-Kreditmarkt: Zieht ein neuer Sturm auf?
Die Schulden der US-Bürger? Auf Rekordhoch. Die Anzahl an in Verzug geratenen Darlehen oder Komplettausfällen? Steigt und steigt und steigt. Vor allem bei Studienkrediten und auf dem Automobilmarkt. Die US-Wirtschaft? Lebt weiterhin auf Pump. Noch dazu erlebt ein berühmtes Finanzkrisen-Produkt seine Renaissance: Das Subprime-Darlehen. Und ja, auch die Verbriefungen jener, mithilfe sogenannter Asset Backed Securities, sind wieder da. Sind wir auf dem besten Weg in eine neue Finanzmarktkrise?

Die Schulden der US-Bürger? Auf Rekordhoch. Die Anzahl an in Verzug geratenen Darlehen oder Komplettausfällen? Steigt und steigt und steigt. Vor allem bei Studienkrediten und auf dem Automobilmarkt. Die US-Wirtschaft? Lebt weiterhin auf Pump. Noch dazu erlebt ein berühmtes Finanzkrisen-Produkt seine Renaissance: Das Subprime-Darlehen. Und ja, auch die Verbriefungen jener, mithilfe sogenannter Asset Backed Securities, sind wieder da. Sind wir auf dem besten Weg in eine neue Finanzmarktkrise?
„Diese Außenseiter jedenfalls erkannten die riesige Lüge im Inneren der Wirtschaft. Sie erkannten dies, indem sie etwas taten, worauf der Rest der Volltrottel niemals gekommen wäre: sie sahen hin.“ Ein Zitat aus dem Film „The Big Short“, der eben von genau jenen „Außenseitern“ handelt und dabei hochinformativ und dennoch urkomisch die Finanzmarktkrise aus dem Jahr 2008 beleuchtet. Nun, so scheint es, sind diese Lügen wieder zurück. Und wieder, so scheint es, will niemand hinsehen.
12,6 Billionen Dollar Schulden haben US-Haushalte inzwischen angehäuft. Damit liegt man beinahe auf dem Niveau von 2008. 1,4 Billionen Dollar betreffen Studenten-Darlehen, 1,2 Billionen Autokredite. Die restlichen 10 Billionen sind Hypotheken, Kreditkarten- und sonstige Schulden. Hinzu kommen noch einmal 20 Billionen Dollar Staatsschulden.
Das sind schon ganz grundsätzlich extrem hohe Verbindlichkeiten, welche die Frage aufwerfen, wie viel davon überhaupt jemals zurückgezahlt werden kann. Der ausgegebene Wert an Studenten-Darlehen ist in den letzten Jahren um 170 Prozent gestiegen. Im Mittel kommt jeder College-Absolvent auf 34.000 Dollar Schulden. Insgesamt sind es fast 45 Millionen Amerikaner, die mit Verbindlichkeiten aus dem Studium zu kämpfen haben. Acht Millionen können bereits heute ihre Schulden nicht pünktlich bedienen. Auf dem Automarkt sieht es nicht viel besser aus: Lag der Wert der Automobilkredite 2010 noch bei 700 Milliarden, ist er inzwischen auf dem erwähnten Allzeithoch von 1,2 Billionen Dollar angelangt. Womit man beinahe von einer „automobilen Schuldenverdopplung“ sprechen kann, und das innerhalb von gerade einmal sieben Jahren. Man muss kein Prophet sein, um darin eine heranwachsende Blase zu erkennen.
Ein Gespenst kommt wieder
Hinzu kommt nun aber auch noch ein aus Finanzkrisenzeiten bekannter Spuk: Die relativ laxe Kreditvergabe seitens der Banken und Finanzdienstleister an Menschen mit schwacher bis äußerst schwacher Bonität. Hauptsächlich davon betroffen sind Automobilkredite. In Teilen auch die Darlehen von Studenten. Damals, 2008, war es letzten Endes genau diese fahrlässige Kreditvergabe gewesen, die schließlich in ein internationales Finanzmarktfiasko mündete. Die Rede ist von sogenannten Subprime-Darlehen. Möglich war deren Ausgabe aufgrund eines niedrigen Zinssatzes und immerzu steigender Immobilienpreise. Über Asset Backed Securities, wurden jene Kredite zudem zu Finanzderivaten zusammengeschnürt und anschließend am Markt gehandelt. Bekanntermaßen hörten dann die Preise auf zu steigen und bei vielen Krediten stieg der variable Zins, womit vor allem die Subprime-Kunden, ihre Darlehensschulden nicht mehr tilgen konnten, da neben der höheren Zinsbelastung die Sicherheiten nicht ausreichten. Das Chaos war perfekt.
Nun erlebt das Subprime-Darlehen, fernab des Immobilienmarktes, seine Renaissance. Ungefähr ein Viertel der Automobilkredite stammen aus dem Subprime-Bereich. Und das alarmierende ist: Die Zahl steigt und steigt und steigt. 2016 im Vorjahresvergleich um 17 Prozent. Die Ausfallquote insgesamt: 3,8 Prozent. Damit sind Auto-Darlehen in einer geschätzten Höhe von knapp 40 Milliarden Dollar seit über 90 Tagen nicht mehr bedient worden. Ebenso bedenklich: Immer mehr der erst kürzlich vergebenen Kredite fallen aus. Das spricht sehr deutlich dafür, dass immer mehr Darlehen an bonitätsschwache Kunden ausgegeben werden.
Haben die US-Bänker nicht gelernt?
Einige Banken und Finanzdienstleister, wie beispielsweise die Bank of America, Wells Fargo oder Santander Consumer, sind tatsächlich im Begriff, die Fehler aus Finanzkrisenzeiten zu wiederholen. Immer mehr Kredite werden an Menschen vergeben, die diese entweder gar nicht oder eben nur bei extrem niedrigen Zinssätzen zurückzahlen können. Diese Kredite sind vor allem deshalb lukrativ, da die ausgebenden Institute aufgrund des erhöhten Risikos auch höhere Zinsen verlangen können. Die Kredite werden einmal mehr verbrieft und über die bereits erwähnten Asset Backed Securities handelbar gemacht. Die Risiken also verteilen sich über den gesamten Erdball, landen unter anderem bei verschiedensten Hedgefonds. Niemand weiß so wirklich, wo sie am Ende stecken.
Erschwerend kommt hinzu, dass US-Präsident Donald Trump den Bankensektor zunehmend deregulieren will. Zumindest hatte er das angekündigt. „Wir werden Dinge tun, die sehr gut für die Bankenbranche sind, damit die Banken Kredite an Leute geben können, die sie benötigen“, so Trumps Wortwahl. Solche Gedanken sind aller Ehren wert, doch es kann nur schwer die Lösung aller Probleme sein, einfach jedem einen Kredit zu gewähren, obgleich dem Wissen, dass er ihn nie wird bedienen können.
Bisher ging das gut. Grundsätzlich nämlich gilt der Automarkt in den USA als relativ sicher. Viele Amerikaner versuchen, vor allen anderen, ihre Automobilschulden zu tilgen, da sie ohne Fahrzeug nicht mehr zur Arbeit gehen und am gesamten gesellschaftlichen Leben nur noch schwer teilnehmen können. Ein Leben ohne Auto, das kann man sich in den USA kaum leisten. Weiterhin waren die Zinsen niedrig, und der US-Arbeitsmarkt lief auf Hochtouren. Die Kredite konnten dementsprechend größtenteils bedient werden.
Die entscheidende Rolle der Fed
Nun aber erhöht die amerikanische Notenbank Fed kontinuierlich die Zinsen. Alleine das reicht schon, um die Ausfallraten in die Höhe zu treiben, da auch bei Autokrediten die Zinsen variabel sind. Schwächelt nun noch irgendwann der Arbeitsmarkt, könnte die Blase platzen. Schon jetzt bekommt sie zumindest Risse. Die Absatzzahlen amerikanischer Hersteller entwickeln sich nach langem Boom negativ. Zum ersten Mal seit Jahren sind 2016 die Gebrauchtwagenpreise gesunken. Und das kratzt freilich am Wert der Kredite. Steuern die USA, steuert die Welt, also in eine neue, globale Finanzmarktkrise? Bekanntlich soll man niemals nie sagen, doch eine Krise wie 2008 erscheint unwahrscheinlich. Dafür ist das Volumen der ausgegebenen Darlehen, die womöglich nicht zurückgezahlt werden können, dann doch wesentlich zu klein.
Eine Krise aber könnte es dennoch geben. In der Realwirtschaft. Die Automobilindustrie war maßgeblich daran beteiligt, dass es in den USA in den letzten Jahren gesamtwirtschaftlich bergauf ging. Durchschnittlich 2,2 Autos besitzt ein amerikanischer Haushalt. Durch die Subprime-Bereitschaft der Finanzinstitute konnte sich beinahe ein jeder in den letzten Jahren ein neues Auto zulegen. Nun scheinen die Märkte einerseits gesättigt, andererseits könnten viele Banken bei steigenden Zinsen vorsichtiger werden mit der Kreditvergabe. Und auch die Konsumenten selbst tragen zum abflauen der Konjunktur bei, denn sie werden aufgrund der sinkenden Preise ihre Wagen wohl länger fahren, um möglichst wenig Verlust zu machen.
Ähnlich verhält es sich mit den Studenten-Darlehen. Wer an eine Uni wollte, der konnte sich diesen Wunsch mithilfe eines Kredits auch erfüllen. Mit dem Zinsanstieg könnte für viele der Traum platzen, vor allem aber bringt er immer mehr Absolventen in Schwierigkeiten, ihre Darlehen abzubezahlen. Und ganz allgemein führt die bereits hohe Verschuldung, sowohl beim Autokauf als auch bei Studenten, zu weniger Konsum und Wachstum.
Die Ruhe ist trügerisch
Gerät die US-Wirtschaft nur ein klein wenig ins Wanken, könnte das durch die erdrückende Schuldenlast schwerwiegende Folgen haben. Hinsehen und nach Lösungen suchen – das sollte man also auf jeden Fall allmählich tun. Es ist davon aber wenig zu spüren. Rund um die Verschuldungszahlen in den USA sind derzeit wenig Neuigkeiten zu hören. Verdächtig wenig. OG