Führungskrise überschattet Gewinnsprung
Bis zum Wochenende tobte der Machtkampf in Wolfsburg. Patriarch Piëch trat ab, Louise Kiesling und Julia Kuhn-Piëch, zwei Nichten des Patriarchen, ziehen in den Aufsichtsrat ein, durch das Amtsgericht Braunschweig bestellt – oder auch nicht, weil der eben zurückgetretene Patriarch das nicht will – so oder so, die Welt dreht sich weiter.
Bis zum Wochenende tobte der Machtkampf in Wolfsburg. Patriarch Piëch trat ab, Louise Kiesling und Julia Kuhn-Piëch, zwei Nichten des Patriarchen, ziehen in den Aufsichtsrat ein, durch das Amtsgericht Braunschweig bestellt – oder auch nicht, weil der eben zurückgetretene Patriarch das nicht will – so oder so, die Welt dreht sich weiter.
Wichtig für Aktionäre: Vorstandschef Winterkorn bleibt, und er überrascht die Anleger nun mit einem Gewinnsprung. Auch wenn die Probleme bei VW noch nicht behoben sind: Das ist ein Signal. Die Aktie stabilisiert sich. Nach dem gewonnenen Machtkampf gegen Firmenpatriarch Ferdinand Piëch wartet Volkswagen-Chef Martin Winterkorn mit einer glänzenden Quartalsbilanz auf. Der Betriebsgewinn sprang zu Jahresbeginn überraschend stark um fast 17 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro. Der Umsatz von Europas größtem Autobauer kletterte um mehr als zehn Prozent auf 52,7 Milliarden Euro. Den Ausblick bekräftigte das Management. Demnach sollen Absatz, Umsatz und operatives Ergebnis in diesem Jahr zulegen. „Wir sind für die heterogene Entwicklung der weltweiten Automobilmärkte bestens aufgestellt“, sagte Winterkorn. Die VW-Aktie notierte mit gut zwei Prozent im Plus.
Hauptlieferanten des Ertrags waren erneut die Oberklassetochter Audi und der Sportwagenbauer Porsche, die zusammen fast zwei Drittel des operativen Ergebnisses einfuhren. Der Betriebsgewinn der beiden Gemeinschaftsunternehmen in China, den Volkswagen im Finanzergebnis verbucht, stieg sogar um 28 Prozent auf rund 1,6 Milliarden Euro. Winterkorn kann auch erste Erfolge seines Sparkurses vorweisen. Die Marke mit dem VW-Logo, die für gut die Hälfte des Umsatzes steht, legte im ersten Quartal beim Betriebsgewinn um 16,8 Prozent auf 514 Millionen Euro zu. Die Rendite blieb mit 2,0 (Vorjahr 1,8) Prozent jedoch mager. Weitere Schritte müssen nach Ansicht von Analysten folgen, um die Ertragskraft zu steigern.
Piëch hatte im Aufsichtsrat neben der schwachen Marge der Hauptmarke auch eine verfehlte Modellpolitik in den USA angeprangert. Die Probleme dort dürften VW noch einige Zeit beschäftigen, denn die angekündigten großen Geländewagen kommen erst 2016/2017 auf den Markt. Piëch hatte am Samstag überraschend seinen Rücktritt als Aufsichtsratschef und von allen anderen Mandaten in dem weltumspannenden Unternehmen erklärt. Zuvor war er im engeren Führungszirkel mit dem Plan gescheitert, Winterkorn aus dem Amt zu drängen. Der 78-Jährige hatte sich vor gut zwei Wochen per „Spiegel“-Artikel von seinem Zögling öffentlich distanziert und den Wolfsburger Konzern damit in eine tiefe Führungskrise gestürzt.
Nach seinem Abgang ist offen, wer ihm an der Spitze des Kontrollgremiums des Zwölf-Marken-Imperiums folgen soll. Als möglicher Anwärter gilt Vorstandschef Winterkorn. Ihm hatten die einflussreichen Familien Porsche und Piëch vor längerem einen Wechsel in den Aufsichtsrat in Aussicht gestellt, um Piëch zu beerben, wenn dessen Mandat 2017 ausläuft. Das war allerdings lange bevor der Machtkampf ausbrach.