US-Manöver gegen Müller?
Für den VW-Konzern folgt in diesen Tagen ein Tiefschlag auf den anderen. Nach Bekanntwerden der Abgasmanipulationen sollen jetzt auch CO2-Werte falsch angegeben worden sein. Unterdessen gehen die amerikanischen Behörden in ungewöhnlich scharfen Worten zum Angriff auf die Premiummarke Porsche über – und bringen den ehemaligen Porsche- und jetzigen VW-Chef Mathias Müller in Bedrängnis.
Für den VW-Konzern folgt in diesen Tagen ein Tiefschlag auf den anderen. Nach Bekanntwerden der Abgasmanipulationen sollen jetzt auch CO2-Werte falsch angegeben worden sein. Unterdessen gehen die amerikanischen Behörden in ungewöhnlich scharfen Worten zum Angriff auf die Premiummarke Porsche über – und bringen den ehemaligen Porsche- und jetzigen VW-Chef Mathias Müller in Bedrängnis.
Die Lage für den VW-Konzern könnte aktuell kaum unangenehmer sein. Beinahe täglich lassen neue Nachrichten den ehemaligen deutschen Vorzeigekonzern in ein schlechtes Licht rücken. Nach dem Skandal um die Softwaremanipulation bei Abgasuntersuchungen ging es in erster Linie um die sogenannten Stickoxid-Werte. Unter der Woche wurde nun aber bekannt, dass VW wohl auch den CO2-Ausstoß einiger Fahrzeuge falsch angegeben hatte und damit auch die Verbrauchsangaben falsch festgelegt wurden. Es soll sich um etwa 800.000 Fahrzeuge handeln, darunter auch Benziner. Offenbar hatte ein Whistleblower die Konzernspitze mit Untersuchungswerten unter Druck gesetzt. Daher veröffentlichter der Konzern lieber von sich aus die schlechten Nachrichten. Das Unternehmen betont jedoch, dass es sich nicht um eine Manipulation, sondern nur um Unregelmäßigkeiten gehandelt habe.
Dabei ist schon seit Jahren bekannt, dass die Hersteller-Angaben bei den Verbrauchswerten unrealistisch sind. Der Verband Transport and Environment veröffentlichter bereits vor zwei Jahren eine dahingehende Studie und auch der ADAC kritisiert schon seit langem den mangelnden Praxisbezug bei den Verbrauchsangaben der Hersteller – und zwar aller Hersteller. Doch bei VW sind eben genau jene Modelle betroffen, die unter dem Label „BlueMotion“ vertrieben werden und einen besonders schadstoffarmen Verbrauch suggerieren sollen. Der Kurssturz der Aktie ließ nicht lange auf sich warten. Zwischenzeitlich sackten die Vorzugsaktien von VW um mehr als zehn Prozent unter die 100 Euro Marke ab. Im Frühjahr waren die Papiere des Autoherstellers noch über 250 Euro wert. Einige Experten ziehen nun sogar schon Parallelen zur Deutsche Bank Affäre.
Müller in Bedrängnis
Unterdessen wittert man in Amerika offenbar die Chance, dem deutschen Autoriesen eins auszuwischen und die heimischen Marken zu stützen. Ohnehin ist das Image der deutschen Hersteller ramponiert, da gerade diese auf dem nordamerikanischen Markt für ihre sauberen Dieselfahrzeuge geworben haben. Insofern kam der Skandal sehr gelegen. Der Vorwurf, dass die Amerikaner die Krise ausgelöst hätten ist allerdings absurd. Den Anfang des Diesel-Skandals markierten Untersuchungen von deutschen Forschern, die für die Umweltorganisation ICCT arbeiten. Erst im Nachgang wurden deren Ergebnisse von einer US-Universität, der kalifornischen Umweltschutzbehörde Carb sowie der Umweltbehörde Environmental Protection Agency, kurz EPA, ausgewertet und veröffentlicht.
Anders sieht die Lage hingegen bei der aktuellen Meldung der Verantwortlichen aus. In einer für eine Behörde ungewöhnlich drastisch formulierten Mitteilung lässt Annette Hebert, Abteilungsleiterin bei Carb, wissen, dass man „sehr enttäuscht“ sei von VW. Man habe schon wieder Schummeleien beim Abgasverhalten von Dieselautos feststellen müssen, obwohl doch Transparenz versprochen worden war. Interessant ist in dem Zusammenhang, welche Autos die Amerikaner beanstandet haben. Nämlich die Autos mit 3-Liter-Dieselmotoren. Unter ihnen auch Fahrzeuge der beiden Luxusmarken Audi und vor allem Porsche, die bisher von dem Skandal verschont geblieben waren. Die Vorwürfe wiegen schwer. Schließlich sind Audi und Porsche nicht nur die Vorzeigemarken von VW. Auch die betroffenen Modelle lassen aufhorchen, sind sie doch besonders umsatzstark: VW-Touareg, Porsche Cayenne, Audi Q5. Bei allen Modellen sollen die neuesten Baujahre betroffen sein. Nähere Angaben zu den Vorwürfen sind die Behörden bis jetzt allerdings schuldig geblieben.
Entsprechend heftig fiel auch die Reaktion von VW aus. „Die Volkswagen AG betont, dass keine Software bei den V6-Diesel-Aggregaten mit drei Litern Hubraum installiert wurde, um die Abgaswerte in unzulässiger Weise zu verändern“, hier es nur wenig später aus der Konzernzentrale. Eine Aussage, der man wohl Vertrauen schenken darf. Schließlich wäre eine derart dreiste Lüge ein noch größerer Imageschaden für den Konzern, als ohnehin schon. Zwar hat man zunächst freiwillig den Verkauf des Diesel-Modells des Porsche Cayenne gestoppt. Dass man sich im aktuellen Fall kein Fehlverhalten geleistet habe, ist man sich aber scheinbar sicher.
Die Aussage der Behörden verwundert daher umso mehr. Hat man die Krise zwar nicht ausgelöst, will jetzt aber das Momentum nutzen und den ausländischen Autobauer schwächen? Unwahrscheinlich ist diese These nicht, muten die aktuellen Entwicklungen doch zu sehr nach einem Angriff auf den gerade erst installierten VW-Chef Müller an. Er hatte fünf Jahre lang die Geschicke bei der VW-Tochter Porsche in der Hand, ehe er nun nach Wolfsburg berufen wurde. Sollte auch bei der Edelmarke manipuliert worden sein, stünde Müllers Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Eine fehlende Eigenschaft, die schon seinem Vorgänger zum Verhängnis wurde. RS