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Wohin steuert BASF?

BASF macht seit Jahren vor allem durch Teilverkäufe auf sich aufmerksam. Jetzt gibt der Chemieriese auch sein Industrielacke-Geschäft an Akzo Nobel ab. Investoren fragen: Wann kauft Konzernchef Bock mal wieder zu?

BÖRSE am Sonntag

BASF macht seit Jahren vor allem durch Teilverkäufe auf sich aufmerksam. Jetzt gibt der Chemieriese auch sein Industrielacke-Geschäft an Akzo Nobel ab. Investoren fragen: Wann kauft Konzernchef Bock mal wieder zu?

In der Großchemie rumort es gewaltig. Die Chinesen kaufen den weltgrößten Hersteller von Pflanzenschutzmitteln, Syngenta aus der Schweiz. In den USA schließen sich die beiden größten Chemiekonzerne, Dow Chemical und Dupont, zusammen und formen drei vollkommen neue Anbieter. Beim Weltmarktführer der Branche ist es dagegen bemerkenswert ruhig: BASF kämpft gegen den Preisverfall bei Chemikalien und Öl – von möglichen Zukäufen ist aus Ludwigshafen derzeit wenig zu hören.

Im Gegenteil: Der Konzern kündigt seit mehreren Jahren regelmäßig fast nur Teilverkäufe an. Am Mittwoch kam der nächste größere Schritt: BASF verkauft sein Geschäft mit Industrielacken an den niederländischen Farbenspezialisten Akzo Nobel. Industrielacke werden beispielsweise zur Beschichtung von Maschinen oder etwa Rotorblättern eingesetzt – ein Geschäft, in dem BASF im Vergleich zu Akzo viel weniger präsent ist. Hauptkäufer der BASF-Lacke ist die Autoindustrie, auf die sich der Konzern nun stärker fokussiert.

Mit Industrielacken hat BASF zuletzt 300 Millionen Euro umgesetzt, das gesamte Farbengeschäft des Unternehmens kam auf rund drei Milliarden Euro. Rund 475 Millionen Euro fließen durch den Verkauf an Akzo in die bereits gut gefüllte Konzernkasse des Ludwigshafener.

Investoren, die darauf warten, dass BASF diese Kasse mal wieder für einen Zukauf nutzt, hat BASF-Vorstandschef Kurt Bock bisher enttäuscht. Er fährt weiter seinen Kurs, der auf Schärfung des Profils zielt und die Trennung von kleineren Einheiten vorsieht, in denen BASF keine führenden Positionen auf dem Weltmarkt hat oder erreichen kann. In den vergangenen zwei Jahren hat der Konzern zwölf kleinere und mittelgroße Geschäftseinheiten verkauft, wie in der konzerneigenen Aufstellung zu lesen ist. Im selben Zeitraum hat es aber nur drei kleine Zukäufe gegeben.

Starke Verbetzung macht BASF vorsichtig

Statt großer Sprünge sind in Ludwigshafen eher Trippelschritte angesagt. Textilchemie, Auftragssynthese für Pharmafirmen, Papierchemie, PVC, Styrol – das sind nur einige Beispiele für Geschäfte, aus denen sich BASF ganz oder teilweise zurückgezogen hat. Bock will den Konzern auf margenstärkere Produkte trimmen, bei denen er bereits eine starke Position hat.

Die vorsichtige Strategie fährt BASF auch wegen seiner intensiven Vernetzung. Der Konzern verdient gut mit Spezialchemie, die nötigen Vorprodukte stellt das Unternehmen in seinen Verbundstandorten selber her. Diese Vernetzung macht es schwierig, größere Firmenteile komplett zu verkaufen oder per Zukauf anzudocken. Dennoch rechnen Analysten fest damit, dass sich BASF in absehbarer Zeit wieder verstärken wird. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass BASF Däumchen dreht und zuschaut, wie der Kuchen in der Chemie neu verteilt wird“, sagte Oliver Schwarz von MM Warburg der Nachrichtenagentur Bloomberg. Er geht davon aus, dass es vor allem eine Frage des Preises ist, ob BASF zuschlägt.

Tatsächlich sind es vor allem die hohen Bewertungen im M&A-Geschäft der Chemie, wegen derer BASF-Chef Bock bei Zukäufen bisher zurückschreckt. Das machte er im vergangenen Herbst auf dem Investorentag deutlich. Er sehe kaum Chancen für Übernahmen, die strategisch gut passen und zugleich finanziell attraktiv seien, sagte er. In Branchenkreisen hieß es, BASF sei auch an einer Übernahme des Schweizer Pflanzenschutzkonzerns Syngenta interessiert gewesen. Dort kamen Anfang Februar jedoch die Chinesen zum Zuge, die bereit sind, 43 Milliarden Dollar als Kaufpreis bar auf den Tisch legen.

In diesem Jahre jedoch dürften angesichts der sehr gemischten Konjunkturaussichten die Bewertungen von Chemieunternehmen und die geforderten Multiples bei Übernahmen weiter sinken – davon gehen viele Analysten aus. „BASF hat sicher genug Ziele im Visier. Wenn der Preis stimmt, werden sie zukaufen“, sagt Schwarz.

Chancen genug dürften sich für den Konzern ergeben: Viele Chemiekonzerne fokussieren sich auf ihre margenstarken Spezialprodukte und geben Geschäfte ab, die sie nicht mehr als ihren Kern betrachten. Zudem dürften bei den Großfusionen, wie sie etwa Dow und Dupont planen, attraktive Geschäfte auf den Markt kommen, von denen sich die Amerikaner aus kartellrechtlichen Gründen trennen müssen. Handelsblatt / Bert Fröndhoff