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Den Hebel ansetzen

Unter den Trading-Produkten werden Knock-Out-Papiere immer beliebter. Aus gutem Grund.

BÖRSE am Sonntag

An den Aktienbörsen ist derzeit die Luft etwas raus. So pendelt der DAX bereits seit Monaten in einer relativ engen Spanne zwischen 5500 und 6000 Punkten. Für Trader stellen solche Seitwärtsphasen kein so großes Problem dar. Sie können mit Hebelprodukten auch bei geringen Kursveränderungen eines Basiswerts überproportionale Gewinne erzielen – und zwar, je nach Marktmeinung und Produkt nach oben oder nach unten. Ein immer beliebteres Vehikel für spekulative Trades stellen dabei Knock-Out-Papiere dar.

Im Gegensatz zu Optionsscheinen verfügen diese Produkte (häufig auch als Mini-Futures bezeichnet) über ein Delta von nahezu eins. Das heißt: Steigt der Basiswert, zum Beispiel der DAX, um einen Punkt, legt auch der Kurs des Turbos unter Berücksichtigung des Bezugsverhältnisses um etwa eine Einheit zu. Außerdem spielt der bei Optionsscheinen übliche Zeitwert kaum eine Rolle, weil Knock-Outs durch ihre Konstruktion zwangsläufig im Geld notieren. Damit kann die Volatilität des Basiswerts als Einflussfaktor auf den Preis des Papiers vernachlässigt werden, was sie im Vergleich zu Optionsscheinen günstiger macht. Die Folge: Sie haben bei gleicher Ausstattung häufiger einen höheren Hebel als Optionsscheine.

Ein Beispiel soll die Funktionsweise von Knock-Outs verdeutlichen: Bei einem DAX-Stand von 5.800 Punkten ist ein Bull-Knock-Out-Papier mit einem Basispreis von 5.300 Punkten und einem Bezugsverhältnis von 1:100 rechnerisch 0,50 Euro Wert. Legt der DAX um 290 Punkte zu, was einer Performance von plus 5% entspricht, steigt der Schein - dem Bezugsverhältnis angepasst - um 0,29 Euro auf 0,79 Euro. Das ergibt einen Zugewinn von 58%. Allerdings wurden in diesem Beispiel die Finanzierungskosten außer Acht gelassen. Sie entstehen dem Emittenten durch das Halten des Basiswerts und werden in der Praxis als Aufgeld (Prämie) für die gesamte Laufzeit in den Preis mit eingerechnet. Bei Open-End-Knock-Outs, die über keinen festen Fälligkeitstermin verfügen, erfolgt die Weitergabe der Finanzierungskosten durch eine tägliche Anpassung des Basispreises nach oben.

Doch was passiert, wenn ein klassischer Knock-Out auf den Basispreis (Strike) zurückfällt? Dann wird das Papier sofort ausgeknockt und es entsteht ein Totalverlust. Allerdings kann dieses Risiko mit Knock-Out-Papieren, die mit einem Stop-Loss-Mechanismus ausgestattet sind, etwas abgemildert werden. Bei diesen Produkten ist dem Basispreis eine zusätzliche Marke vorgelagert. Diese ähnelt in ihrer Wirkung einem Verkaufslimit, denn wird die Stop-Loss-Schwelle berührt, wird der Schein fällig. Der Investor erhält dann einen Restwert ausgezahlt.

Dazu noch einmal das vorherige Beispiel. Der Basispreis des Bull-Knock-Outs auf den DAX sei derselbe (5.300 Punkte), nur dass er dieses Mal mit einem Stop-Loss bei 5.500 Punkten ausgestattet ist. Fällt der Index von 5.800 Zählern auf diese Marke zurück, wird das Papier automatisch verkauft. Der rechnerische Restwert beträgt 0,20 Euro, was bei einem Kaufpreis 0,50 Euro zwar einem Verlust von 60% entspricht. Gleichzeitig wurde aber der andere Teil des Kapitaleinsatzes vor weiteren Einbußen „gerettet“. Eine Gefahr geht jedoch von Kurslücken aus. Diese können auftreten, wenn Aktien vom Handel ausgesetzt werden oder die Kurse an einem neuen Börsentag tiefer eröffnen, weil zum Beispiel die US-Märkte schlechte Vorgaben liefern. Im Extremfall reicht die Lücke bis unter den Basispreis, dann wäre auch bei einem Stop-Loss-Turbo der komplette Einsatz verloren.

Für spekulative Anleger stellen Knock-Out-Produkte eine attraktive Alternative zu klassischen Optionsscheinen dar. Sie sind transparent und eignen sich aufgrund der relativ hohen Hebel auch für kurzfristige Trades. Die Auswahl an Basiswerten ist riesig. Allein an der Frankfurter Zertifikatebörse Scoach wurden Ende Februar 2010 rund 63.000 verschiedene Knock-Out-Produkte gehandelt.

 

Thomas Kolb

Group Head of Marketing, Scoach Europa AG