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Spekulationen zum Ölpreis sind irrelevant

Es gehört zur Natur der Kapitalmärkte, bei den Erwartungen sowohl nach oben als auch nach unten zu übertreiben. So war es noch im Jahr 2008 noch Konsens, dass der Ölpreis auf 200 US-Dollar je Barrel oder sogar noch darüber steigen werde. Heute hat der Kollaps des Ölpreises das genaue Gegenteil bewirkt. Was müssten wr gelernt haben? Jeremy Baker von der Harcourt Investment Consulting AG analysiert.

BÖRSE am Sonntag

Es gehört zur Natur der Kapitalmärkte, bei den Preisen für Vermögenswerte sowohl nach oben als auch nach unten zu übertreiben. Gleiches gilt für das Sentiment. So war es beispielsweise noch im Jahr 2008 der Konsens, dass der Ölpreis auf 200 US-Dollar je Barrel oder sogar noch darüber hinaus steigen wird.

Nahezu jeden Tag überboten sich jahre- und jahrzehntelang immer neue Experten mit immer höheren Preiszielen. Heute hat der Ende 2014 einsetzende Kollaps des Ölpreises das genaue Gegenteil bewirkt. Die ersten Doomsday-Apostel prognostizieren bereits, dass sich der Preis nie mehr über das Niveau von 40 US-Dollar je Barrel erholen wird. Einfach schockierend, wie wenig wir lernen. Oder wie es einstmals der spanische Philosoph George Santayana formulierte: „Wer sich nicht seiner Vergangenheit erinnert, ist verurteilt, sie zu wiederholen“.

Ein gutes Beispiel dafür ist der „Economist“, der im März 1999 „Drowning in oil“ titelte, wobei der Ölpreis in den folgenden Jahren jedoch deutlich zulegte. Als ob es damit noch nicht genug gewesen wäre, prognostizierte dieselbe Zeitung im Oktober 2003 auf der Titelseite „The end of the Oil Age“; der Ölpreis stieg dessen ungeachtet aber weiter. Unglücklicherweise hat der „Economist“ noch weitere Vorhersagen gemacht, die man im Lauf der Jahre ähnlich beurteilen wird, wie jene aus 1999 und 2003. Vor diesem Hintergrund ist es überraschend, dass man selbst „sophistizierte“ Investoren noch immer an eine einfache Wahrheit erinnern muss – nämlich den zyklischen Charakter der Rohstoffe, der trotz der dominierenden Rolle Chinas Bestand hat.

Der Zyklus ist immer derselbe

Aufgrund steigender Preise erhöhen die Anbieter ihre Produktion, was mit der Zeit zu einer sich abschwächenden Nachfrage und einer Überversorgung führt. Daraus resultieren dann sinkende Preise, die die Anbieter dazu bringen, ihre Produktion zurückzufahren. Die folgende Unterversorgung lässt den Zyklus dann wieder von vorne beginnen.

Vor diesem Hintergrund können wir zuversichtlich konstatieren, dass sich der Abschwung bei den Rohstoffen, und besonders beim Öl, einem Boden nähert. Spekulationen, wie weit der Ölpreis zuvor noch fallen kann, sind vollkommen irrelevant, da die Märkte gegenwärtig nicht mehr von fundamentalen Faktoren, sondern den extrem hohen Short-Positionen in den Futures-Märkten getrieben werden. Schon Gerüchte können daher leicht heftige Eindeckungs-Rallys auslösen. Soweit die Analyse von Jeremy Baher, Senior Portfolio Advisor Alternatives bei der Harcourt Investment Consulting AG.

Deutsche Oel & Gas S.A. profitiert vom niedrigen Ölpreis

Und als ob es eine Bestätigung für die Meinung wäre, teilt die Deutsche Oel & Gas S.A. mit, dass sie vom niedrigen Ölpreis eher profitiert. Dieser habe positive Effekte für das Unternehmen, das seit November 2015 Erdgas in das Versorgungsnetz in Südalaska einspeist. Spezialisten und Bohrausrüstung sind aufgrund des Rückgangs von Erdöl-Explorationsaktivitäten und den dadurch weltweit gesunkenen Kosten für Explorationsspezialisten und -equipment günstig.

Bislang fördert die Deutsche Oel & Gas S.A. ausschließlich Erdgas und profitiert von der besonderen Marktsituation in Alaska, die Preise weit über dem üblichen Marktniveau ermöglicht. Aufgrund seiner geografischen Lage ist Alaska vom restlichen US-Markt getrennt - es sind zwar ausreichend Gas-Reserven vorhanden, jedoch sind diese noch nicht erschlossen und die aktuelle Gasförderung deckt nicht den lokalen Bedarf und Verbrauch. Der daraus entstandene Energieversorgungsengpass führe zu Gaspreisen, die über dem Dreifachen des aktuellen US-Referenzwertes (Henry-Hub-Preis) liegen, so die Deutsche Öl & Gas.

Nachrichten wie diese könnten demnächst öfter zu hören sein. Spekulativ gesonnene Anleger sollten überlegen, ob es sich allmählich lohnen könnte, in Hebelprodukte auf Papiere von Ölproduzenten zu investieren. Garantien dafür, dass diese Überlegung stichhaltig ist, gibt es bei der momentanen Lage an der internationalen Börsen allerdings nicht. Was auch zu bedenken ist: Bei den guten Nachrichten der Deutschen Öl & Gas geht es um ein Engagement in Alaska, die inländische und eher kleine Branche leidet, denn immerhin 2,5 Prozent des in Deutschland verbrauchten Öls wird bis dato direkt hierzulande gefördert. Daher kämpfen deutsche Ölanbieter derzeit mit rapide gesunkenen Erträgen, von Kurzarbeit ist die Rede. Doch es könnten auch andere Zeiten kommen. Die Analyse von Jeremy Baker sollte den deutschen Ölproduzenten Mut machen, und risikobereite Anleger sollten wachsam sein.