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Bald überzeichnet? Run auf die Aktien von Innogy

Schon am ersten Tag der Zeichnungsfrist Aufträge über 4,4 Milliarden Euro! Innogy könnte ein Renner werden, die Aktie könnte mehrfach, ja vielfach überzeichnet sein, wenn sie in Kürze an die Börse kommt. Das sind Euro-Milliarden, die der Konzern bitter nötig hat. Wird die RWE-Aktie durch die Innogy fein raus sein? Oder ist sie danach plötzlich stark überbewertet?

BÖRSE am Sonntag

Schon am ersten Tag der Zeichnungsfrist Aufträge über 4,4 Milliarden Euro! Innogy könnte ein Renner werden, die Aktie könnte mehrfach, ja vielfach überzeichnet sein, wenn sie in Kürze an die Börse kommt. Das sind Euro-Milliarden, die der Konzern bitter nötig hat. Wird die RWE-Aktie durch die Innogy fein raus sein? Oder ist sie danach plötzlich stark überbewertet?

Wenn Prominente ihren Kindern Namen geben, hört die Welt genau hin. Kanye West beglückte mit Tochter North, Nicolas Cage mit dem nach Superman benannten Sohn Kal-El. Und RWE? Nutzte den Prozess der Namensgebung vor einigen Jahren, um möglichst platzsparend die Worthülsen „Innovation“ und „Energy“ zu verwursteln. Das Ergebnis war Tochter „Innogy“, die sich jetzt auch auf Großstadtplakaten einem breiteren Publikum vorstellt. Aber ohne die eigene Mutter zu erwähnen – man will ja nicht vom „Ruhm“ der Eltern leben.

Innogy bietet bis zum 6. Oktober bis zu 139 Millionen Aktien in einer Spanne von 32 bis 36 Euro an. Mit einem Volumen von bis zu fünf Milliarden Euro wäre es der größte Börsengang in Deutschland seit 16 Jahren. Der ist für den Kohle- und Kernkraftkonzern RWE von höchste Bedeutung. Denn die Tochtergesellschaft für erneuerbare Energien und das Netzgeschäft ist die Zukunftshoffnung der RWE. Sie soll Träume verwirklichen, die die Mutter nicht mehr erreichen kann. Und sie soll größer sein als RWE selbst.

Rund 40.000 der insgesamt 60.000 Mitarbeiter „wechseln“ zu Innogy. Denn das bisherige Kerngeschäft der konventionellen Stromerzeugung ist krisengeschüttelt und nicht mehr geeignet, um den Konzern durch die Energiewende zu bringen. Innogy ist in der Vorstellung der RWE-Chefetage hingegen „bunt, flexibel, voller Energie und kreativer Ideen“, meinte CEO Peter Terium im Frühjahr 2016 liebevoll.

Diese Ideen hat sein Konzern bitter nötig. Denn Kohle, Atomkraft und Co. sind keine Erfolgsbringer mehr. Für das Geschäftsjahr 2015 strichen die Essener angesichts eines Verlusts von 200 Millionen Euro erstmals die Dividende. Leidtragende waren auch am Konzern beteiligte Kommunen. Für 2016 sieht das Bild nicht besser aus, RWE rechnet erneut mit Verlusten. Doch zum Jahresende soll an anderer Stelle die Kasse klingeln.

940 Millionen Euro: BlackRock finanziert den Umschwung mit

Die Details zu einem der größten IPOs des Jahres sind nun bekannt. Berichten vom Freitag zufolge hoffen die Vorstände und Aufsichtsräte von Mutter- und Tochterunternehmen, durch den Börsengang bis zu fünf Milliarden Euro einzunehmen. Davon fließen 1,8 bis zwei Milliarden direkt an Innogy, die übrige Summe soll sogleich im Schuldensumpf von RWE versenkt werden oder Verpflichtungen im Rahmen des Atomausstiegs finanzieren. Je nachdem, wie die Innogy-Aktien an der Börse ankommen, will RWE zwischen 1,5 und drei Milliarden Euro einnehmen. Dieses Maximum werde aber nur erreicht, wenn alle Aktien zum Höchstpreis abgenommen und alle Zuteilungsoptionen ausgeschöpft werden, berichtet das „Handelsblatt“.

Die Preisspanne wird von 32 bis 36 Euro je Aktie reichen, teilte der Konzern am Donnerstagabend mit. Das Grundkapital der innogy SE beträgt demnach eine Milliarde Euro und ist eingeteilt in 500 Millionen Stückaktien. Davon sollen zunächst rund 20 Prozent plaziert werden, eine Erhöhung auf 25 Prozent steht im Raum. Einen großen Abnehmer hat RWE schon gefunden: Die „Cornerstone Investoren“ unter der Flagge von BlackRock haben sich Anteile im Wert von 940 Millionen Euro gesichert. 

Elf Prozent in drei Monaten: Jetzt von der Aktie trennen?

Die Auswirkungen des Börsengangs auf die Situation von Mutter RWE sind schwer einzuschätzen. Garantiert ist der Erfolg von Innogy keineswegs. Wichtig wird auch sein, wie das Image der grünen Sparte in den kommenden Wochen ankommt. Der Börsengang wird noch im Oktober erwartet. Am Freitag können die RWE-Aktien nicht von der Nachricht profitieren und liegen mit 0,8 Prozent im Minus. Der Rückfall auf unter 15 Euro ist jedoch im Lichte einer erfolgreichen Woche zu betrachten, in der das Papier insgesamt um über zwei Prozent zulegte. 

Große Skepsis herrscht trotzdem bei der Commerzbank, die RWE nach den jüngsten Kursgewinnen sogar herabgestuft hat. Analystin Tanja Markloff hob das Kursziel in einer Studie vom Freitag zwar von elf auf zwölf Euro an, änderte gleichzeitig aber die Bewertung von „Hold“ auf „Reduce“. Die RWE-Aktie habe in den vergangenen drei Monaten um ganze elf Prozent zugelegt, was auf den geplanten Innogy-Börsengang und eine Erholung der Großhandels-Strompreise zurückzuführen sei. Das ist für Markloff zwar Anlass zu verbesserten Gewinnschätzungen, doch die Aktie hält die Analystin für überbewertet – und rät zum Verkauf.

Marius Mestermann