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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe   Lebensart Partner und damit eine Gefahr für das Wirtschaftswachstum. Während europäische Bauern unter dem Handelskrieg zwischen Russland und dem Westen leiden, weil Putin die Einfuhr von Agrarprodukten aus der EU und den USA gestoppt hat, könnte China nun davon profitieren. Denn die 4300 Kilometer lange Grenze zwischen Russland und China, die im vergangenen Jahrhundert aus ideologischen Gründen häufig Streitpunkt war, eröffnet dem Reich der Mitte jetzt neue Türen. Insbesondere die nordchinesischen Provinzen planen nun so schnell wie möglich Lebensmittel nach Russland zu exportieren. Dazu hat die Staatsregierung kurzerhand zwei neue Zollstationen eröffnet und die Provinzregierung von Heilongjiang grenznah zu Vladivostok mit dem Bau eines Großhandelsmarktes begonnen. Das ist flexibler Kapitalismus und Markwirtschaft vom Feinsten. Mit süßsaurem Beigeschmack. Neben der unausgeglichenen Handelsbilanz sieht sich das „Powerhaus Asiens“ auch internen Problemen gegenüber. Denn das Land ist geteilt. In viele Ethnien, Sprachen und Kulturen. Besonders aber in einen wirtschaftlich starken Ostteil und einen unterentwickelten Westteil des Landes. Seit Deng Xiaoping rund um das Jahr 1980 mit der Reform- und Öffnungspolitik Chinas ökonomische und politische Ausrichtung zum Westen hin öffnete, schafften mehr als 600 Millionen Menschen den Weg aus der Armut. Jedoch leben in China noch immer rund 200 Millionen Menschen mit weniger als einem US-Dollar pro Tag - vornehmlich im ruralen Westen des Landes. Schon eine leichte Aufwertung des Renminbi Yuan - so wie es immer wieder zur Diskussion steht - würde die Bevölkerung in Westchina hart treffen. Das größte Defizit, um eine langfristig positive Entwicklung zu gewährleisten, liegt aber in der fehlenden Innovationskraft. Der „Technology-Faktor“ ist einer der wichtigsten um als Land mittleren Einkommens zu einem Industriestaat aufzusteigen. Südkorea hat dies bereits in den 1980er und 1990er Jahren vorgemacht und somit die middle-income-trap vermieden. Bisher konnte China sich durch billige Produktion auf dem Weltmarkt etablieren. Das allein reicht nun aber nicht mehr um dauerhaft hohe Wachstumsraten zu generieren. Die Erstellung von High-Tech- Gütern kann einer Volkswirtschaft einen enormen Schub geben. Diese Branche ist in der Volksrepublik noch stark unterentwickelt. Denn dort gibt es kein Silicon- Valley, etwa in den Hügeln nördlich von Peking, kein chinesisches Siemens und keine Start-Up-Szene. Zweifelsohne werden in China Unmengen an Technik produziert und exportiert. Meistens sind es aber nur die „einfachen“ Schritte der globalen Wertschöpfungskette, wie das Zusammensetzten von iPhones in großen chinesischen Werken, etwa in der Foxxcon-City Shenzhen. Intelligenz und Innovationskraft kommen aus dem Westen. Alibaba, Baidu oder Weibo sind zwar hocherfolgreiche Internetunternehmen. Doch streng genommen profitieren sie nur von der großen chinesischen Firewall, die den Internetzugang zu ihren westlichen Vorlagen eBay, Google und Twitter blockiert. Fazit Zwei Drittel der Weltbevölkerung leben in Asien. Der Markt ist riesig und die Aussichten sind gut. Doch wenn China nichts an seinem Wirtschaftsportfolio ändert, werden die Wachstumsraten früher oder später stottern. Erste Anzeichen dafür lassen sich aus dem schrumpfendem Wirtschaftswachstum der letzten Jahre bereits ablesen. Am Beispiel der chinesischen Reaktion auf Russlands Boykott von westlichen Agrarprodukten zeigt sich wie flexibel chinesische Unternehmen doch sein können. Immer bedeutender wird in seiner weiteren Entwicklung aber der Faktor Innovation, der in China bisher noch weitgehend fehlt. Aber nur damit kann China langfristig in den Kreis der großen Industrienationen stoßen. WCW Anzeige 11 BÖRSE am Sonntag · 34/1 4 China


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