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Lebensart   AKTIEN & MÄRKTE  unternehmen  fonds   Zertifikate   rohstoffe den Intendanten der Berliner Komischen Oper Barrie Kosky, die kurz vor Beginn der Festspiele zur Überraschung vieler bekanntgegeben wurde. Zu den musikalischen Höhepunkten dieser Festspieledition, die sich im Zeichen umfangreicher Umbauarbeiten am Theatergebäude abspielt, zählen zweifelsohne die Wiederaufnahmen vom Fliegenden Holländer und vom Lohengrin. Beide Werke gehören zu Wagners „romantischen“ Opern, komponiert in Zeiten großer politischer und sozialer Umwälzungen, die jenen ähneln, die wir heute selbst durchleben. Dominierend ist bei beiden das Thema der Liebe in unterschiedlichen Facetten und Akzentuierungen. Wie im wagnerschen Schaffen überhaupt geht es hier auch um die Suche nach Erlösung, nach Erlösung durch die Liebe einer Frau. Der Holländer und Senta, die weibliche Hauptfigur, sind zwei Außenseiter auf der Suche nach „Ruhe aus den Stürmen des Lebens“. Sentas Treue bis in den Tod soll zum Gegenmittel für seine eigene Zerrissenheit in Momenten voller Nöten und Sorgen werden, die Wagners Biographie als glückloser Künstler in Paris widerspiegeln. Der zum ewigen Herumirren auf den Weltmeeren verdammte Holländer, weil er sich weigerte, die Gesetze der Natur zu befolgen, braucht in der nach Realismus trachtenden Inszenierung von Jan Philipp Gogler kein gespenstiges Boot. Unberechenbar und heimtückisch rückt das Meer in den Vordergrund, das sich in der Installation von Christof Hetzer wie ein komplexes Datennetz zeigt. Und der Wind, dem zu trauen gleicht, auf „Satans Erbarmen“ zu „bauen“, wird versinnbildlicht durch kleine weiße Ventilatoren, die Frauen in hellblauen Kostümen vor sich schwenken und in einer modernen Industriewerkstatt in Kartons verpacken. Die Lagerhalle ist das Reich von Sentas Vaters Dalad, eines vom Profitdenken korrumpierten Industriellen, und das – wenig romantische – Liebesnest auf Pappschachteln des Liebespaares zugleich. Assoziationen zur gegenwärtigen, scheinbar nicht steuerbarenglobalen Finanzkrise machen sich auf Anhieb erkennbar in dieser düsteren Geschichte, die von Heines Romanfragment Veranstaltung der Woche Dass etwas weniger Prominenz als üblich zur Premiere am 25. Juli erschienen ist, hat mit Sicherheit nichts mit den auf dem Programm stehenden Opern zu tun. Im Jahr nach einer neuen Auflage des Rings finden traditionsgemäß keine Neuinszenierungen statt und die Wiederaufnahmen der bereits vorgestellten Opern bieten genug Möglichkeiten für eine exklusive Unterhaltung. Gründe für ein Nachlassen des Interesses, das sich auch in einem – wie sonst immer – nicht restlos ausverkauften Theater niederschlägt, sind eher in einem gewissen Unbehagen gegenüber mancher interpretatorischen Exzessen bei den jüngsten Inszenierungen zu suchen, allen voran in Baumgartens umstrittenen Tannhäuser, mit dem die diesjährigen Festspiele eröffnet werden. Offenkundige Missgunst aus den Publikumsreihen hat aber in Bayreuth auch Tradition und dies bereits seit den von Wagner selbst organisierten Festspielen im fernen 1876. Gespannt wartet man nun auf den von Katharina Wagner geplanten neuen Tristan im kommenden Jahr und noch mehr auf die für 2016 angesagte Parsifal Inszenierung des Künstlers Jonathan Meese, der mit seinen Provokationen schon im Vorfeld für Aufsehen sorgte. Neugierig ist man schließlich auch auf die Übernahme der Meistersinger durch Vorheriger Seite: Bayreuther Festspiele 2014 LOHENGRIN Zu den musikalischen Höhepunkten dieser Festspieledition zählen zweifelsohne die Wiederaufnahmen vom Fliegenden Holländer und vom Lohengrin. 27 BÖRSE am Sonntag · 35/1 4


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