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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe   Lebensart Spezial Die Anleger sind nach drei Wochen Kursverlusten hochnervös. An den Aktien- und Rohstoffmärkten machen sich Anflüge von Crash-Stimmung breit, denn neben den großen Sonder-Krisen – Ukraine, Syrien, Ebola – häufen sich schlechte Konjunkturmeldungen. Insbesondere Europa droht ein Rückfall in Rezession und Schuldenkrise, und der mehrjährige Börsenaufschwung scheint in einer gewaltigen Talfahrt zu enden. Die wenigen Optimisten dringen dieser Tage mit ihren Argumenten kaum durch: Dass Amerika auf einem soliden Wachstumspfad laufe, dass auch die Schwellenländer ihren Aufschwung fortsetzten, Deutschlands Wirtschaft wird im ersten Quartal 2015 schrumpfen und Frankreich wird in der Rezession stecken. dass die sinkenden Ölpreise einen globalen Konjunkturschub auslösen könnten, dass die Zinsen noch sehr lange sehr niedrig bleiben dürften und dass sich der Konflikt des Westens mit Russland spürbar entspanne. Mutige Anleger sehen in der jetzigen Korrektur daher die perfekte Einstiegs-Chance; der Rücksetzer sei im Grunde gesund, die Oktoberangst müsse man dagegen als klassische Übertreibung ansehen. Es könne doch noch zu einer überraschenden Jahresendrally kommen. Viel lieber hört man jetzt auf Crash-Propheten, Mahner und Pessimisten - wie etwa Steen Jacobsen, Chefvolkswirt der Saxo Bank. Seine aktuelle Prognose sieh so aus: „Anleihen werden im Jahr 2014 alle anderen Anlageklassen outperformen." Er setzt auf weiter steigende Kurse beim Bund Future – sprich noch weiter sinkende zehnjährige Zinsen in Deutschland und auch in den USA. „Deutschlands Wirtschaft wird im ersten Quartal 2015 schrumpfen und Frankreich wird in der Rezession stecken. Das Wachstum in der Euro-Zone wird bei Null liegen. 2014 ist ein weiteres verlorenes Jahr, was die Wirtschaft und das Ausbleiben von Reformen angeht", betont Jacobsen. Seit der DAX bei 10.000 Punkten gestanden habe seien fallende Kurse angesagt. „Ich glaube immer noch an einen Kursrückschlag von 25 bis 30 Prozent im zweiten Halbjahr, wie ich es schon das ganze Jahr über vorhergesagt habe.“ „Meine wichtigste Prognose bleibt neue Rekordtiefs bei den Zinsen bei zehnjährigen und länger laufenden Papieren im ersten oder zweiten Quartal 2015." Die Deflation werde Investoren klarmachen, dass Europa angesichts der Untätigkeit der Politik und der ausbleibenden Reformen vor einer „Japanisierung" stehe. In der deutschen Öffentlichkeit intoniert diese Art von langfristigem Pessimismus derzeit vor allem einer - der Präsident des Ifo- Instituts Hans-Werner-Sinn. In einer Serie von Interviews, Reden, Talkshow-Auftritten und in einem neuen Buch warnt er die Deutschen vor erheblichen, ja historischen Risiken. Die Euro-Krise drohe akut zurückzukehren: „Angesichts der enorm hohen Jugendarbeitslosigkeit drohen die südeuropäischen Länder eine komplette Generation zu verlieren. Da werden ganze Länder verheizt. Und die Unsicherheit wegen der Ukraine- Krise könnte nun sogar den dritten Abschwung nach der Lehman- Krise in 2008 und der Eurokrise in 2012 provozieren. Auch in Deutschland sinkt ja die Stimmung in der Wirtschaft.“ Sinn wird mit dieser Position zum Mahner des Monats. Besonders kritisch beurteilt er die Lage in Südeuropa. Investoren zögen derzeit im großen Stil Geld aus Italien abgezogen. Im August und September seien nach Berechnungen des Ifo-Instituts insgesamt 67 Milliarden Euro aus dem Krisenland abgeflossen, mahnt Sinn. "Das ist ein alarmierendes Signal. Das sieht schon so ähnlich aus wie 2011." Damals hätten Investoren ähnlich fluchtartig Geld aus dem Land abgezogen, woraufhin es schließlich sogar vorübergehend Geheimgespräche über einen Austritt Italiens aus der Euro- Zone gegeben habe. Sinn kritisiert - so laut wie kaum ein anderer - die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), Krisenländer vor allem in Südeuropa mit niedrigen Zinsen und einem Aufkauf von Staatsanleihen zu stützen. Damit werde ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum verhindert. Zwar rechne er nicht mit einem Auseinanderbrechen der Euro-Zone: "Es ist nicht notwendigerweise der Fall, dass es einen Knall gibt." Doch die Euro-Krise werde immer wieder aufflackern, solange die zugrundeliegende realwirtschaftliche Krise nicht gelöst sei. Es stünde Europa ein "ewiges Siechtum" bevor. Sinn analysiert mit Sorge, dass die Länder Südeuropas seit der Einführung des Euro massiv an Wettbewerbsfähigkeit verloren hätten, weil sie ihre Löhne kreditfinanziert schneller als die Produktivität 09 BÖRSE am Sonntag · 42/1 4


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