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UNTERNEHMEN  Fonds   ZERTIFIKATE  rohstoffe   Denkzeit Lebensart   AKTIEN & MÄRKTE Unternehmen der Woche RWE im Gewittersturm Beim zweitgrößten Energieunternehmen Deutschlands, RWE, sind die Schlagzeilen noch immer vorwiegend negativer Natur. Anfang der Woche belastete eine Steuermeldung die RWE-Führung. Ein dreistelliger Millionenbetrag an Gewerbesteuern soll demnach noch an das Finanzamt überwiesen werden. Ein Blick auf das Ergebnis des ersten Quartals 2015 bereitet auch eher Sorgen als Freude: Allein die Nettoschulden betragen 27,7 Milliarden Euro. Dabei sind sie im Vergleich zu den vorherigen Quartalen schon ordentlich gesunken. Das Betriebsergebnis war mit 1,6 Milliarden Euro mehr als fünf Prozent schlechter als im Vorjahreszeitraum. Zudem ist das Unternehmen von CEO Peter Terium in viele Rechtsstreitigkeiten verwickelt. Trotzdem zeichnet sich seit Beginn dieser Woche eine deutlich positive Trendlinie ab. Seit Montag hat das Wertpapier schon rund 5,5 Prozent dazugewonnen. Auch einige Analysten sehen das Essener Unternehmen auf einem Weg der Erholung. Benjamin Leyre von BNP Paribas erwartet steigende Strompreise und damit steigende Erlöse für die Energieversorger. Des Weiteren sei es recht wahrscheinlich, dass die umfangreichen Gerichtsprozesse im Zusammenhang mit dem Atomausstieg gut für RWE ausgehen dürften. Zusätzlichen Anschub bekam der Aktienkurs gegen Ende der Woche durch eine für RWE erfreuliche Entwicklung bezüglich der Klimaabgabe. Wie das Handelsblatt berichtet, wird es nun zunehmend wahrscheinlicher, dass diese nicht umgesetzt werden wird und dem Konzern vorerst die Schließung vieler RWE-Braunkohlekraftwerke erspart bleibt. Andernfalls hätte RWE vermutlich auch immense Probleme beim Rückbau der Atomkraftwerke bekommen. Denn Peter Terium gab kürzlich zu verstehen, dass es um die Rückstellungen für den Atomausstieg nicht so glänzend aussähe wie bisher immer proklamiert wurde. „Wir brauchen das Geld, das wir in der Braunkohle noch verdienen, um zukünftig die Versprechungen einzuhalten“, so der Vorstandsvorsitzende. Bei derartigen Debatten macht RWE mitunter den Eindruck als würden sie sich der Energiewende so gerne widmen wie ein bockiges Schulkind seinen Hausaufgaben. Eine umfangreiche Reformation des Geschäftes à la E.ON wird bei RWE zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen, sie ist aber nach Unternehmensangaben auch nicht geplant. Ein Blick auf die Internetseiten der Konzerne verrät erstaunlich viel über die Unternehmenseinstellungen. Außer EnBW haben alle vier großen Energieunternehmen zwar seit Längerem ein Kapitel zum Thema Energiewende auf ihrer Website implementiert. Aber die Herangehensweise an das Projekt fällt sehr vielseitig aus. Vattenfall nennt es nüchtern „Energiewende“. Spannender ist aber die Benennung bei E.ON und RWE. Denn die Verantwortlichen bei RWE halten das Thema offensichtlich noch immer mehr für eine Herausforderung als für eine Chance. „Herausforderung Energiewende“ heißt es auf rwe.com. E.ON hingegen nennt das Online-Ressort selbstbewusst und treffend „Energiezukunft“. Fazit E.ON vollzieht eine Kernspaltung und verschreckt damit zwar alle leicht Verschreckbaren. Aber die meisten Beobachter sehen in der Uniper-Ausgründung ein geeignetes Mittel und große Chancen. RWE hat derartige Pläne bisher noch nicht an die Öffentlichkeit gebracht. Dennoch wächst das Energiewende-Bewusstsein in der gesamten Branche merklich. Hin und wieder glänzen die Energiekonzerne mit großen Aufträgen und gewonnenen Rechtsstreitigkeiten. Die Aktiencharts der Versorger senden positive Signale. Vielleicht befinden wir uns gerade am Anfang einer großen Erholungsphase im deutschen Energiesektor. WCW 14 BÖRSE am Sonntag · 21/1 5


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