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UNTERNEHMEN  Fonds   ZERTIFIKATE  rohstofe   Denkzeit Lebensart   AKTIEN & MÄRKTE RWE noch mehr von den Kohlekraftwerken abhängig ist als E.on und die Linderung somit stärker wirkte. Im Laufe des Tages legte das RWE-Papier von 19,30 Euro auf zwischenzeitlich über 20,50 Euro zu (Börse Xetra). Schlagartig war RWE damit an der Börse knapp 747 Millionen Euro mehr wert. Doch schon am Freitag verpuffte ein großer Teil der gewonnenen Marktkapitalisierung wieder, als die Aktie letztlich auf 19,71 Euro zurückging. Auch für E.on blieb am Ende der Woche kaum etwas übrig, denn die Aktie steht weiter bei gut 12 Euro. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum haben beide Energieriesen jedoch extrem an Wert verloren: über 21 Prozent waren es bei E.on, knapp 40 Prozent bei RWE. Die Zahlen für das zweite Quartal stehen bei beiden Unternehmen noch aus. Klar ist aber, dass trotz Strohfeuern wie in dieser Woche die strukturellen Probleme schwer aufs Geschäft drücken. RWE und E.on werden noch immer von horrenden Schulden in Höhe von 27,7 bzw. 31,7 Milliarden Euro geplagt (Stand vom ersten Quartal). Immerhin sind die Rückstände im Vergleich zum Vorjahr gesunken. E.on hat zudem mit seiner neuen Tochter Uniper eine ambitionierte Strategie ins Rollen gebracht. Erneuerbare Energien sind die Zukunft – vor allem, wenn alle anderen Quellen bestraft oder stillgelegt werden. Erst vor einem Monat hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Straßburg entschieden, dass die sogenannte Kernbrennstoffsteuer mit EU-Recht vereinbar und daher in Deutschland möglich sei – bitter für RWE, E.on, EnBW und Co. Als letzte Möglichkeit bleibt nun eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Diese würde sich in eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten der Energiebranche mit der Bundesregierung einfügen. Es geht um Milliarden, die die Unternehmen gut gebrauchen können. Gewinnrückgang trotz der Erfrischung durch Windkraft RWE hat nämlich trotz gestiegenem Umsatz im ersten Quartal deutlich weniger Gewinn gemacht. Das Betriebsergebnis sank um 5,1 Prozent auf 1,63 Milliarden Euro. Für das Gesamtjahr 2015 könnte das Minus laut Prognose sogar bei bis zu 12 Prozent liegen. Schuld ist vor allem die Kraftwerksparte, die wegen niedrigen Großhandelspreisen 23 Prozent weniger verdiente. Hoffnung machten hingegen die Erneuerbaren Energien und da besonders die Windkraft, mit der RWE nun endlich viel Geld verdienen kann. Doch bevor die Anlagen gewinnbringend betrieben oder verkauft werden können, muss der Konzern investieren. Von den Bilanzen vor dem Fukushima-Schock 2011 haben sich die meisten gedanklich schon verabschiedet. Wenn nicht, ist jetzt wohl ein guter Zeitpunkt. Wann und in welcher Höhe die Energiekonzerne die Prämien für ihre Kohlekraftwerke erhalten oder welche Anlagen überhaupt infrage kommen, ist noch unklar. Den Kurssprung der Aktie am Donnerstag nahmen viele Analysten zum Anlass, um RWE eine Neubewertung zu verpassen. Die fiel unterschiedlich aus: Für Adam Dickens HSBC ist die stark positive Reaktion des Papiers unangemessen, denn die Energiebeschlüsse seien erwartbar gewesen. Daher bleibt das Kursziel laut der britischen Investmentbank bei 18 Euro, die Bewertung lautet weiter „Reduce“. Javier Garrido von der US-Bank JPMorgan beließ die Einstufung für RWE auf „Neutral“ mit einem Kursziel von 23 Euro. Er beschreibt das Paket der Parteispitzen als kurzfristige Erleichterung. Mehr Potenzial sieht hingegen Deborah Wilkens von Goldman Sachs: Sie erwartet gerade bei RWE eine deutliche Kurssteigerung und rät daher weiterhin zum Kauf („Buy“). Terium plant nun doch Konzernumbau Nicht miteinbeziehen konnten die Analysten natürlich die Meldung der „Rheinischen Post“ vom Samstagmorgen. Dieser zufolge will RWE seine Konzernstruktur straffen und endlich einige Töchter zusammenlegen beziehungsweise ins Elternhaus zurückholen. In einer Sondersitzung des Aufsichtsrates am 10. August sollen die Pläne vorgestellt werden. CEO Peter Terium steht offenbar unter großem Zugzwang durch die Entwicklung der Märkte wie in der Politik – die obersten Führungskräfte sollen jedoch offenbar ihre Rechte behalten. Kritisch könnte die Konfrontation mit den traditionell mehrheitlich sozialdemokratisch – und damit auch stark gewerkschaftlich – kontrollierten Kommunen werden, die mit 25 Prozent an RWE beteiligt sind. Denn bei Umstrukturierungen geht es meist auch um Standorte und Arbeitsplätze. In Klimafragen tut sich ein Graben auf zwischen vorausschauenden Naturschützern und rückwärtsgewandten Gewerkschaften, besonders, was die Entscheidungen der Bundesregierung angeht. Ihren Einfluss unter Beweis gestellt hat jedenfalls die deutsche Kohlelobby. Statt für ihre jahrelangen Profite mit Kohleenergie die volle Verantwortung zu übernehmen, bekommen die Konzerne noch Prämien auf Kosten der Steuerzahler. Marius Mestermann RWE vs. EON Stand: 03.07.2015 21 BÖRSE am Sonntag · 27/1 5 Unternehmen der Woche


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