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AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS  ZERTIFIKATE  Rohstoffe   Lebensart Kolumne Börse am Sonntag: Heißt das, die Euro- Krise kommt zurück? Ulrich Stephan: Wenn die EU nun die falschen Reflexe zeigt und nicht überlegt handelt, könnte das Wasser auf die Mühlen der Euroskeptiker sein. Für Europa wird das sehr schwierig. Wichtig ist vor allem die Frage, wie stark die politischen Ränder, sowohl von der linken als auch rechten Ausrichtung her, in Zukunft werden. Der Brexit hat bereits die Frage losgetreten, wer der nächste Austrittskandidat ist. In Finnland könnte das genauso ein Thema sein wie in den Niederlanden. Geert Wilders hat bereits ein Referendum gefordert. Auch in Frankreich kann die Stimmung kippen, wie man an Marine Le Pen sehen kann. Ulrich Stephan Chef-Anlagestratege Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank Börse am Sonntag: Wie entwickeln sich Euro und Britisches Pfund jetzt? Ulrich Stephan: Das hängt natürlich von den weiteren wirtschaftlichen und geldpolitischen Entwicklungen ab. Großbritannien hat ein erhebliches Doppeldefizit, sowohl im staatlichen Haushalt als auch bei der Leistungsbilanz. Daher besteht ohnehin schon Druck auf das Pfund. Allerdings wird sich diese Entwicklung aufgrund der Entscheidung zum Austritt beschleunigen, sowohl zum US-Dollar als auch gegenüber dem Euro. Auch eine weitere Abwertung des Euro insbesondere zum US-Dollar halte ich für wahrscheinlich. Wie schnell und wie weit diese Abwertung geht, hängt davon ab, ob die amerikanische Notenbank noch einen oder sogar noch zweit Zinsschritte dieses Jahr unternimmt. Börse am Sonntag: Wenn die Märkte sich wieder beruhigen, sollte man dann Positionen auf- und ausbauen? Ulrich Stephan: Ich glaube durchaus, dass es jetzt Kaufgelegenheiten gibt. Allerdings werden wir unser Kursziel für den Dax von 10.800 Punkten zum Jahresende wohl nach unten anpassen müssen. Börse am Sonntag: Was sollten Anleger nun tun? Ulrich Stephan: Anleger müssen sich weiterhin daran gewöhnen, dass es Renditen ohne Risiko schlichtweg nicht gibt. Auch das Kostolany-Prinzip – Ich lege mein Geld an und dann nehme ich eine Schlaftablette – funktioniert nicht mehr. Im Gegensatz dazu, rate ich Anlegern aktiver zu werden, ihre Allokation auch kurzfristig anzupassen und dabei ihr Geld weiterhin möglichst breit zu streuen. Sie können zum Beispiel ein Stück weit in Unternehmensanleihen investieren, ein Stück weit in Staatsanleihen. Auch in den Entwicklungs- und Schwellenländer kann eine Anlage noch Sinn machen. Stock- Picking ist derzeit das Gebot der Stunde. Die unmittelbare Reaktion auf den Brexit hat klar gezeigt, dass sich die Sektoren Pharma und Basiskonsum in unruhigen Zeiten deutlich besser als der breite Markt entwickeln. Man sollte sich Unternehmen mit nachhaltiger Dividendenausschüttung genauer anschauen. Chancen könnten auch qualitativ gute Werte bieten, die über Gebühr abgestraft wurden. Börse am Sonntag: Lohnt sich ein Blick in die USA? Ulrich Stephan: Die Investmentregion USA ist eine gute Idee. Amerikanische Unternehmensanleihen werfen immer noch 3,5 Prozent Rendite ab – und im besten Fall profitiert man noch vom steigenden Dollar. Auch amerikanische Aktien können als Anlage sinnvoll sein: Die schwanken derzeit weniger stark als europäische Titel. Im S&P 500 waren die Gewinne für dieses Jahr stark nach unten revidiert worden. Das dreht wieder etwas nach oben, auch durch die Entwicklung des Ölpreises. Deswegen und aufgrund des US-Dollar ist die Anlageregion USA durchaus attraktiv. Börse am Sonntag: Und der DAX? Ulrich Stephan: Auch der DAX ist eine Überlegung wert. Wenn die Weltkonjunktur stabil bleibt und es keine weiteren Überraschungen auf politischer Ebene gibt, könnte sich ein Einstieg lohnen. Entscheidend für die Börse wird sein, wie sich die Unternehmensgewinne der DAX-Konzerne entwickeln. Panik ist jedenfalls nie ein guter Berater. Wenn sich der Brexit-Dunst gelegt hat, können sich die Anleger hier wieder positionieren. 03 BÖRSE am Sonntag · 26/1 6


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