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ZERTIFIKATE  rohstoffe   Lebensart   AKTIEN & MÄRKTE  UNTERNEHMEN  FONDS Belgien: Finanzaufsicht schränkt Derivatehandel ein Von Dominic Schorle Seit dem 18. August 2016 schränkt die belgische Finanzaufsicht (FSMA) den Handel mit bestimmten, außerbörslichen OTC („Over The Counter“) Derivaten ein. Dazu gehören Produkte wie CFDs, Forex und Binäre Optionen. Diese Finanzinstrumente können seitdem nur noch ohne Hebel gehandelt werden. Tradern mit offenen Positionen bleibt eine Übergangsfrist von zwei Monaten, um diese zu schließen. Über das Verbot hinaus wurde in Belgien ein umfangreiches Werbeverbot für diese Produkte verhängt. Ausgenommen von diesen Maßnahmen sind Hebelprodukte, die an einer Börse gehandelt werden. Darunter fallen Futures sowie Optionsscheine, Zertifikate oder Turbos. Diese dürfen weiterhin mit Hebel gehandelt werden. Die Hintergründe dieser Entscheidung liegen in einer stetig wachsenden Anzahl von Beschwerden über Anbieter dieser Produkte. Ähnliche Tendenzen zeigt die französische Aufsicht AMF. Hier stellt eine Studie aus dem Jahre 2014 dar, dass über 75 Prozent der Trader der nun in Belgien quasi verbotenen Produkte in den vergangenen vier Jahren Geld verloren haben. Leider liefert die Studie nur wenige Informationen über die einzelnen Kunden und ihr Trading-Verhalten. So fehlen wichtige Informationen zu Trading- Erfahrung, gehandelten Wertpapieren oder auch den verwendeten Hebeln. Gerade diese sind jedoch für eine Einschätzung entscheidend. Hier ist klar hervorzuheben: CFDs und Forex sind sehr risikoreiche Instrumente und nicht für jeden Anleger geeignet. Regulierte Broker weisen auf die Risiken sehr deutlich hin. Leider versprechen aber viele andere Anbieter genau das Gegenteil. Kunden wird mit falschen Werbeversprechen schnelles und einfaches Geld sowie finanzielle Sicherheit und Freiheit verkauft. Sie verleiten (unerfahrene) Trader dazu, mit hohen Einsätzen und hohen Hebeln zu handeln. Der (Total-)Verlust ist quasi vorprogrammiert. Daten anderer Quellen, wie zum Beispiel die seit Jahren veröffentlichten Quartalsdaten der amerikanischen NFA, zeigen, dass zwischen 30 und 45 Prozent der Forex-Trader profitabel anlegen. Hier ist interessant zu wissen, dass in den USA der Hebel für den Forex-Handel auf maximal 1:50 gedeckelt ist. Im Gegensatz zu manchen Angeboten von Hebel 400 oder Hebel 800 wirkt dies geradezu konservativ. Ähnliches gilt auch in Japan (maximaler Hebel 1:25), einem der größten Forex- Märkte der Welt, und in Polen (maximaler Hebel 1:100). Natürlich ist es notwendig, dass die Aufsichtsbehörden Privatkunden vor unseriösen und potentiell gefährlichen Produkten und Anbietern schützen. Allerdings wäre hier eine Differenzierung wünschenswert. Hierzu einmal ein Blick auf die aktuellen Beschwerdestatistiken des französischen Ombudsmann von 2015: Offiziell gab es 228 Beschwerden über regulierte Firmen in diesem Bereich. Dies bedeutet einen Anstieg von 62 Prozent im Vergleich zu 2014. 85 Prozent dieser Beschwerden stammen von Firmen, die über Zypern registriert sind. Diese Firmen können gegebenenfalls nur von der lokalen Aufsichtsbehörde, CYSEC, bestraft werden. Beschwerden über Anbieter aus anderen Ländern Europas (Frankreich, Belgien, England, Deutschland und anderen), die immerhin über 75 Prozent des Marktanteils haben, sind für unter 15 Prozent der Beschwerden verantwortlich, so der Report des französischen Ombudsmann aus dem Jahre 2015. Die Anzahl der Beschwerden über unregulierte Anbieter, für die der Ombudsmann nicht zuständig ist, ist noch um ein vielfaches höher. Dies zeigt, dass die Probleme weniger vom Produkt selbst als von der Wahl des Anbieters/Brokers abhängen. Wenn nun jedoch eine Aufsichtsbehörde ein Produkt faktisch komplett verbietet, nimmt sie sich auch viel Handlungsspielraum. Die Entwicklung der Produkte und Anbieter könnte folglich weitgehend an ihr vorbei gehen. Eine Behörde, die die Produkte annimmt und Dominic Schorle leitet den Kundenservice des CFD-Brokers WH Selfinvest Foto: © slako - Fotolia.com 28 BÖRSE am Sonntag · 35/1 6 Gastbeitrag


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