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BÖRSE am Sonntag | Ausgabe 21

AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART Das große Schreckgespenst der Automobilindustrie ist wieder in aller Munde. Während VW gerade fieberhaft dabei ist, es irgendwie loszuwerden, schaut es nun bei Daimler vorbei: das Diesel- Gate. Und das mit voller Wucht in Form der Stuttgarter Staatsanwaltschaft. Das bei Anlegern gefürchtete Szenario, wonach auch Daimler in großem Stil bei den Abgaswerten seiner Diesel-Fahrzeuge getrickst haben könnte – es wird immer wahrscheinlicher. Die Ermittlungen gegen Daimler laufen schon seit längerem. Sowohl in den USA als auch in der Bundesrepublik. Bei der Stuttgarter Staatsanwaltschaft sind die Abgasmanipulationen deutscher Automobilhersteller bereits seit 2015 ein Thema. Schon damals wurden Ermittlungen gegen Mitarbeiter von Bosch eingeleitet. Der Stuttgarter Autozulieferer hatte Volkswagen mit der allseits bekannten Betrugssoftware ausgestattet. Und mit genau einer solchen Software soll auch Daimler versorgt worden sein. Ebenfalls von Bosch. Nachgewiesen werden konnte dem Unternehmen mit dem Stern auf der Haube bisher wenig bis nichts. Die Abgaswerte einiger Mercedes-Modelle bedürfen allerdings bis heute mindestens einer Erklärung. Da überrascht es nicht, dass sich der Verdacht, dass jene Betrugssoftware vielleicht doch eingesetzt wurde, oder anderweitig im großen Stil manipuliert wurde, nun doch erhärtet. „Betrug und strafbare Werbung“ wird dem baden-württembergischen BÖRSE am Sonntag · 21/17 Titel 07 Autobauer jetzt offiziell vorgeworfen. Was passiert bei Nicht-Kooperation mit den Behörden? Das US-Justizministerium fordert von Daimler schon seit Längerem eine Erklärung hinsichtlich der Abgaswerte verschiedener Modelle. Manch einer mag sich vielleicht noch dunkel daran erinnern, dass es so, vor nicht allzu langer Zeit, auch bei Volkswagen begonnen hatte. Die Wolfsburger waren der Bitte damals nicht nachgekommen. Was angesichts der Tatsache, dass es keine plausible Erklärung gab, auch wenig verwunderlich erscheint. Schon eher verwunderlich wirkt, dass auch Daimler sich bisher nicht erklären oder dann eben den im Raum stehenden Betrug aufklären und eingestehen will. Hat Volkswagen nicht eigentlich recht eindrucksvoll vorgemacht, was passiert, wenn man vor allem den amerikanischen Behörden die Kooperation verweigert? 23 Milliarden Euro hat den Wolfsburgern ihre Schummelei inzwischen schon gekostet. Tendenz steigend. „Bei uns wird nicht betrogen“, sagte dagegen Daimler-CEO Dieter Zetsche noch Anfang 2016. „Bei uns wurden keine Abgaswerte manipuliert.“ Ein bisschen später klang das dann schon ein bisschen anders. Man habe große Spielräume bei der Gesetzgebung gehabt, erklärte Zetsche. Daimler wäre untreu gegenüber seinen Aktionären gewesen, hätte man diese Räume nicht auch genutzt. Auch wenn damit einhergehend nie von betrügerischem und illegalem Verhalten die Rede war: Dass da noch irgendetwas kommen könnte, dessen sollte sich jeder kundige Anleger seit damals bewusst gewesen sein. Sowohl die Aktionäre des Konzerns als auch Daimler selbst. Und wohl auch die breite Öffentlichkeit. Ein Fehlverhalten und ein Skandal à la Volkswagen: das wäre dann aber doch eine besonders negative Überraschung. „Erhebliche nachteilige Auswirkungen“ So dürfte das große Ausmaß der kürzlich durchgeführten Razzien in Berlin, Niedersachsen, Sachsen und Baden Württemberg aus Unsicherheit bei vielen blanke Angst gemacht haben. Und auch wenn der Daimler-Vorstand inklusive seiner Top-Manager bisher nach außen hin ruhig bleibt. Hinter verschlossenen Türen scheint es bereits zu brodeln. So hat man in letzter Zeit verdächtig viele und bedeutende Anwaltskanzleien engagiert. Einige Vorstände haben sich um Anwälte gekümmert. In einem Bericht des Konzerns hieß er bereits, es drohten womöglich „erhebliche Geldstrafen“, was in der Folge „erhebliche nachteilige Auswirkungen auf Ertrags, Finanz- und Vermögenslage“ mit sich bringen könnte. foto © daimler


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