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Wird Baumann der neue deutsche Vorzeige-Manager?

Mit der Übernahme von Monsanto gibt Bayer-Chef Wener Baumann neue Ziele bekannt. Besonders im Pharmageschäft sollen Umsatz und Rendite kräftig steigen, insbesondere bei der Agrarchemie sollen sich die Renditen verbessern. Nach Bekanntwerden der spektakulären Übernahme war die Aktie aus Leverkusen um rund zehn Prozent abgerutscht. Nun gibt sie erstmals wieder ein positives Signal.

BÖRSE am Sonntag

Mit der Übernahme von Monsanto gibt Bayer-Chef Wener Baumann neue Ziele bekannt. Besonders im Pharmageschäft sollen Umsatz und Rendite kräftig steigen, insbesondere bei der Agrarchemie sollen sich die Renditen verbessern. Nach Bekanntwerden der spektakulären Übernahme war die Aktie aus Leverkusen um rund zehn Prozent abgerutscht. Nun gibt sie erstmals wieder ein positives Signal.

Der Leverkusener Chemie- und Pharmakonzern strebt nach Angaben von Reuters in allen Bereichen weitere Umsatz- und Ergebniszuwächse an. Im Geschäft mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sollen diese besonders hoch ausfallen. „Hierzu soll vor allem die erfreuliche Entwicklung unserer neueren Produkte beitragen, deren Spitzenumsatzpotenzial wir jetzt bei insgesamt mehr als zehn Milliarden Euro sehen“, sagte Baumann der Nachrichtenagentur. Bislang waren lediglich 7,5 Milliarden Euro veranschlagt worden.

Das Pharmageschäft bleibe damit auch nach dem Zukauf von Monsanto die tragende Ergebnissäule im Konzern. Bayers Optimismus könnte Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen, die befürchtet hatten, dass das traditionsreiche Pharmageschäft nach der 66 Milliarden Dollar schweren Übernahme des US-Agrarchemiekonzerns ins Hintertreffen geraten werde

Seit 2009 hat Bayer, so Reuters weiter, fünf neue Medikamente auf den Markt gebracht, die teils wie der Blutgerinnungshemmer Xarelto und das Augenmittel Eylea Milliardenumsätze erzielen. Vor allem von diesen beiden Blockbuster-Medikamenten verspreche sich Baumann künftig noch höhere Umsätze als bislang erwartet. Beim Gerinnungshemmer Xarelto gehe er nun von einem Spitzenumsatzpotenzial von mehr als fünf (bisher: etwa 3,5) Milliarden Euro und beim Augenmittel Eylea von über 2,5 (bisher: mehr als 1,5) Milliarden Euro aus. Bayer habe zudem sechs weitere Produkte in der Entwicklung mit einem Spitzenumsatzpotenzial von insgesamt mindestens sechs Milliarden Euro.

Höhere Ziele, stärkere Schwankungen

Bis zum Jahr 2018 soll die bereinigte operative Umsatzrendite, die Ebitda, im Geschäft mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln auf 32 bis 34 Prozent von 30,1 Prozent im vergangenen Jahr steigen. Bayer plant zudem währungsbereinigt ein jährliches durchschnittliches Umsatzwachstum von rund sechs Prozent. Auch das Agrarchemiegeschäft Crop Science peilt eine höhere Rendite an, die im dritten Jahr nach Abschluss der Monsanto-Übernahme auf mehr als 30 Prozent steigen soll.

Fühlbar geringer, wenn auch auf hohem Niveau, soll der Renditezuwachs im Geschäft mit rezeptfreien Gesundheitsprodukten ausfallen: Dort soll die Marge bis 2018 auf etwa 25 von 24 Prozent im vergangenen Jahr steigen. Bayer hatte den Bereich 2014 mit der Übernahme der Gesundheitspräparate-Sparte des US-Pharmakonzerns Merck& Co für gut zehn Milliarden Euro gestärkt. Der Bayer-Vorstand räumte nun ein, dass die Integration des Zukaufs seinerzeit den Geschäftsbetrieb negativer beeinflusst hatte, als zuvor angenommen worden war. Zudem sei das Risiko aus den Schwankungen der Geschäfte in Schwellenländern unterschätzt worden.

Bei Monsanto müssen die Leverkusener nun beweisen, dass sie ihrem Anspruch – umfassende Erfahrungen in der erfolgreichen Unternehmensintegration zu haben – gerecht werden. „Für die mittelfristige Entwicklung von Bayer sind wir optimistisch und haben uns entsprechend ambitionierte Ziele gesetzt“, antwortete Vorstandschef Werner Baumann auf entsprechende Vorhaltungen.

Skepsis bei den Anlegern

Viele Anleger hatten schon seit Bekanntwerden des Übernahmeinteresses gegen die Pläne des Vorstands votiert. Vielen ist der Kaufpreis mit 66 Milliarden Dollar schlicht zu hoch. Sie fürchten, dass der Bayer-Konzern sich mit der Fusion übernehmen könnte. Vor allem deswegen, weil der Deal in erster Linie durch eine Kombination aus Kapitalerhöhung und Fremdfinanzierung gestemmt werden soll.

Ein Problem allerdings bleibt: Bayer sich mit Monsanto ein Unternehmen mit vielen Problemen und dem denkbar schlechtesten Image ins Haus holt. Der Konzern hat aktuell nicht nur Probleme mit der europäischen Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat, das im Verdacht steht, Krebs zu erregen. Auch zunehmende Resistenzen bei Unkräutern sowie die abfallende Nachfrage bei Kleinbauern machten dem Konzern zuletzt zu schaffen. Dazu kommt die anhaltende Kritik von Umweltschützern, deren Reaktion nicht lange auf sich warten ließ. Die „Hochzeit der Giganten“ ist „eine schlechte Nachricht für Bäuerinnen und Bauern weltweit“, heißt es da zum Beispiel. Der Deal wird „die Abhängigkeit von multinationalen Konzernen verstärken“. Viele Anleger, die vor allem die Pharmasparte an Bayer schätzen, könnten daher auf die Idee kommen, dem Bayer-Konzern nun aus ethischen Gründen den Rücken zu kehren.

Die 68er der Agrar-Evoluzzer

Dabei macht die Fusion aus taktischen Gründen Sinn, wie Experten immer wieder betonen. Sie ist nicht zuletzt eine Reaktion auf die vorhergehenden Fusionen der Konkurrenten ChemChina und Syngenta sowie Dow und DuPont. Denn in der Branche wird derzeit mehr fusioniert als bei Stromausfall in einem türkischen Harem. Freie Liebe mit Chemie – es sind gerade sozusagen die 68er der Agrar-Evoluzzer. In diesem Marktumfeld musste Bayer sich besser positionieren, will es langfristig seine Wettbewerbsfähigkeit erhalten.

Doch gerade diese neue Marktstellung als führendes Unternehmen in der Agrarchemiebranche könnte für Bayer gefährlich werden. Denn die Kartellbehörden überall auf der Welt müssen dem Deal zustimmen. Russland und China werden dem neuen Riesen genau auf die Finger schauen, ehe sie ihre Zustimmung erteilen und auch die EU-Kommission hat angekündigt, die geplante Fusion genau unter die Lupe zu nehmen. Der größte Gegenwind dürfte aber wohl aus den USA kommen. Schon jetzt haben sich einige Politiker zu Wort gemeldet, die es gar nicht gerne sehen, dass eines ihrer innovativsten Agrarunternehmen bald unter europäischer Führung stehen soll. Schließlich sind Lebensmittel bei einer stetig wachsenden Weltbevölkerung eine wichtige Ressource, die Kontrolle darüber ein bedeutendes Machtinstrument. Wie wenig überzeugt die Märkte von einer Zustimmung der Kartellbehörden sind, zeigt der Aktienkurs von Monsanto. Obwohl das Angebot von Bayer bei 128 Dollar pro Aktie liegt, wird das Papier derzeit an der Börse lediglich mit 105 Dollar gehandelt.

Bayer hingegen bemüht sich um Zuversicht. Zwei Milliarden muss man Monsanto als Entschädigung zahlen, wenn die Kartellbehörden dem Deal einen Riegel vorschieben. Eine Wette, die die Verantwortlichen sicherlich nicht leichtfertig eingegangen sind. Im Interview mit Spiegel Online verteidigt Konzernchef Werner Baumann zudem den Deal mit Monsanto und verspricht milliardenschwere Synergieeffekte. Versprechung, die Baumann einhalten muss. Sonst könnte der Deal für Aktionäre und Vorstand noch sehr teuer werden. Robin Schenkewitz / sig