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Rohstoffe > Atomkraft

Comeback der Atomenergie?

Die Atomkraft ist seit Jahren ein kontrovers diskutiertes Thema. Während einige Länder aus der Atomstromproduktion ausgestiegen sind, steigern andere Länder ihre Produktion und andere überlegen, erstmalig einzusteigen.

(Foto: Shutterstock)

Eine Analyse von Vontobel

Die Geschichte der Atomkraft

Die zivile Nutzung der Atomenergie als Quelle zur Elektrizitätsgewinnung gelang das erste Mal Ende 1951 in Idaho – damals lediglich, um vier Glühlampen zum Erleuchten zu bringen. In den folgenden Jahren verbreitete sich die Atomkraft über Ländergrenzen hinweg immer weiter. So wurde beispielsweise im Jahr 1961 zum ersten Mal elektrischer Strom aus Kernenergie in das westdeutsche Stromnetz eingespeist. Nach der anfänglich großen Euphorie formierte sich in den 1970ern die Anti-Atomkraft-Bewegung und Nuklearenergie ist seither ein hochkontroverses Thema. 

Ziel Klimaneutralität 2050 und COP28

Bis 2050 sind die EU-Länder fest entschlossen, sich klimaneutral aufzustellen. Der wohl wichtigste Punkt ist hierbei die Energieerzeugung.

Viele Länder setzen neben den erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne auch auf Atomstrom. Auf der Weltklimakonferenz (COP28) im vergangenen Dezember haben 22 Staaten eine Erklärung veröffentlicht, bis zum Jahre 2050 die Kapazitäten der Atomstromproduktion zu verdreifachen. Hierunter finden sich unter anderem die USA, Kanada, Großbritannien und Frankreich. In der Erklärung hieß es, der Atomenergie falle eine Schlüsselrolle zu, wenn es darum gehe, die weltweiten Treibhausgasemissionen auf null zu senken.

Unter den Unterzeichnern befindet sich, trotz der Atomkatastrophe von Fukushima, auch Japan. Das Land der aufgehenden Sonne hat im Mai 2023 beschlossen, seine Atommeiler ohne Laufzeitbeschränkung wieder ans Netz zu nehmen. Dies zielt neben den Klimazielen auch darauf ab, die Abhängigkeit von Öl- und Gasimporten zu verringern. Denn wie Deutschland zählt auch Japan zu den Ländern mit geringem Vorkommen fossiler Brennstoffe, welche naturgemäß abhängig von Importen sind.

Auch Deutschlands Nachbarland Frankreich setzt massiv auf Atomenergie. Während in Deutschland im vergangenen Jahr die letzten Atomkraftwerke vom Netz gegangen sind, ist in Frankreich aktuell der Bau von 14 neuen Reaktoren im Gespräch.

Auch Länder wie Polen wollen in die Atomkraft einsteigen. Ab 2033 will das Land über eigene Kernkraftwerke verfügen. Ein wesentliches Motiv ist hierbei auch, die Abhängigkeit von Energieimporten zu verringern – vor allem im Hinblick auf Russland.

Der EU-Energie-Mix

Auch die EU-Taxonomie hat Kernkraft als CO2-arme Energiequelle anerkannt. Mittels der EU-Taxonomie sollen Investoren unterstützt werden, Wirtschaftstätigkeiten zu identifizieren, welche mit den Umwelt- und Klimazielen im Einklang stehen. Demnach sei die CO2-Emission von Kernkraftwerken im Verlauf des Lebenszyklus nicht höher bzw. sogar niedriger als die CO2-Emission aus erneuerbaren Energiequellen. Somit stehe die Kernenergie beim Übergang zur Klimaneutralität im Einklang mit dem europäischen Green Deal. 

Wie wichtig die Kernenergie ist, zeigt sich auch am EU-Energie-Mix. Hier stammen von den im Jahr 2022 2.641 TWh erzeugten Strom 21,9 Prozent aus der Kernenergie. Fossile Brennstoffe, welche als besonders klimaschädlich gelten, machten im gleichen Zeitraum immer noch 38,7 Prozent der Nettostromerzeugung aus. Gerade im Hinblick auf die emissionsarme Stromerzeugung und den immer wieder schleppenden Ausbau der erneuerbaren Energien wird Atomstrom als wichtiger Bestandteil gesehen, um die Ziele der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.

Auch scheint die Kernenergie, wesentlich sicherer als andere Formen der Energieerzeugung zu sein. So kommen nach einem Bericht von BCA Research, aufgrund von Luftverschmutzung und Unfällen pro Terrawattstunde produzierten Strom lediglich 0,03 Menschen bei der Nuklearenergie um, lediglich die Solarenergie ist niedriger mit 0,02. Kohle hat hier eine Rate von 24,6 und Öl 18,4 pro TWh produzierten Stroms.

Von den EU-Mitgliedstaaten betrieben im Jahr 2022 13 Mitgliedsstaaten Kernkraftwerke, acht hiervon deckten über ein Drittel ihrer Stromerzeugung über die Kernenergie ab.

Deutschlands konträre Position

Während viele andere Länder ihre Atomstromversorgung aus- oder neu aufbauen, geht Deutschland einen diametralen Weg. Am 15. April 2023 ging das letzte deutsche Atomkraftwerk vom Netz. Die Entscheidung hierfür wurde jedoch viel früher getroffen. Nach der Atomkatastrophe in Fukushima kam es zu der Abstimmung, dass bis 2022 stufenweise alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden sollen.

Eine Zentraler Punkt waren Sicherheitsaspekte. Denn die Nutzung von Atomenergie verursacht radioaktive Strahlung, welche Mensch und Umwelt hochgefährlich werden kann, vor allem dann, wenn die hohen Sicherheitsvorkehrungen nicht richtig beachtet werden. So zeigten Fukushima als auch Tschernobyl, wie weitreichend die Schäden und Folgen sein können. Große Bereiche in der Unfallumgebung sind für Menschen auf Jahrzehnte hin unbewohnbar.

Auch die Frage nach dem Endlager ist ein großes Problem. So ist die Endlagerfrage bis heute ungelöst. Denn die Frage des Atommülls endet nicht mit dem Betriebsende der Reaktoren, stattdessen müssen die radioaktiven Abfälle über Jahrhunderte sicher verwahrt werden. Die Suche nach einer geeigneten Endlagerstätte in Deutschland ist immer noch nicht abgeschlossen. Wegen der langen Halbwertszeit einiger radioaktiven Substanzen, sieht die deutsche Gesetzgebung eine sichere Lagerung über eine Million Jahre vor.

Von der Mine in die Steckdose

Der Weg zum Atomstrom beginnt mit dem Abbau von Uranerzen. Experten der World Nuclear Association gehen hierbei von einer gesteigerten Urannachfrage von 30 Prozent bis 2030 und sogar einer Verdopplung bis zum Jahr 2040 aus. Damit könnten besonders Uranabbau-Unternehmen von dem Comeback der Atomkraft und der damit gesteigerten Urannachfrage profitieren.

Uran ist allerdings ein endlicher Rohstoff, im globalen Durchschnitt kommt auf eine Tonne Gestein rund 2-4 Gramm Uran. Damit kommt es immerhin noch 500-mal häufiger als Gold vor. Experten der OECD und UN schätzen aktuell dennoch die verfügbaren Reserven auf nur rund 130 Jahre.

Der nächste Schritt in der Wertschöpfungskette ist die Anreicherung und Fertigung der Brennelemente. Die Brennstäbe kommen dann im Kernkraftwerk zum Einsatz. Hier können sie bis zu sieben Jahre zur Energiegewinnung verwendet werden. Ein Teil des abgebrannten Kernbrennstoffes kann im Anschluss recycelt werden. Das nicht recycelbare Material wird dann in entsprechende Endlager gebracht. Damit der Strom dann schlussendlich auch bei den Verbrauchern ankommen kann, muss er noch in das Stromnetz eingespeist werden. Somit sind mehre unterschiedliche Schritte und damit auch Unternehmen Bestandteil der Wertschöpfungskette.

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