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Boeing und Airbus: Das Risiko fliegt mit

Die Orderbücher der großen Flugzeughersteller sind momentan bis zur letzten Seite beschrieben. Boeing und Airbus kommen den Anfragen kaum noch hinterher und erleben ein goldenes Zeitalter der Flugindustrie. Skeptiker warnen jedoch vor einer Blasenbildung.

BÖRSE am Sonntag

Die Orderbücher der großen Flugzeughersteller sind momentan bis zur letzten Seite beschrieben. Boeing und Airbus kommen den Anfragen kaum noch hinterher und erleben ein goldenes Zeitalter der Flugindustrie. Skeptiker warnen jedoch vor einer Blasenbildung.

Der größte Flugzeughersteller der Welt ist seit Jahresbeginn der beste Wert im Dow Jones. Boeing hat im Jahr 2015 schon 19 Prozent zugelegt. An deutschen Börsen sogar 32 Prozent wegen des starken US-Dollars. Auch der europäische Wettbewerber Airbus zeigt sich von seiner besten Seite. Innerhalb des letzten Jahres hat der Aktienkurs des ehemaligen EADS-Konzerns mehr als 20 Prozent an Wert gewonnen.

Die Analysten überschlagen sich weiterhin mit Lobgesängen. Benjamin Fidler von der Deutschen Bank hat das Kursziel für Airbus auf 76 Euro angehoben. Aktuell steht der Kurs bei rund 61 Euro. Der günstige Euro-Wechselkurs sei positiv für das Unternehmen und mache die Airbus-Aktie besonders attraktiv. Und auch bei der Boeing-Aktie zeigt der Analystendaumen mehrheitlich nach oben. Derzeit Geld in Luftfahrtunternehmen zu stecken, bedeutet, es zu vermehren. Wie lange das noch so gehen wird, ist aber ungewiss. Erste Kritiker-Stimmen werden bereits laut. Von einer Art Dotcom-Blase mit Triebwerken ist die Rede. Die Hersteller kündigten nämlich an, dass sie bei vielen Modellen die monatliche Ausbringungsmenge anheben möchten. Sie wollen in kürzerer Zeit mehr Flugzeuge als bisher produzieren. Solche Nachrichten begeistern Aktionäre und treiben entsprechend die Aktienkurse in die Höhe. Doch genauso schnell kann das Pendel auch wieder umschlagen, wenn Boeing und Airbus ihre hochgesteckten Ziele nicht erreichen.

Von einer Blase will man in den Unternehmenszentralen in Chicago und Toulouse aber nichts wissen. Die Nachfrage sei stark genug, um die Produktionsraten hoch zu halten, erklärt der Airbus Verkaufschef John Leahy. Viel lieber beachten die Hersteller die konstruktiven Worte ihrer Abnehmer. Die Golf-Airline Emirates ist ein guter Boeing- und Airbus-Kunde. Aber auch ein kritischer. Immer wieder ruft der Vorstandsvorsitzende Tim Clark seine Flugzeugbauer zur Modernisierung auf. Oftmals mit Erfolg. Nun macht die Fluglinie aus Dubai wieder Druck – sparsamere Triebwerken für das Großraumflugzeug A380 stehen auf der Wunschliste ganz oben.

Der sanfte Riese

Am Flughafen macht der A380 einen mächtigen Eindruck. In der Luft, so versichern Piloten, fliegt er sich ganz sanft und geschmeidig. In der Presse wird er allzu oft verschrien. In Wahrheit ist er aber ein höchst wichtiges Prestigeobjekt. In diesem Jahr wird der Riesenjet in der reinen Produktion erstmals schwarze Zahlen schreiben. Die Verkaufszahlen des Langstreckenflugzeuges sind bisher aber weit unter den Erwartungen geblieben. Emirates ist der größte A-380-Abnehmer, pocht nun aber vehement auf eine Neuversion des Fliegers. Das würde nicht nur den Airlines Kosten ersparen, sondern könnte für Airbus die Nachfrage wieder ankurbeln. Immerhin feiert das größte Passagierflugzeug der Welt in diesem Jahr schon sein zehnjähriges Jubiläum. Aber ein A380-neo wäre für Airbus mit einer kostspieligen Entwicklungsphase verbunden. Doch CEO Tom Enders erklärt den Riesenjet zur Chefsache und stellt entgegen anders lautender Medienberichte klar: „Eine Einstellung stand und steht nicht zur Debatte.“ 59 Einheiten des A 380 sind bereits Bestandteil der Emirates-Flotte. In den nächsten Jahren soll die Zahl auf 140 Stück anwachsen.

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Das Pendant zum Airbus A380 ist die Boeing 747. Auch die „Königin der Lüfte“ macht ihrem Konzern zu schaffen. Im Jahresbericht begründete der Konzern die unerwartet niedrige Orderzahl mit anhaltendem Preisdruck. Die Nachfrage nach Jumbo-Jets sei wider Erwarten niedrig. Ab September möchte das Unternehmen statt bisher 1,5 Flugzeugen nur noch 1,3 Boeing 747-Modelle pro Monat herstellen. Über die Einstellung des 747-Programms wird in Chicago ernsthaft nachgedacht. Ein großer Nachteil des Jumbo ist in seinem innersten verborgen: das Grundkonzept dieses Flugzeuges ist, allen Nachbesserungen zum Trotz, beinahe 50 Jahre alt. Für die gerade mal knapp über ein Jahrhundert alte Luftfahrt ist das ein sagenhaftes Alter!

Luftfahrtexperten prognostizierten jahrelang eine goldene Zukunft für die Riesenjets, seien es der elefantenalte Jumbo oder das ungezogene Riesenbaby, der A 380. Nun scheint sich auf dem Flugzeugmarkt aber die nächst kleinere Kategorie größerer Beliebtheit zu erfreuen. Zweistrahlige Langstreckenflieger des Typs A350 von Airbus oder 777 von Boeing gelten als wesentlich sparsamer und praktikabler. Sie sind die Kassenschlager der Unternehmen. Bei Airbus machen die Langstreckenflieger – den A380 ausgenommen – inzwischen schon 17 Prozent aller Auslieferungen aus. Die Boeing 777-er werden teilweise im selben Hallentrakt wie der Jumbo-Jet 747 hergestellt und sind dennoch gleichzeitig die größte Konkurrenz für die einstmals alleinregierende, nun aller steinalte Königin der Lüfte.

Dass Flugzeuge verspätet an die Kunden ausgeliefert werden, ist in der Luftfahrtbranche keine Seltenheit. Doch dass es jüngst häufiger an der Bestuhlung des Flugzeuges lag, stört die großen Hersteller gewaltig. Beide Konzerne werden vom französischen Sitzhersteller Zodiac Aerospace beliefert und beide Hersteller senden jetzt eigene Ingenieure in die Zodiac-Werke, um den Produktionsablauf zu optimieren. Die Produktionszyklen der Flugzeughersteller sind eng getaktet. Alle Zulieferer müssen verlässlich produzieren - sonst wird es für Boeing und Airbus teuer. Diese unerfreulichen Zusatzkosten hielten sich bei den Herstellern aber in jüngster Vergangenheit noch in Grenzen.

Auch der Blick auf die Dividenden verrät, dass es den Konzernen gut geht. So möchte Airbus in diesem Jahr 1,20 Euro an seine Aktionäre ausschütten. Das entspricht bei aktuellem Kurs einer Rendite von fast zwei Prozent. Boeing-CEO James McNerney belohnt seine Anleger immerhin mit 0,91 US-Dollar pro Aktie.

Fazit

Die Aktienperformance und die Geschäftszahlen der Luftfahrtriesen sind prächtig: Die Orderbücher von Airbus und Boeing sind auf Jahre hinaus gefüllt. Die Flugzeugbauer lassen einen Jet nach dem anderen vom Band und freuen sich über satte Gewinne. Das Konzept der Riesenjets muss jedoch überdacht werden, weil die hauseigene Konkurrenz zu stark ist. Zweifler wähnen eine turbulente Blase am Horizont. Doch einiges spricht dafür, dass diese umflogen werden kann. Marktprognosen geben den optimistischen Unternehmensplanungen recht. Der Flugmarkt ist weiterhin ein aufstrebender. Besonders die Schwellenländer sollen in den nächsten 20 Jahren Markttreiber und Erfolgsgarant sein. Boeing und Airbus sind sich ausnahmsweise einig. Und zwar in ihrer guten Entwicklung.

WCW