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Netflix auf dem Sprung zum Global Player

Der Chart der Netflix-Aktie weist aktuell einen gehörigen Zick-Zack-Kurs auf. Dabei leidet das Papier des Streamingdienstes vor allem unter der Offensive der Konkurrenten: Time Warner und Amazon wollen sich ein großes Stück vom milliardenschweren Wachstumsmarkt sichern. Doch während die sich erst etablieren müssen, hat Netflix schon die großen Geldtöpfe im Visier.

BÖRSE am Sonntag

Der Chart der Netflix-Aktie weist aktuell einen gehörigen Zick-Zack-Kurs auf. Dabei leidet das Papier des Streamingdienstes vor allem unter der Offensive der Konkurrenten: Time Warner und Amazon wollen sich ein großes Stück vom milliardenschweren Wachstumsmarkt sichern. Doch während die sich erst, vor allem in den USA, etablieren müssen, hat Netflix schon die ganz großen Geldtöpfe im Visier.

Wie viele andere „hippe“ Unternehmen an der Börse hat auch der Streamingdienst Netflix einen Markt für sich entdeckt, der als zukunftsweisend gilt: Das Online-Fernsehen. Die Branche gilt unter Experten vor allem deswegen als attraktiv, weil gerade die junge Zielgruppe der bis zu 30-Jährigen das Internet immer mehr als Plattform für Filme und Serien nutzt. So kann sich derzeit etwa ein Fünftel der potenzielle Kunden vorstellen, in Zukunft ganz auf das Fernsehen zu verzichten und durch Streamingdienste wie Netflix zu ersetzen. Bereits im Jahr 2014 hatte Netflix gemessen an den Nutzerzahlen mehr Zuschauer als jeder herkömmliche Fernsehsender in den USA.

Konkurrenz lässt Wachstumserwartungen schmelzen

Entsprechend groß ist damit auch das Umsatzpotenzial in der Streamingbranche. Und das hat nun auch die etablierten Unternehmen auf den Plan gerufen. Netflix bekommt es nämlich seit neuestem mit finanzstarken Konkurrenten zu tun: Amazon, Time Warner und auch der Google Nachfolger Alphabet haben ihre Ambitionen angemeldet. So wird beispielsweise das Angebot des Internethändlers „Amazon Prime Instant Video“ mit Verpflichtungen wie Woody Allen und neuen exklusiven Produktionen immer attraktiver. Gleichzeitig kommen mit Youtube Red und Time Warners „HBO Now“ gleich zwei neue Dienste auf den Markt. Gerade HBO, bekannt für Serienhits wir Game of Thrones, verspricht sich nach dem Start im Frühjahr 2016 einen großen Zulauf an Kunden.

Hier kann Time Warner sicherlich von der bereits großen Fangemeinde aus dem Fernsehen und der breiten Palette an vorhandenen Eigenproduktionen profitieren. Mit der Verpflichtung von Jon Stewart, einem der bekanntesten Anchorman im amerikanischen Kabelfernsehen, konnte Time Warner zudem einen Verhandlungserfolg gegenüber dem klassischen Fernsehmärkten verkünden.  Darüber hinaus berichtete das Wallstreet Journal am Donnerstag, dass Time Warner sich auch bei dem schon etablierten Streamingdienst Hulu einkaufen will. Die bisherigen Anteilseigner Fox, Walt Disney und NBCUniversal sollen sich laut Angaben des Blattes bereit erklärt haben, ihre Anteile zu verringern, sodass am Ende alle vier Unternehmen jeweils 25 Prozent an Hulu halten. Die Aktie von Netflix gab daraufhin um fast fünf Prozentpunkte nach.

Fest steht mit den Ankündigungen schon jetzt, dass mit den neuen Diensten der Markt neu geordnet werden wird. Schließlich sind weder Alphabet noch Time Warner oder Amazon dafür bekannt, dass sie neue Projekte ohne eingehendes Kalkül in die Wege leiten. Zudem steckt bei allen drei Konzernen die nötige Finanzkraft im Hintergrund, die sie auch anfängliche Durststrecken überwinden lassen.

Amazon, Alphabet und Time Warner könnten zudem von der aktuellen Schwäche von Netflix profitieren. Nach den jüngsten Quartalszahlen war die Aktie des Marktführers zeitweise um 15 Prozent abgestürzt. Grund war die nachlassende Nachfrage unter den amerikanischen Zuschauern. Zwar konnte Netflix immer noch einen beachtlichen Zuwachs von 880.000 Abonnenten auf dem Heimatmarkt verkünden, blieb damit aber deutlich hinter den eigenen Erwartungen von 1,15 Millionen neuen Kunden zurück. Analysten erklärten den Rückgang damit, dass die neuen Angebote der Konkurrenz Netflix weniger attraktiv machten. Das Unternehmen selbst hingegen sprach von „unfreiwilligen Kündigungen“, die durch die in den USA gerade stattfindende Umstellung des Kreditkartensystems auf Chipkarten verursacht worden sein soll. Auf kritische Nachfrage mussten die Verantwortlichen allerdings zugeben, dass wohl doch „verschiedene Faktoren“ zu den verhaltenen Wachstumszahlen geführt haben.

Internationales Geschäft verleiht Aktie Flügel

Nichtsdestotrotz befindet sich die Aktie seitdem allgemein gesehen wieder im Aufwind. Und das verdankt Netflix seinem erfolgreichen Geschäft außerhalb der USA. Im vergangenen Quartal übertraf das internationale Wachstum mit 2,74 Millionen neuen Nutzern sogar die eigenen Erwartungen von 2,4 Millionen. Sollte sich das Wachstum wie erwartet im letzten Quartal 2015 noch einmal auf 3,5 Millionen steigern, hätte Netflix in diesem Jahr 11 Millionen Neukunden außerhalb der USA dazugewonnen. Das sind fast doppelt so viele wie das Unternehmen für den heimischen Markt erwartet.

Die Zuwächse sind ein Resultat der aggressiven Expansionsstrategie von CEO Reed Hastings. Zuletzt war das Unternehmen in Japan, Portugal, Spanien und Italien an den Start gegangen. Im Frühjahr sollen die asiatischen Staaten Südkorea, Hongkong, Taiwan und Singapur folgen. Zudem sucht Netflix gerade aktiv nach neuen Mitarbeitern im Mittleren Osten. Damit wären fast alle wichtigen Industrienationen von Netflix abgedeckt. Bis spätestens Ende 2016 soll Netflix dann auf der ganzen Welt etabliert sein, geht es nach Hastings. Einzig der Launch in China scheint sich noch zu verzögern. Der ebenfalls für das Frühjahr geplante Start musste verschoben werden. Neuigkeiten hierzu sind noch nicht bekannt.

Gerade mit seiner Präsenz auf dem internationalen Markt ist Netflix seinen Konkurrenten weit voraus. Zwar wirft das internationale Geschäft aktuell noch keine Gewinne ab, doch dies liegt nach Meinung von Experten noch an den Startschwierigkeiten. So verschlang das internationale Marketing rund 26 Prozent der Streaming-Einnahmen. Zum Vergleich: In den USA sind es nur noch sieben Prozent. In Kanada, dem ersten Land in dem Netflix außerhalb der USA aktiv war, soll der Prozentsatz in einem ähnlichen Bereich liegen. Würde man das auf die internationalen Märkte im vergangenen Quartal übertragen, hätte Netflix einen Deckungsbeitrag von 30 Millionen US-Dollar erwirtschaften können statt Verluste in Höhe von 67 Millionen US-Dollar zu schreiben. Sollte sich der Wachstumstrend also nachhaltig bestätigen, könnte Netflix schon 2017 Gewinn aus dem internationalen Geschäft ziehen und sich endgültig als Global Player etablieren. Frei nach dem Motto ihres Serienstars Frank Underwood aus House of Cards: Die Spitze ist gerade gut genug. Robin Schenkewitz