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Adidas: Die Hater sind schon da

Die Aktie des deutschen Sportartikelherstellers Adidas hat sich vom Sommer-Schock des letzten Jahres erholt. Im ersten Quartal 2015 verbesserte sich der Umsatz des Konzerns, zudem liefen neue Kampagnen an. Doch wie die jüngste Kritik mancher Aktionäre bei der Hauptversammlung zeigt, ist Adidas noch nicht auf Kurs.

BÖRSE am Sonntag

Die Aktie des deutschen Sportartikelherstellers Adidas hat sich vom Sommer-Schock des letzten Jahres erholt. Im ersten Quartal 2015 verbesserte sich der Umsatz des Konzerns, zudem liefen neue Kampagnen an. Doch wie die jüngste Kritik mancher Aktionäre bei der Hauptversammlung zeigt, ist Adidas noch nicht auf Kurs.

Für deutsche Konzerne ist es längst gang und gäbe, in Werbekampagnen auf flotte, englische Slogans zu setzen. Besonders, wenn man ein international tätiges Unternehmen wie Adidas ist. Die Herzogenauracher versuchen nach dem schwierigen Geschäftsjahr 2014, ihr Image attraktiver zu gestalten und sich stärker von der Konkurrenz abzugrenzen. Mit den Fußballstars Gareth Bale, James Rodríguez, Luis Suárez und Karim Benzema will Adidas klarstellen, dass die neuen Produkte für Erfolg und starke Persönlichkeiten stehen. Wann immer jemand besonders hervorsticht, werde es Andere geben, die ihn dafür hassen: „there will be haters“ lautet das Motto. Adidas selbst konnte sich im letzten Jahr nicht zu den Superstars zählen. Im DAX war der Konzern unter den großen Verlierern.

Vielfach wurde das Unternehmen für eine unklare Strategie und die mangelnde Fähigkeit, selbst Trends zu setzen, kritisiert. Nicht einmal die Fußball-Weltmeisterschaft, die mit dem DFB-Team ein Adidas-Partner gewann, konnte die Krise beenden. Die Sanktionen gegen Russland, wo Adidas Marktführer ist, sowie Währungseinbrüche in wichtigen Ländern wie Brasilien und Argentinien lasteten schwer auf dem Umsatz. Eine Steigerung um zwei Prozent auf 14,5 Milliarden Euro – das war bei weitem nicht genug. Zu Beginn des neuen Jahres ließen sich dann wieder positive Tendenzen ablesen. Mit neuen, großangelegten Kampagnen und dem Versprechen von Besserung ging es auch an der Börse aufwärts – die gehassten Fußballer waren nur ein Teil davon.

Investoren kritisieren das Management scharf

Innerhalb von drei Monaten hat sich die Adidas-Aktie nun auf über 70 Euro zurückgekämpft und fand zuletzt auch bei Analysten wieder Zuspruch. Doch anders als in der Werbung kommen die „Hater“ schon, bevor der Erfolg wirklich eingesetzt hat. Denn bei der Hauptversammlung am fünften Mai setzte es harsche Kritik an der Unternehmensführung unter Herbert Hainer. Der Vorstandsvorsitzende und seine Top-Manager hätten zu spät auf Probleme wie den Abwärtstrend am Golfmarkt reagiert. Insgesamt habe der Glanz der Marke Adidas gelitten, bemängelte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Auch mit der gestiegenen Gehaltszahlung an Herbert Hainer (2014: 5,8 Millionen Euro) war sie nicht einverstanden. In einem Krisenjahr wie dem letzten sei das schlechtes Timing. Die Hater sind schon da. Dabei konnte Hainer durchaus erfreuliche Ergebnisse für das erste Quartal 2015 präsentieren.

Die Adidas-Gruppe mit den Hauptmarken adidas, Reebok und TaylorMade erzielte von Januar bis März einen Umsatz von 4,08 Milliarden Euro. Das bedeutete im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eine beachtliche Steigerung um 17,3 Prozent, währungsbereinigt waren es neun Prozent. Mehr als ein Viertel des Umsatzes wurde in Westeuropa erwirtschaftet, Nordamerika war mit rund 14 Prozent nur viertgrößter Markt. Die wichtigste Produktsäule waren im ersten Quartal mit deutlichem Abstand Schuhe: Hier stehen knapp 2,09 Milliarden Euro zu Buche. Einen kleinen Rückgang um ein Prozent musste Adidas im Bereich Zubehör verkraften. Die große Mehrheit der Produktneuheiten lief unter der Marke adidas, so etwa ein neuer „F50 Messi Fußballschuh“  und der offizielle Spielball des Champions League Finals in Berlin. Auch Reebok und TaylorMade führten neue Produkte ein. Am Ende des Quartals stand ein Gewinn von 221 Millionen Euro, acht Prozent mehr als Anfang 2014.

Wohltuende Aufmerksamkeit im Netz

Das Wachstum des Adidas-Konzerns wurde im ersten Quartal von einer guten Entwicklung im Einzelhandel unterstützt. Im eCommerce konnte gar ein währungsbereinigter Umsatzanstieg von 56 Prozent erreicht werden. Adidas will mit seinen Strategien besonders junge Menschen über die für die Zielgruppe wichtigsten Kanäle erreichen. Das YouTube-Video zur Hater-Kampagne mit Bale und Co. wurde innerhalb eines Monats 16 Millionen Mal angeklickt und von über 97 Prozent der Nutzer positiv bewertet – ein echter viraler Erfolg für die Herzogenauracher. Ob es allerdings an den knallroten Fußballschuhen liegt, die im Spot insgesamt vielleicht drei Sekunden zu sehen sind, oder an der Verknüpfung der Fußballstars mit Privatinseln, -jets und Frauen, ist eine andere Frage. Eins ist sicher: Adidas hat sich mithilfe dieser und anderer Kampagnen wieder die Aufmerksamkeit junger, potenzieller Kunden gesichert.

Dennoch kommt der Konzern noch lange nicht an Nike heran. Die Amerikaner aus Beaverton, Oregon übertreffen Adidas auch im Internet und haben beispielweise drei Millionen Facebook-Likes mehr als der deutsche Konkurrent. Auch wirtschaflich stünden sie besser da, kritisierte kürzlich Gerhard Jäger von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK). Für den Vorstandsvorsitzenden Herbert Hainer kann es in dieser Lage nur einen Weg geben: Nach vorne schauen. Denn wenn das Katastrophenjahr 2014 erst vergessen ist, will Adidas endlich wieder durchstarten. Hainer schreibt im Quartalsbericht an die Investoren: „Unser neu ausgerichtetes, konzernweites Leistungsbewertungssystem unterstreicht, dass wir uns künftig auch am Urteil unserer Konsumenten messen. Diese neue markenfokussierte Einstellung wird nicht nur das Ansehen unserer Marken auf eine neue Stufe heben, sie wird letztendlich auch ein wichtiger Stellhebel für den Umsatz und die Profitabilität des Konzerns sein.“

Aktie im Seitwärtstrend – Analysten uneinig

Dass Adidas weiterhin Gewinne machen kann, bezweifelt wohl niemand. Aber in der Welt des Sports geht es eben oft darum, wer schneller, höher, weiter kann – wie an der Börse. Die Aktie des Sportartikelherstellers verlor nach der Hauptversammlung mehrere Euro an Wert. Innerhalb von zwei Tagen ging es abwärts bis auf zwischenzeitlich 71,70 Euro, bevor sich das Papier wieder fing und die Kursverluste zum Wochenausklang teils kompensierte. Über die letzten Wochen gesehen blieben die Schwankungen eine Fortsetzung der Seitwärtsbewegung, die Aktie schloss am Freitag bei knapp 74 Euro. Für die Privatbank Berenberg war das kein Zeichen für Entspannung. Analystin Zuzanna Pusz hob zwar das Kursziel auf 65 Euro an, beließ Adidas aber auf „Sell“. Ihrer Einschätzung zufolge zeige der Konzern gute Tendenzen und profitiere von günstigen Währungseffekten, doch schwierigere Quartale stünden bevor.

Adrian Rott von der Deutschen Bank blieb bei der Einstufung „Hold“ und einem Kursziel von 77 Euro. Für 2015 erwartet er ein Ergebnis am oberen Ende der Unternehmensziele – Adidas hofft, den Umsatz im mittleren einstelligen Bereich steigern zu können. Die Aktionäre des Konzerns können derzeit froh sein, dass sich das Papier einigermaßen stabilisiert hat. Ein sprunghafter Kursanstieg ist nicht sehr wahrscheinlich, eine langsame Steigerung allerdings aufgrund der positiven Signale gut möglich. Das 53.000-Mitarbeiter-Unternehmen darf sich nämlich seit kurzem mit dem dritten Platz im Index „Global 100 Most Sustainable Corporations in the World“ schmücken. Nike sucht man in dem Ranking vergeblich. Die Auszeichnung ist eine fürs Selbstvertrauen, und das braucht man auch, um gegen die „Hater“ gefeit zu sein.  

Marius Mestermann