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Die Amerikaner kommen: FedEx greift an

Wer ist der beste Lieferant im ganzen Land? FedEx will TNT schlucken und Europa erobern. Die Deutsche Post gibt sich betont lässig und verweist auf die Probleme, die solche Übernahmen mit sich bringen.

BÖRSE am Sonntag

Wer ist der beste Lieferant im ganzen Land? FedEx will TNT schlucken und Europa erobern. Die Deutsche Post gibt sich betont lässig und verweist auf die Probleme, die solche Übernahmen mit sich bringen.

Manchmal genügt nur ein kurzer Blick auf den Kurschart und man weiß: Irgendetwas Besonderes ist passiert. Der Titel von FedEx kletterte zu Beginn der Woche um knapp vier Prozent nach oben. Grund war die Ankündigung des US-Logistikkonzerns, den niederländischen Konkurrenten TNT zu übernehmen. FedEx bot acht Euro je TNT-Aktie, die noch vor Ostern bei sechs Euro geschlossen hatte. TNT ist damit 4,4 Milliarden Euro wert. Für den Übernahmekandidaten ging es noch ein paar Etagen höher: Die TNT-Anteile raste um knapp 30 Prozent aufwärts.

Dass der Greenback gegenüber dem Euro in den vergangenen Monaten deutlich zugelegte, spielt FedEx in die Karten. Und sollten die Brüsseler Wettbewerbshüter dem Milliardendeal zustimmen, werden die Amerikaner zweitgrößter Spieler auf dem europäischen Express-Markt – hinter der Deutschen Post mit DHL Express. FedEx und TNT zeigen sich überzeugt, dass die Aufsichtsbehörden für den anvisierten Zusammenschluss grünes Licht geben werden. In den relevanten Märkten seien die Wettbewerber stark genug, hieß es zur Begründung. Die Neuigkeiten aus der Logistik-Branche stellten die Börse kurzzeitig auf den Kopf. Während das Handelsblatt vom „Angriff auf die Deutsche Poste“ sprach, legte die Post-Aktie am Dienstag um 2,5 Prozent zu. Experten betonen, der DAX-Konzern müsse nun nach Möglichkeiten suchen, um seine Wettbewerbsposition zu verteidigen. Zwar sei die Post durchaus in der Lage, ihre Weltmarktstellung weiter auszubauen. Voraussetzung sei jedoch, dass sie dafür mehrere Milliarden Euro in die Hand nehme.

FedEx weltgrößte Frachtfluggesellschaft

Die Post hat es mit einem ernstzunehmenden Mitbewerber zu tun. Zu FedEx gehören rund 300.000 Mitarbeiter. Die Luftfracht-Division ist die größte Frachtfluggesellschaft der Welt. Der Konzern erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 45,5 Milliarden Dollar, der Nettogewinn lag bei 2,1 Milliarden Dollar. In Europa beläuft sich der Umsatz jährlich auf rund sechs Milliarden Euro, was einem Marktanteil von rund zwölf Prozent entspricht. Auf dem heimischen US-Markt ist man Marktführer mit 46 Prozent bei einem Volumen von rund sieben Milliarden Dollar. In Asien, dem dritten großen globalen Markt mit einem Volumen von geschätzt 6,5 Milliarden Euro, hat FedEx einen Marktanteil von 20 Prozent.

Die geplante Übernahme sorgt für Kursfantasie. UBS-Analyst Thomas Wadewitz beurteilt die geplante Akquisition als erfreulich für FedEx. TNT Express ergänze das globale Netzwerk der Amerikaner dank des Europa-Geschäfts gut. Sie würde die Position von FedEx in Europa stärken, wo TNT Express im Straßentransport von Paketen stark ist und im belgischen Lüttich ein Drehkreuz betreibt, das auch weitergeführt werden soll. Umgekehrt würden die TNT-Kunden laut den Firmenangaben von der starken Stellung von FedEx in anderen Weltregionen profitieren.

Analysten zuversichtlich für FedEx

Angesichts der besseren Stellung in Europa äußern sich auch andere Beobachter positiv zu dem Deal. Die Niederländer seien ein logisches Übernahmeziel für FedEx, meint Andre Mulder, Analyst bei Kepler Cheuvreux. FedEx habe bislang ein Problem in Europa. Anstatt das Netzwerk selbst langfristig unter großen Mühen auszubauen, könne das Unternehmen nun die Position auf einen Schlag deutlich erweitern.

Im Jahr 2013 waren TNT und FedEx die Nummer zwei und drei auf dem europäischen Markt für internationales CEP-Geschäft (Courier, Express, Parcel) mit einem Anteil von zwölf beziehungsweise fünf Prozent. DHL kam auf 19 Prozent und UPS auf 16 Prozent. Sowohl FedEx als auch TNT wiesen darauf hin, dass sich die beiden Unternehmen gut ergänzen würden und wenige Überschneidungen hätten. Der regionale Europa-Hauptsitz der fusionierten Unternehmen soll in Hoofddorp bei Amsterdam angesiedelt werden. Das Airline-Geschäft von TNT Express wird abgestoßen. Die Übernahme soll im ersten Halbjahr 2016 geschlossen werden.

Während FedEx rentabel wirtschaftet, kommt TNT nicht aus den roten Zahlen heraus. Das österreichische Wirtschaftsblatt titelt etwa im Zusammenhang mit dem Übernahmeangebot: „Viel Geld für verlustreiche Braut.“ Seit sich 2011 TNT NV in TNT Express (Express-Dienstleistungen) und Post NL (Postversand) aufgespalten habe, schreibe TNT jedes Jahr Verluste. In den vergangenen drei Jahren seien die Fehlbeträge sogar sukzessive größer geworden. Im vergangenen Jahr summierte sich der Verlust auf 195 Millionen Euro, der Umsatz ging um drei Prozent auf 6,7 Milliarden Euro zurück. Im Februar hatte Firmenchef Tex Gunning von einem „herausfordernden Übergangsjahr 2015“ gesprochen. Das Marktumfeld in Westeuropa werde von hohem Konkurrenzdruck geprägt.

Deutsche Post zeigt sich unaufgeregt

Aus deutscher Anlegersicht ist stellt sich die Frage, welche Folgen der FedEx-Deal für die Aktien der Deutsche Post hat. Ist in Europa Platz für beide Logistik-Riesen? Während die einen davon ausgehen, dass die Post weiterhin die erste Geige spielt, glauben die anderen, dass der Kuchen für die Bonner sichtbar kleiner wird. Die amtlichen Statements der Deutschen Post klingen betont lässig. Die Integration solch großer Zukäufe mit unterschiedlichen Kulturen verlaufe nicht immer glatt, meinte ein Sprecher des Konzerns.

Das führe bei Mitarbeitern wie auch bei Kunden und Partnerunternehmen zu Unruhe. Gerade im Expressgeschäft könnten sich Kunden daher umorientieren. Die Post sehe sich „das in Ruhe an“. Zunächst seien die Kartellbehörden am Zuge. Eine Übernahme von TNT Express durch US-Weltmarktführer UPS war 2013 am Widerstand der Kartellbehörden gescheitert. Damals hatte UPS 5,2 Milliarden Euro geboten – 800.000 Dollar mehr als FedEx jetzt.