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Qiagen: Mehr als nur ein kurzes Aufbäumen?

Die Aktienkursentwicklung der niederländischen Biotechnologiefirma machte in den vergangenen Wochen keine Freude. Seit Juni zeigte sich eine heftige Korrektur, sodass das Papier vom Hoch im bisherigen Jahresverlauf 2010 bis zum Zwischentief in der Vorwoche fast ein Drittel an Wert verloren hatte. Jüngst gab es jedoch eine kräftige Gegenbewegung, die womöglich mehr ist als nur ein kurzes Aufbäumen.

BÖRSE am Sonntag

Eine nachhaltige Aufwärtsbewegung ist angesichts der aktuellen charttechnischen Konstellation durchaus vorstellbar. Durch den Einbruch seit Juni hatte sich der Kurs der langfristigen Aufwärtstrendlinie genähert, die aus der Verbindung der Zwischentiefs von Oktober 2002 und Oktober 2008 resultiert. Kurz vor Erreichen diese Linie drehte er jedoch wieder nach oben. Mit dem jüngsten Aufwärtsimpuls scheint diese Linie somit gänzlich verteidigt worden zu sein. Zwar ist ein erneuter Test nicht ausgeschlossen und ein nachhaltiger Bruch wäre negativ zu bewerten, das Papier scheint an der Aufwärtstrendlinie jedoch gut abgesichert. Durch einen hiervon ausgehenden Anstieg könnte zunächst der Widerstand im Bereich von 14,85 Euro als erstes Kursziel in den Fokus rücken. Anschließend stellen dann die Marken 16,44 und 17,87 Euro weitere potenzielle Anlaufstellen dar. Damit ergibt sich aus charttechnischer Sicht ein gutes mittelfristiges Chance-Risiko-Verhältnis. Eventuelle Long-Positionen sind dabei knapp unter der Aufwärtstrendlinie abzusichern.

Neue Kooperation

Neben den charttechnischen Aspekten ist Qiagen auch fundamental interessant. Als jüngster Kurstreiber erwies sich wohl die Nachricht über eine Allianz mit dem US-Pharmakonzern Abbott Laboratories. Qiagen baut dadurch das Angebot in Nordamerika aus. Abbott stellt dem Konzern seine Tests zum Nachweis von HIV sowie Hepatitis B und C zur Verfügung, die ab 2012 auf den Laborgeräten von Qiagen laufen sollen. Im Gegenzug wird Abbott auf seinen Analysemaschinen in den USA und Kanada mit Qiagens Unterstützung einen Vorsorgetest auf Gebärmutterhalskrebs (HPV) anbieten. Firmenchef Peer Schatz erläuterte, dass Qiagen durch die Kooperation auf seiner Analysemaschine „QIAsymphony“ im wichtigsten Pharmamarkt USA ein deutlich breiteres diagnostisches Angebot bieten wird. Zudem betonte er, dass das Abkommen von großer strategischer Bedeutung ist. Finanzielle Details der Zusammenarbeit wurden aber nicht genannt. Die Zusammenarbeit ist ein weiterer Schritt von Qiagen bei der erklärten Strategie, durch Allianzen und Zukäufe das eigene Angebot und die internationale Präsenz zu erweitern.

Großes Sortiment

Das Unternehmen zählt sich selbst zu den weltweit führenden Anbietern von sogenannten Probenvorbereitungs- und Testtechnologien. Erstere werden eingesetzt, um Nukleinsäuren wie DNA und RNA oder Proteine aus biologischen Proben wie Blut oder Gewebe zu isolieren und für Analysen vorzubereiten. Die Testtechnologien dienen dann zum Sichtbarmachen dieser Biomoleküle. Zum Sortiment gehören insgesamt mehr als 500 verschiedene Produkte, Verbrauchsmaterialien und Geräte sowie Lösungen zu deren Automatisierung. Abnehmer sind molekulardiagnostische Labors, die akademische Forschung, pharmazeutische und biotechnologische Firmen sowie Kunden in Märkten für angewandte Testverfahren (z. B. Forensik, Veterinär-, Lebensmittel- und pharmazeutische Prozesskontrolle). Qiagen nimmt dabei für sich in Anspruch, eines der weltweit breitesten Portfolios von Tests in der Molekulardiagnostik zu besitzen. Die Tests gibt es für fast alle Infektionserkrankungen, darunter Aids, Hepatitis und Grippe. Zudem bietet der Konzern den ersten in den USA und Europa zugelassenen Vorsorgetest auf humane Papillomaviren (HPV), der primären Ursache für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs. Den Großteil des von Qiagen angebotenen Sortiments sind Verbrauchsmaterialien, müssen also kontinuierlich von Kunden nachgekauft werden.

Weiteres Wachstum

Die Geschäfte liefen in den vergangenen Jahren auch trotz Wirtschaftskrise glänzend. Einnahmen und Gewinn stiegen kontinuierlich. 2009 überschritt das Unternehmen dabei erstmals beim Umsatz die Schwelle von 1 Mrd. US-Dollar. Für das laufende Jahr peilt es einen Wert zwischen 1,12 und 1,17 Mrd. US-Dollar an, was einem Plus von 10,9% bis 15,8% entsprechen würde. Damit errechnet sich seit 2007 eine durchschnittliche Wachstumsrate von bis zu 22%. Ähnlich gut sieht es beim bereinigten Ergebnis je Aktie (EPS) aus, das um Akquisitions-, Restrukturierungs- und Integrationsaufwendungen, akquisitionsbedingte Abschreibungen auf immaterielle Wirtschaftsgüter sowie anteilsbasierte Vergütungen bereinigt ist. Hier erwartet der Konzern für 2010 einen Wert zwischen 0,90 bis 0,96 US-Dollar, nach 0,83 US-Dollar im Vorjahr. Daraus ergäbe sich eine durchschnittliche Wachstumsrate seit 2007 von bis zu 15%.

Günstig bewertet

Legt man nur den unteren Wert der für 2010 angepeilten EPS-Spanne zugrunde, lässt sich daraus ein KGV von rund 15 ableiten, was als günstig anzusehen ist. Schließlich hat das Unternehmen gute Voraussetzungen, an die kontinuierlichen Ergebnissteigerungen der vergangenen Jahre auch künftig anzuknüpfen. Vielleicht erinnern sich nun auch die Investoren wieder daran, nachdem der Kurs in den vergangenen Wochen so deutlich eingebrochen war. Wohl auch, weil die Zahlen zum zweiten Quartal nicht alle Erwartungen erfüllen konnten, auch wenn die Ergebnisse unserer Meinung nach gut ausfielen. Einen sehr soliden Eindruck machte damit auch die Halbjahresbilanz. Der Umsatz verbesserte sich um 14% auf 527,1 Mio. US-Dollar. Das EBIT nahm von 83,9 auf 87,5 Mio. US-Dollar zu. Nach Steuern verdiente Qiagen 71,5 Mio. US-Dollar und damit deutlich mehr als im Vorjahreszeitraum mit 55,6 Mio. US-Dollar. Angesichts der höheren Anzahl ausstehender Aktien verbesserte sich das EPS jedoch nicht ganz so deutlich und stieg nur von 0,27 auf 0,30 US-Dollar. Auf bereinigter Basis gab es hier sogar einen leichten Rückgang zum Vorjahreswert von 0,44 auf 0,42 US-Dollar.

Fazit

Der Kurseinbruch in den vergangenen Monaten scheint übertrieben. Qiagen sollte auch künftig weiterhin kontinuierlich und profitabel wachsen. Erklärtes Ziel des Konzerns sind jährliche prozentual zweistellige organische Steigerungsraten. Mit seinem Geschäftsmodell hat er dafür gute Voraussetzungen. Das derzeit günstige Niveau könnte daher für spekulative Käufe prädestiniert sein, zumal es auch eine charttechnisch vielversprechende Konstellation gibt. So könnte die Aktie mit dem jüngsten Anstieg den Grundstein für nachhaltig anziehende Notierungen legen. Bei einem Investment in Qiagen sollte man jedoch die relativ hohe Volatilität beachten und diesem Umstand dem eigenen Risikoprofil entsprechend mit einer adäquaten Absicherungsstrategie Rechnung tragen.