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Bessere Aussichten mit Heikin Ashi

Billiger kaufen, teurer verkaufen – diese universelle Essenz des Handels liegt auch dem Börsenhandel zugrunde, und sie zu verstehen ist kein Problem. Sie in die Tat umzusetzen, stellt sich jedoch als wesentlich schwieriger heraus als gedacht. So scheitert trotz einfachster Aufgabe die Mehrheit der Trader. Als Grund stellt sich dann oft die Unübersichtlichkeit der Charts heraus.

BÖRSE am Sonntag

Solange ein Kurs Tag für Tag steigt, ist es leicht, einen Trend zu erkennen. Doch solche Kurse gibt es so gut wie nie. In der Regel ist dem Chart kaum anzusehen, was als nächstes passieren wird. So greifen Trader zu allerlei mathematischen Indikatoren, um mit Durchschnittswerten und statistischen Wahrscheinlichkeiten Trends oder Wendepunkte vorherzusagen. Zugegeben, da wären noch die zu nennen, die Indikatoren für wertlos erklären, weil sie aus dem Preis errechnet sind und daher niemals die Zukunft zeigen können. Doch Trader mit dieser Philosophie sind in der Minderheit. Betrachtet man, wie lange sich die Verwendung von Durchschnitten in der technischen Chartanalyse gehalten hat – es dürften an die 100 Jahre sein – so ist nicht von der Hand zu weisen, dass mathematische Methoden ihren Wert haben.

Ein weiteres Lager schwört auf Candle Sticks, mit denen der Preis besser visualisiert werden kann. Seit Mitte der 90er Jahre haben die Candle Sticks auch im Westen Eingang in die Charttechnik gefunden. Vorher wurden Balken mit vergleichbarer Funktion verwendet. Letztlich ist es Geschmackssache, wie die Charts aussehen.

 

„Durchschnittsbalken“ aus Japan

Hin und wieder stellen sich Verfechter von Candle Sticks, Indikatoren und Preiskurven als Gegner der jeweils anderen Methode dar. Doch das muss nicht sein. Aus Japan, dem Land der Candle Sticks, kommt eine weniger verbreitete Methode, die alle drei Lager auf geniale Weise verbindet. Ihr Name ist Heikin Ashi. Auch Schreibweisen wie "Heiken Ashi" oder "Haikin Ashi" wurden schon gesichtet. Da Japaner nicht das westliche Alphabet verwenden, haben alle Recht, solange das Wort gleich klingt. Übersetzt bedeutet es in etwa „Durchschnittsbalken". Was verbirgt sich also hinter Heikin Ashi?

Bei der Betrachtung von Candle Stick-Charts entdeckt man je nach Zeithorizont mehr oder weniger häufig Kerzen, die in die falsche Richtung zeigen. Gemeint sind zum Beispiel abwärts gerichtete Kerzen in einem Aufwärtstrend, oder aufwärts gerichtete Kerzen in einem Abwärtstrend. Diese Kerzen stellen Mini-Korrekturen dar, die zu frühen Einstiegen führen können. Statistische Methoden versuchen, dem entgegenzuwirken. Hier sind z.B. Fibonacci, Stochastik oder RSI zu nennen. Auch wer auf den Bruch eines gleitenden Durchschnitts wartet, gleicht damit kleine Unebenheiten aus. Dieses Problem versucht Heikin Ashi zu lösen.

 

Vor- und Nachteile der Heikin Ashi

Statt des reinen Preises werden bei Heikin Ashi Durchschnittswerte für die Kerzenerstellung verwendet. Dabei gelten folgende Regeln:

Schlusskurs (Close): Durchschnitt aus Open, High, Low und Close

Eröffnungskurs (Open): Durchschnitt aus Open und Close der letzten Kerze

Hoch (High): Höchstwert im Betrachtungszeitraum

Tief (Low): niedrigster Wert im Betrachtungszeitraum

 

Anwendungsbereiche der Heikin Ashi

Interessant sind also vor allem die Kerzenkörper, denn sie unterscheiden sich erheblich von normalen Candle Sticks. So kann eine Heikin Ashi-Kerze einen langen Körper haben, während an derselben Stelle eine normale Kerze nur einen sehr kleinen Körper hat. Da Durchschnitte verwendet werden, ergeben sich weniger dramatische Farbwechsel. Ein Ausreißer nach unten ergibt noch keine Kerze, die in die Gegenrichtung zeigt. Das klingt verlockend. Denn auf diese Weise lassen sich Trends wesentlich besser erkennen, und Trendwechsel werden eindeutiger. Doch die Sache hat einen Haken: Trendwechsel werden manchmal mit einer Verzögerung von einer Kerze angezeigt. Dadurch ergeben sich Einschränkungen für die Verwendung von Heikin Ashi-Charts. Für Werte, die zu Trends neigen, lassen sie sich gut einsetzen. Doch in Charts mit Zickzack-Kurven, die im Wesentlichen seitwärts laufen, versagen Heikin Ashi-Kerzen. Es muss sich zumindest ein paar Kerzen lang ein Trend einstellen, bevor ihre Verwendung sinnvoll ist. Dies gilt auch für die Zeithorizonte. Während Rohstoffe zu Trends neigen und Heikin Ashi selbst bei Tagescharts eingesetzt werden kann, sind große Zeithorizonte bei Aktienindizes eher ungeeignet. Hier lässt sich diese Methode besser bei Minuten-Charts verwenden.

 

Chartbeispiele: EURUSD

Unsere Charts zeigen einige Beispiele. Sehr unklar ist häufig der Verlauf des Währungspaares Euro/US-Dollar (EURUSD). Durch die hohe Liquidität und die Vielzahl an Marktteilnehmern gibt es hier ständige Gegenbewegungen. Ein Fall für Heikin Ashi. Wir betrachten einen 5-Minuten-Chart. Es sind zwar Wellen im Chart zu erkennen, doch diese sieht man erst, wenn sie bereits vorbei sind. Würde man dagegen auf eine schwarze Kerze als Gegenbewegung in einem Aufwärtstrend setzen, so wäre man schnell im Minus. Dasselbe gilt für weiße Kerzen in Abwärtsbewegungen. Der zweite Chart zeigt denselben Chart, dieses Mal mit Heikin Ashi. Fast schon unwirklich wirkt die Einfärbung der Kerzen. Geht es nach oben, so sind alle Kerzen weiß, geht es nach unten, so sind alle schwarz eingefärbt.

 

Dow Jones

Im zweiten Beispiel sehen wir den Dow Jones Industrial Average in einem 15-Minuten-Chart. Ein Handel in diesem Chart scheint fast unmöglich, da fast jede weiße Kerze von einer schwarzen gefolgt ist und umgekehrt. Durchschnitte wären hier zu langsam, denn jeder Einstieg beim Bruch eines gleitenden Durchschnitts (nicht im Bild) würde schnell mit einer Wende bestraft. Die zugrunde liegende Unruhe ist zwar auch mit Heikin Ashi nicht zu ändern, doch die Darstellung wirkt wesentlich ruhiger. Es scheint fast unglaublich, dass selbst das letzte Drittel des Charts trotz langer Dochte und Schatten noch in eine weiße Aufwärts- und schwarze Abwärtsbewegung zusammengefasst werden konnte.

 

Rohöl

Auch unser drittes Beispiel leidet unter Wankelmütigkeit. Dabei handelt es sich um einen Öl-Chart, der zu den Rohstoffen gehört. Diese bilden oft längere Trends aus. Doch Rohöl ist eine Ausnahme. Seine Bedeutung für die Wirtschaft wird noch von der Verwendung des Öl-Futures als Spekulationsobjekt überboten. Das Ergebnis ist hohe Liquidität, dadurch jedoch häufig auch Kursübertreibungen mit kurzfristigen Gegenbewegungen. Das ist bis in kleinste Zeithorizonte sichtbar. Wir haben deshalb einen 1-Minuten-Chart gewählt. Der Kurs bewegt sich von Anfang bis zum Ende des Charts eigentlich überhaupt nicht. Anfangs- und Endpunkt liegen bei etwa 75,65 US-Dollar. Dazwischen geht es jedoch recht unruhig zu. Betrachtet man dagegen die Heikin Ashi-Variante des Charts, so wird die Unruhe in ein Wellenmuster mit regelmäßigen Farbwechseln transformiert.

Hier stellt sich noch ein Vorteil von Heikin Ashi dar. Während die Futuresmärkte sekundengenaue Kurse produzieren, verwenden CFD-Broker Computer, um die Kurse ihrer CFDs umzurechnen. Wird zum Beispiel ein Öl-CFD angeboten, so wird der Preis des aktuellen Öl-Futures verwendet, um daraus den aktuellen Kurs des CFDs zu bilden. Hierbei ergibt sich eine Verzögerung, und man kann darüber streiten, ob dies Absicht ist oder nicht. 1-Minuten-Charts von CFDs sehen ihren Futures-Verwandten nur noch bedingt ähnlich. Es kommt bei CFDs oft zu kleinen Gaps oder anderen Fehlkursen. Auch hier hilft Heikin Ashi.

 

Fazit:

Heikin Ashi basiert auf der Bildung von Durchschnitten zur Kerzendarstellung. Es ist eine elegante Methode, um in Kerzencharts durch einen glatteren Kursverlauf Trends besser zu erkennen. Die Methode eignet sich jedoch nicht für alle Charts und Zeithorizonte.