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Anlagetrends 2018/1

AKTIEN & MÄRKTE UNTERNEHMEN FONDS ZERTIFIKATE ROHSTOFFE LEBENSART 28 // Anlagetrends · 2018 | 1 foto: © Bernhard Küpper - Fotolia.com Deutsch-französische, geistliche Keimzelle Europas: der Aachener Dom Stimmen liegen hier bei Ländern, die netto im Ausland verschuldet sind. Wir haben hier ein System, in dem die Schuldnerländer selbst über die Zinsen bestimmen, zu denen sie die Kredite bekommen. Aber ja, für eine straffere Geldpolitik wäre es natürlich Zeit. Anlagetrends: Der französische Präsident Emmanuel Macron schlug in seiner vielbeachteten Rede zuletzt unter anderem einen gemeinsamen Haushalt und eine gemeinsame Verteidigung für die EU vor. Wäre das der richtige Weg für Europa? Und auch der richtige für Deutschland? Prof. Sinn: Den Vorschlag einer gemeinsamen Verteidigung begrüße ich. Was ich nicht begrüße, ist sein Vorschlag eine Sozialunion in Europa zu schaffen, indem er alle Mindestlöhne auf das französische Niveau anheben und zum Ausgleich für die entstehende Arbeitslosigkeit ein Transfersystem einrichten will. Das würde Europa dramatisch schwächen und insbesondere den, der das dann bezahlen muss. Und das wäre Deutschland. Es würde aber auch dazu führen, dass jene Länder, die wir dann aufgrund ihrer viel höheren Arbeitslosigkeits- und Geringverdiener Anteile unterstützen müssten, nie wieder auf die Beine kämen. Die Transfers stützen die künstlich überhöhten Einkommen, was die Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft determiniert. Anlagetrends: Zurück zu Deutschland: Die Bundesrepublik durchlebt derzeit eine Phase des Aufschwungs. Langsam riecht das allerdings fast schon nach Überhitzung. Wann kommt der Abschwung? Prof. Sinn: Grundsätzlich gilt: Der Süden ist relativ zu Deutschland zu teuer, was wiederum gleichbedeutend ist mit der Aussage, dass Deutschland relativ zum Süden zu billig ist. Die unterschiedlichen Preise erklären dann eine hohe Wettbewerbsfähigkeit im Norden und eine geringe im Süden. So wie eine Firma zu billig oder zu teuer sein kann, kann es auch eine ganze Volkswirtschaft sein. Wenn man zu teuer ist, laufen die Kunden weg. Wenn man zu billig ist, macht man durch den Verkauf keine Gewinne. Deutschland braucht ein Preisniveau relativ zum Ausland, das so hoch ist, dass man noch ganz ordentlich verkaufen kann, aber eben nicht Exportweltmeister ist und umgekehrt für seine Exporte viele Importwaren eintauscht. Von diesem Punkt sind wir weit entfernt. Wir sind zu billig. Wir haben viel zu große Exporte, viel zu große Exportüberschüsse. Und einen viel zu niedrigen Lebensstandard relativ zu dem, was wir leisten. Zum Risiko wird das dann, wenn aus dem Aufschwung eine Blase wird, die anschließend platzt. Das halte ich für sehr gefährlich. Wir haben die beste Konjunkturlage seit der Wiedervereinigung. Am Immobilienmarkt haben wir eindeutige Überhitzungserscheinungen. Es ist an der Zeit auf die Bremse zu treten, anstatt weiter Gas zu geben. Anlagetrends: Also in Zukunft keine Exportüberschüsse mehr? Prof. Sinn: Exportüberschüsse sind nicht a priori falsch. Aber wenn sie so exzessiv sind, wie das in Deutschland der Fall ist, muss man sich fragen, was das soll. Zumal wir für diese Überschüsse ja auch häufig Schuldtitel bekommen, die man uns um die Ohren schlägt. Die Hälfte des durch die Exportüberschüsse akkumulierten Auslandsvermögens besteht aus bloßen Target- Forderungen der Bundesbank, das heißt die Bundesbank hat einen Teil der Autos, die wir ins Ausland liefern, kreditiert. Sie


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