Aktien: Überzeugen die Unternehmensgewinne?
Neben anderen politischen Risiken belastet insbesondere der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie Europa die Stimmung an den internationalen Kapitalmärkten. Doch neben dem Schatten immer noch drohender Zölle gibt es für Anleger auch Lichtblicke – darunter die positiven Aussichten für die aktuelle Berichtssaison zum 2. Quartal 2018. Besonders gut sieht es in den USA aus. Ulrich Stephan macht Anlegern Mut.
Neben anderen politischen Risiken belastet insbesondere der Handelsstreit zwischen den USA und China sowie Europa die Stimmung an den internationalen Kapitalmärkten. Doch neben dem Schatten immer noch drohender Zölle gibt es für Anleger auch Lichtblicke – darunter die positiven Aussichten für die aktuelle Berichtssaison zum 2. Quartal 2018.
Von Ulrich Stephan
Positive Aussichten lassen sich insbesondere in den für entsprechend risikobereite Investoren interessanten Anlageregion USA finden. Dort sollten starke Unternehmensergebnisse die Aktienkurse stützen. Aber auch in Europa erwarten die Analysten ein gesundes Plus beim Gewinnwachstum. Die spannendste Woche in der Berichtssaison zum 2. Quartal 2018 hat für beide Regionen am 23. Juli begonnen. In dieser Woche öffneten Unternehmen ihre Bücher, die für rund 40 Prozent der Marktkapitalisierung des US-Index S&P 500 beziehungsweise des europäischen Stoxx 600 stehen.
Starkes Gewinnwachstum in den USA
Das Gewinnwachstum der Unternehmen im US-amerikanischen Leitindex S&P 500 dürfte zwar etwas geringer ausfallen als in den ersten drei Monaten des Jahres. Mit einem durchschnittlichen Gewinnwachstum von rund 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal erwartet die Analystengemeinde jedoch auch für das 2. Quartal eine deutliche Steigerung der Gewinne. Das liegt zu einem großen Teil an der Steuerreform, welche den US-Unternehmen 2018 zugutekommt. Besonders hoch dürfte das Gewinnwachstum im gesamten Energiesektor ausfallen: Aufgrund der zuletzt wieder gestiegenen Ölpreise wird hier mit einem Plus von 149 Prozent im Vergleich zum 2. Quartal 2017 gerechnet.
Dabei gilt es zu beachten, dass dieses Wachstum auf einem niedrigen Gewinnniveau im Vorjahr basiert. Daneben dürften auch die Unternehmen anderer Branchen ihre Gewinne deutlich gesteigert haben. Das gilt insbesondere für den Technologie- und den Telekommunikationssektor: Hier wird ein Gewinnwachstum von insgesamt 30 Prozent beziehungsweise 28 Prozent prognostiziert. Für den Finanzsektor rechnet die Analystengemeinde mit einem deutlichen Plus von 24 Prozent. Erste Unternehmensberichte zum Beginn der Berichtssaison bestätigen den positiven Ausblick: Einige Unternehmen haben die bereits hohen Erwartungen der Analysten sogar übertroffen. Und nicht nur bei den Gewinnen scheinen die Aussichten für die laufende US-Berichtssaison positiv: Die erwartete Umsatzentwicklung sowie die Margen dürften ebenso auf hohen Niveaus bleiben.
Gewinnwachstum in Europa verhaltener
Europa kann zwar mit diesen Zahlen nicht ganz mithalten. Dennoch wird für das 2. Quartal vom Konsensus der Analysten ein solides Gewinnplus im einstelligen Prozentbereich für den Stoxx 600 im Vergleich zum Vorjahresquartal erwartet. Den größten Beitrag liefert auch hier der Energiesektor. Ein Belastungsfaktor für viele Unternehmensergebnisse des 2. Quartals ist der im Vergleich zum Vorjahresquartal durchschnittlich stärkere Euro. Dieser belastet die Unternehmen und Volks-wirtschaften der Eurozone, da diese insgesamt einen höheren Exportfokus als die US-Konzerne aufweisen. Das gilt insbesondere für Deutschland, wo die 30 Unternehmen aus dem Leitindex DAX einen großen Anteil ihrer Umsätze außerhalb der Eurozone generieren.
Interessant für Investoren dürfte neben den Bilanzzahlen auch der Ausblick der Unternehmen sein: Vor allem die Einschätzungen der Unternehmen zu den Auswirkungen des Handelsstreites könnten die Erwartungen für die Zukunft beeinflussen. Die Belastung durch eine erwartete Euro-Aufwertung dürfte sich aus Sicht der Deutschen Bank allerdings in Grenzen halten. Bis Jahresende könnte die Gemeinschaftswährung um rund 3 Prozent gegenüber dem US-Dollar zulegen.
Ausschüttungspolitik der Unternehmen im Fokus
Neben dem Ausblick der Unternehmen spielen deren Ausschüttungen für Anleger eine wichtige Rolle – also Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe. In den USA liegt der Fokus verstärkt auf letzteren. Die Anleger profitieren davon, da zum einen die Aktienkurse durch die Käufe gestützt und zum anderen die zurückgekauften Aktien in der Regel vom Markt genommen werden, wodurch sich die zukünftigen Unternehmensgewinne auf weniger Aktien verteilen. Dadurch steigt der Gewinn pro Aktie. In den USA ist im Zusammenhang mit den hohen Gewinnen bereits ein Anstieg der Aktienrückkäufe zu beobachten: Im ersten Halbjahr 2018 hatten diese ein Volumen von 600 Milliarden US-Dollar – und damit doppelt so viel wie im Vorjahreszeitraum.
Zusätzlich könnten Anleger von steigenden Dividenden profitieren: Im Vergleich zum Vorjahr sind diese in den USA bereits um 13 Prozent gestiegen. Die von der Analystengemeinde erwartete Dividendenrendite liegt in den USA für dieses und die kommenden beiden Jahre bei rund zwei Prozent. In Europa hingegen wird jeweils eine Dividendenrendite von rund vier Prozent erwartet. Die Erwartungen an die Unternehmensgewinne des 2. Quartals 2018 sind für die USA deutlich höher als für Europa. Für das laufende Gesamtjahr sieht es ähnlich aus: Die Analystengemeinde erwartet für den US-Index S&P 500 ein Plus von 22,4 Prozent und für den europäischen Stoxx 600 von 8,0 Prozent.
Die Entwicklungen der Indizes reflektieren die unterschiedlichen Gewinnsituationen sehr deutlich: Seit Jahresbeginn steht aus Sicht eines Euroanlegers bei US-Aktien ein Plus von 10,5 Prozent und bei europäischen Aktien ein Plus von 2,0 Prozent. Auf Fünf-Jahres-Sicht hinken europäische Aktien den US-Pendants sogar um 60 Prozentpunkte hinterher. Die Deutsche Bank hält es für wahrscheinlich, dass die vergleichsweise schwächere Entwicklung europäischer Titel ein Ende finden wird. Bis Jahresende könnten sich diese ähnlich gut entwickeln wie US-Aktien. Das gilt allerdings unter der Voraussetzung, dass der Handelsstreit zwischen den USA und Europa nicht eskaliert. Denn in solch einem Szenario dürfte der S&P 500 mit einem stärkeren Fokus auf den Heimatmarkt – und damit vergleichsweise geringerer Abhängigkeit vom Welthandel – für entsprechend risikobereite Anleger interessanter sein. Denn Unternehmen im US-Leitindex erzielen mehr als drei Viertel ihrer Umsätze innerhalb der Vereinigten Staaten.
Dr. Ulrich Stephan ist Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank.