Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Lebensart >

Die Katze lässt das Sausen nicht

Zur AMI in Leipzig bringt Jaguar einen Kombi mit 550 PS, der 300 km/h schnell sein darf. Der XFR-S tritt gegen gleichstarke Fünftürer von Mercedes-AMG und Audi an. Wird er eine ebenso seltene Erscheinung bleiben?

BÖRSE am Sonntag

Zur AMI in Leipzig bringt Jaguar einen Kombi mit 550 PS, der 300 km/h schnell sein darf. Der XFR-S tritt gegen gleichstarke Fünftürer von Mercedes-AMG und Audi an. Wird er eine ebenso seltene Erscheinung bleiben?

Jaguar und Kombi, das passte das lange Zeit nicht wirklich zusammen. Vor allem, seit die damals zu Ford gehörende Traditionsfirma vor einem guten Dutzend Jahren mit einer kastigen Version des X-Types ihre Fans verschreckt hatte. Der wurde auch deshalb zum Ladenhüter, weil er nicht anderes als ein verkleideter Ford Mondeo war. Nach acht Jahren verschwand er aus den Schaufenstern.
Der zweite Anlauf einer Last-Katze klappte vor zwei Jahren dann ungleich besser, der geräumige XF Sportbrake macht mittlerweile gut die Hälfte alle Verkäufe des Jaguar-Bestsellers aus. Bei der Spitzenversion, dem XFR-S, klingen die Eckwerte aufregend: Fünfliter-Achtzylinder mit Kompressor, 405 kW/550 PS, 4,8 Sekunden auf Tempo 100, glatte 300 km/h Spitze,  680 Newtonmeter und das alles für 110.450 Euro. Ein Auto, das die Welt zwar nicht wirklich braucht, das aber vielleicht die Herzen von waghalsigen Freiberuflern mit prallem Bankkonto höher schlagen lässt.

Dieser Gepard unter den Jaguars ist die englische Antwort auf zwei deutsche Kraft-Kombis: den 557 PS starken E 63 AMG von Mercedes und den nochmals drei PS potenteren, aber um eine Kleinigkeit preiswerteren Audi RS 6 Avant. Im Gegensatz zu diesen Rivalen muss der Brite allerdings auf Allradantrieb verzichten.
Nun, das kann angesichts der Entscheidung, einen Wagen mit dem Image einer Raubkatzen zu erwerben, als Kleinkram abgetan werden. Schon die Formensprache des Schnell-Transporters offenbart, dass hier kein braver Familienkombi unterwegs ist. Die acht Zylinder werden durch gleich vier edel vergitterte Fronteinlässe mit der nötigen Atemluft versorgt, die dem XFR-S in ihrer Summe schon optisch den Vorrang auf der linken Spur der Autobahn sichern sollen. Zwei weitere Öffnungen schmücken die langgestreckte Motorhaube.

An den Flanken zieht sich ein U-förmiger, nach vorne offener Blechfalz von einem Radhaus zum anderen. Erkennungsmerkmale am Heck sind der Dachspoiler und der farblich abgesetzte Diffusor, der für eine bessere Luftströmung unter dem Fahrzeugboden sorgen soll. Das Herzstück ist natürlich der Kompressor-Motor, der schon in mehreren Jaguar-Modellen eingesetzt wird. Wobei es durchaus überrascht, dass Jaguar ihn nun auch im Kombi anbietet. Denn der Fünftürer der XF-Reihe wird nur in Europa offeriert und bisher auch nur mit Dieseltriebwerken. Kombi und Diesel – da bekommen sowohl die US-Amerikaner als auch die Chinesen das Grausen. Und gerade in diese beiden Länder verkauft Jaguar die meisten seiner Autos.

Das elektronisch geregelte Fahrwerk lässt im Zusammenspiel mit der hinteren Luftfederung vergessen, dass hier ein fast zwei Tonnen schweres Dickschiff um enge Kurven manövriert werden muss. Alles läuft leichtfüßig und souverän ab, weil nun mal eine riesige Pferdeherde unter der Haube auf Abruf zum Galopp bereitsteht.

Die aber natürlich gefüttert werden will: Von 12,7 Litern auf 100 Kilometer ist laut Norm die Rede. Im der Praxis wird es wohl schwerfallen, unter der 20-Liter-Marke zu bleiben, wenn man auch nur einen Teil der lauernden Potenz dieses Auto erleben möchte. Niemand gibt soviel Geld aus, um dann Spritspar-Rekorde zu brechen.

Apropos Geld: Angesichts des Preises von 110.450 Euro ist der XFR-S auch entsprechend edel ausgestattet. Viele Feinheiten werden mitgeliefert, wie die elektrische Öffnung der großen Heckklappe, Ledersitze, Touchscreen-Monitor oder eine 380-Watt-Audioanlage. Die Verarbeitung ist bis ins Details liebevoll und gekonnt. Die Liste an lieferbaren Extras verlockt zu weiteren Investitionen.
Auch wenn man die neueste Generation von Assistenzsystemen vergeblich sucht. Zwar gibt es Abstandsradar mit Notbremsfunktion oder einen Toten-Winkel-Sensor, aber um die Highlights der meist deutschen Rivalen schleicht der Jaguar derzeit noch etwas verschämt herum. Auf LED-Licht, halbautomatisches Einparken, Online-Anbindung und einiges andere müssen künftige Kunden verzichten. Auch die Optik des Navigationssystems ist nicht auf dem Stand, den man in der Champions League eigentlich erwartet. Aber was: Den Fans der Raubtier-Marke wird´s egal sein. Solange die Katze nicht das Sausen lässt.