Eine Überdosis Rossini in Salzburg
Der Barbier von Sevilla wird bei den Salzburger Pfingstfestspielen zum Spektakel der Albernheit. Rolando Villazón inszeniert das Stück so, als wolle er Rossini noch im Grab zum Lachen bringen
Der Barbier von Sevilla wird bei den Salzburger Pfingstfestspielen zum Spektakel der Albernheit. Rolando Villazón inszeniert das Stück so, als wolle er Rossini noch im Grab zum Lachen bringen
Von Christiane Goetz-Weimer
Gioachino Antonio Rossini war ein heiterer Mann, dessen Bauchumfang obelixische Dimensionen zeigte. Er neigte einerseits zu Depressionen, alberte und aß andererseits für sein Leben gerne. Die letzten 38 Jahre seines Lebens widmete er sich sogar hauptsächlich der Feinschmeckerei. Seinen Humor kann man selbst den Titeln mancher seiner Klavierstücke ablesen, die er„Gefolterter Walzer“, „asthmatische Etüde“, „chromatischer Drehteller“ oder Fehlgeburt einer Polka-Mazurka“ nannte. Die deutschen Großmeister von Beethoven über Carl Maria von Weber bis zu Wagner hielten Rossini für das südlich-flirrende Leichtgewicht, dem der heilige Ernst und die Tiefe der Musik fehle. Bei der Begegnung mit Beethoven sagte ihm dieser direkt ins Gesicht: “Ah! Sie sind Rossini, der Komponist des Barbiere di Seviglia? Gratuliere, das ist eine ausgezeichnete komische Opera. Ich habe sie mit Vergnügen gelesen und mich daran erfreut. Solange es italienische Opernhäuser gibt, wird man sie spielen. Versuchen Sie niemals, etwas anderes als komische Opern zu schreiben. In anderen Gattungen erfolgreich sein zu wollen, hieße Ihrem Schicksal Gewalt antun.“
Wenn Beethoven und Rossini nun in Salzburg die Aufführung des Barbiers von Sevilla gesehen hätten, dann wären beide wohl zufrieden. Beethoven in seiner Verachtung für das Leichte, denn die Inszenierung von Rolando Villazón betont das Seichte derart, dass die Albernheit in vielen Szenen schier kein Ende mehr findet. Rossini wiederum hätte seinen Spaß, denn die musikalische Qualität der Aufführung ist großartig - allen voran eine beeindruckende Cecilia Bartoli in ihrer Paraderolle als Rosina - das Lachen omnipräsent und der Figaro Nicola Alaimo sieht aus als käme er gerade aus der persönlichen Küche Rossinis… Fazit: Ziemlich Rossini, dieser Barbier.
Villazons Idee, die ganze Storyline auf eine zweite, cineastische Ebene zu heben und auf der Großleinwand ein Dutzend optischer Zitate aus der Filmgeschichte in die Handlung zu verweben ist gelungen. So sieht man Cecilia Bartoli als Piratin, Bartoli als Nonne in Nöten, Bartoli als Jeanne d'Arc, Bartoli als Kleopatra. Es werden Fred Astaire bemüht und Nosferatu und die Schlapphüte von „Der Pate“. Es entsteht ein mitreißendes Kaleidoskop der Assoziationen. Das ganze wird dann gefüllt durch serielle Gags der billigeren Art. So führt am Ende die Idee der cineastischen Überhöhung zu einer klamaukigen Verflachung der Oper. Dem Publikum gefällt es trotzdem, es lacht und strahlt und applaudiert nicht nur am Ende der Vorstellung. Warum auch weinen über zu viel Albernes. Rossini selbst gab das Bonmot zu Protokoll: „Ich gebe zu, dreimal in meinem Leben geweint zu haben: als meine erste Oper durchfiel, als ich Paganini die Violine spielen hörte und als bei einem Bootspicknick ein getrüffelter Truthahn über Bord fiel.“
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